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AGA Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie

Zurück zum Sport nach Gelenkverletzung und OP
Bandagen und Orthesen am Knie- und Sprunggelenk - wann helfen sie wirklich?

Zürich (ots)

Die Meinungen zu Bandagen und Orthesen gehen weit auseinander: Während die einen auf das Hilfsmittel schwören und ihnen Stütze und Stabilität zuschreiben, lassen die anderen sie ungenutzt im Schrank verstauben und setzen lieber auf die eigene Muskelkraft. Irrtum oder richtige Einschätzung? Die Experten der AGA nehmen Stellung zu gängigen Annahmen zum Tragen von Bandagen und Orthesen.

Die Experten der AGA:

- Dr. med. Christina Valle (Fachärztin für Physikalische Medizin 
  und Rehabilitation), Vorsitz AGA Komitee Prävention, konservative 
  Therapie und Rehabilitation 
- Arthur Praetorius, M.Sc. (Sportwissenschaftler), Mitglied AGA 
  Komitee Prävention, konservative Therapie und Rehabilitation
- Priv.-Doz. Dr. med. Philipp Minzlaff (Facharzt für Orthopädie und 
  Unfallchirurgie) Mitglied AGA Komitee Prävention, konservative 
  Therapie und Rehabilitation

1. "Ich trage beim Sport immer Kniebandagen, um meine Knie vor Verletzungen zu schützen."

Dr. Christina Valle: "Eine Kniebandage kann durch ihre Stützfunktion das Führen des Kniegelenkes erleichtern, ersetzt aber kein gezieltes Muskel- und Koordinationstraining. Wer sich beim Sport im Knie instabil fühlt, sollte das vor dem Griff zur Bandage stets ärztlich abklären. Bei bestimmten Sportarten werden aber durchaus spezielle Bandagen zur Verletzungsprävention eingesetzt."

2. "Mit meiner Knieorthese traue ich mir nach meiner frischen Knie-OP vielmehr Belastung zu als ohne."

Dr. Christina Valle: "Eine Orthese kann nach einer Operation am Kniegelenk - abhängig von Erkrankung, OP-Verfahren und patientenbezogenen Faktoren - dem Patienten subjektiv mehr Sicherheit in seiner Bewegung vermitteln und unnötige Ängste nehmen. Trotzdem ist die Versorgung mit einer Orthese alleine kein Freibrief für vermehrte Belastung oder sportliche Aktivitäten. Dies sollte immer mit dem behandelnden Arzt und Physiotherapeuten abgesprochen werden."

3. "Die Kniebandage schwächt meine Muskulatur. Lieber versuche ich auch bei Knieschmerzen ohne die Bandage joggen zu gehen."

Arthur Praetorius: "Das dauerhafte Tragen einer Bandage kann die Kraft der angrenzenden Muskulatur tatsächlich schwächen, da weniger Kraft für die Kniestreckung und -beugung nötig ist. Bei leichten Defiziten in den Bereichen Kraft, Beweglichkeit und neuromuskulärer Kontrolle unterstützt die Kniebandage jedoch dabei, das Knie zu führen. Druck und Kompression tragen dazu bei, den sensorischen Input aus dem Kniegelenk an das zentrale Nervensystem zu erhöhen und somit die Bewegungsleistung zu verbessern.

Bei belastungsabhängigen Problemen mit der Kniescheibe kann die Kniebandage helfen schmerzfrei zu laufen. Grundsätzlich sollten Schmerzen beim Laufen aber immer als Warnsignal verstanden werden und der Körper durch ein geeignetes Training auf die Belastung vorbereitet werden.

4. "Mit Knieorthese kann ich schon 3 Monate nach Kreuzband-OP wieder Fußball spielen."

Dr. Christina Valle: "Nach einer Kreuzbandoperation benötigt das neue Band teilweise über 12 Monate, bis es gut im Kniegelenk eingewachsen ist. Hier folgt die Heilung bestimmten Heilungsstufen, die dringend bei der Rehabilitation und der Rückkehr in den Sport berücksichtigt werden müssen. Nach 3 Monaten ist eine Kreuzbandplastik in der Regel noch nicht so sicher verheilt, dass komplexe Mannschaftssportarten wie Fußball ohne hohes neues Rupturrisiko (Riss) ausgeübt werden können. Auch eine Orthese kann dieses Risiko nach 3 Monaten kaum reduzieren, so dass Fußball nach so kurzer Zeit weder mit noch ohne Orthese empfohlen werden kann. Zusätzlich sollte vor Rückkehr in den Sport stets eine sportspezifische Testung vom Arzt oder Physiotherapeuten durchgeführt werden."

5. "Meine Kniebandage schützt mich beim Sport vor einem erneuten Kreuzbandriss."

Dr. Christina Valle: "Viele Ärzte verordnen nach der Kreuzbandoperation eine stabilisierende Orthese. Oftmals einfach um den Patienten an seine noch nicht vorhandene Heilung zu erinnern. Die Kreuzbänder benötigen deutlich mehr Zeit zur Heilung als allgemein vermutet oder subjektiv empfunden wird. Daher ist es nach einer Kreuzbandverletzung und ggf. -operation wichtig, vorsichtig unter physiotherapeutischer und ärztlicher Anleitung die Kraft und Stabilität an dem betroffenen Bein wieder aufzubauen.

