Experteneinblick von Alvarez & Marsal
Das LkSG - Chance oder Bürokratiemonster?
N.Y. / München (ots)
Seit dem 01.01.2023 ist das neue Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) in Kraft. Für Unternehmen ist das Gesetz eine große bürokratische Herausforderung und ein Balanceakt zwischen dem Eingehen von potenziellen Risiken und dem bewussten Vermeiden von Risikoerkenntnissen. Dokumentationen und Prozesse müssen so aufgesetzt sein, dass potenzielle Verstöße verhindert werden. Das ist aber der große Knackpunkt der neuen Regelung - viele Teile des Gesetzes sind so schwammig formuliert, dass große Ungewissheit herrscht, wie sie auszulegen sind. Deshalb besteht für Unternehmen auch ein hohes Risiko, dass Bußgelder gegen sie verhängt werden. Prof. Dr. André Kieviet, Managing Director Performance Improvement bei Alvarez & Marsal, sieht aber auch die Chancen in den neuen Regeln.
Angesichts der genannten Schwachstellen des LkSG ist es verständlich - aber gleichzeitig auch bedauerlich, dass ein Großteil der betroffenen Unternehmen das Gesetz erst einmal als ein reines Compliance-Thema angeht. Dabei kann man es im operativen Bereich in zwei Richtungen nutzen: Unternehmen können sich eine größere Transparenz über ihre Lieferketten verschaffen und können es auf der Absatzseite als ein wirksames Vermarktungstool nutzen. Trotz steigender Preise werden immer mehr Konsumenten ihre