Gezieltes Training der einzelnen kniestabilisierenden Strukturen ist der beste Schutz vor einer neuen Kreuzbandverletzung. Hierzu gibt es Präventionsprogramme, die gezielt helfen können. Vor der Rückkehr in den Sport sollte stets eine sportspezifische Testung vom Arzt oder Physiotherapeuten durchgeführt werden. Eine Kniebandage kann dabei als Erinnerungsfaktor unterstützend wirken, ersetzt jedoch kein gezieltes Präventionstraining. Im Hochleistungssport werden Orthesen am Kniegelenk auch zur Vermeidung von Verletzungen eingesetzt. Sie sind jedoch meist anders aufgebaut als die herkömmlich im Handel erhältlichen Orthesen."

6. "Mein Meniskus ist doch genäht und die OP war schon vor einem halben Jahr. Wozu noch eine Schiene tragen?"

Priv.-Doz. Dr. Philipp Minzlaff: "Die Meniskusheilung dauert lange. Auch Monate nach der OP können Veränderungen im MRT gesehen werden. Eine Schiene kann zwar die Heilung nicht direkt beeinflussen, allerdings das Gelenk von außen schützen und führen und damit möglicherweise vor erneuten Rissen schützen. Wie lange eine Orthese nach der OP getragen werden sollte, ist bislang nicht geklärt. Das wichtigste ist in jedem Fall, dass Gelenke mit genähten Menisken stabil sind, etwaige Bandinstabilitäten (z.B. Riss des vorderen Kreuzbands) mitbehandelt werden und die gelenkstabilisierende Muskulatur gekräftigt wird.

Um die Naht zu schützen und das Operationsergebnis sicherzustellen, kann es sinnvoll sein, bei kniebelastenden Tätigkeiten, z.B. Tennisspiel oder Gartenarbeit, auch nach 6 Monaten noch eine Orthese zu nutzen. Darüber hinaus sollten Kraft, Beweglichkeit und neuromuskuläre Kontrolle durch Fachleute (Sportorthopäden, Sportwissenschaftler) nach nachvollziehbaren Kriterien getestet werden."

7. "Nach meiner Außenbandverletzung die Sprunggelenksorthese zu tragen erspart mir die OP."

Arthur Praetorius: "Ob eine Verletzung des Außenbandapparates am Sprunggelenk operiert werden muss, hängt vom Schweregrad ab. Wenn nicht operiert werden muss, kann eine Sprunggelenksorthese im ersten Schritt helfen das Gelenk zu stabilisieren. Im zweiten Schritt ist ein geeignetes Kraft- und Körperwahrnehmungstraining (Propriozeptionstraining) enorm wichtig. Wer das konsequent umsetzt, kann die volle Funktion und Leistung des Gelenkes auch ohne Operation wieder herstellen. Allerdings kann es auch noch nach längerer Zeit zu chronischen Sprunggelenksproblemen kommen, die operativ versorgt werden müssen, um das Gelenk zu stabilisieren."

8. "Ich will möglichst schnell meine Oberschenkelmuskulatur wieder aufbauen und lass die Orthese lieber weg."

Dr. Christina Valle: "Es muss immer unterschieden werden, warum und nach welchem Eingriff eine Orthese am Kniegelenk verordnet wurde. Das betrifft auch die tägliche Tragedauer, Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit und Art der Orthese. Ohne Rücksprache mit dem Operateur und behandelnden Therapeuten sollte nicht mit Krafttraining am Oberschenkel begonnen werden. Das Tragen einer Orthese bedeutet in der Regel keine komplette Ruhigstellung oder Entlastung, so dass die Oberschenkelmuskulatur auch in der Orthese angesteuert werden kann."

9. "Beim Skifahren stehe ich mit meinem kaputten Meniskus mit Bandage sicherer auf den Skiern."

Priv.-Doz. Dr. Philipp Minzlaff: "Gerade degenerative Meniskusrisse sind häufig von arthrotischen Gelenkveränderungen (Arthrose) begleitet. Ergussbildung unter Belastung kann die Folge sein. Dadurch treten Schmerzen auf und die sportliche Belastung ist eingeschränkt. Eine Kniegelenksbandage hat einen komprimierenden Effekt auf das Gelenk und kann so einer möglichen Ergussbildung z.B. beim Skifahren vorbeugen. Einen positiven Effekt auf den Meniskusriss hat eine Bandage allerdings nicht. Lediglich Begleitsymptome ganz bestimmter Rissformen können behandelt werden. Typische Meniskuszeichen wie Bewegungseinschränkung, Gelenkblockaden oder stechende bewegungsabhängige Schmerzen bleiben von einer Bandage allerdings unberührt."

Über die AGA, Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie

Die AGA ist die größte europäische Fachgesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie mit mehr als 5.000 Mitgliedern. Die Ziele der AGA sind unter anderem Nachwuchsförderung, Weiterbildung, Standespolitik im Zusammenhang mit der Arthroskopie und Gelenkchirurgie, Sicherung und Kontrolle der Qualität und die Unterstützung und Finanzierung von wissenschaftlichen und klinischen Projekten. Die AGA hat ihren Sitz in der Schweiz.

Pressekontakt:

AGA - Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie
Sprecher des Vorstandes
PD Dr. Sepp Braun
Gelenkpunkt, Sport- und Gelenkchirurgie Innsbruck
E-Mail: info@aga-online.ch
http://www.aga-online.ch

Leiter des AGA-Kommunikationskomitees
PD Dr. Stefan Buchmann
Orthopädisches Fachzentrum Weilheim
E-Mail: info@aga-online.ch
http://www.aga-online.ch

Pressekontakt:
LoeschHundLiepold Kommunikation
Imke Salzmann
Tegernseer Platz 7 / Eingang Deisenhofener Str. 1
D - 81541 München
Telefon: +49 - (0)89 - 72 01 87 - 0 und +49 - (0)173-94 92 523
E-Mail: i.salzmann@lhlk.de

Original-Content von: AGA Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie, übermittelt durch news aktuell

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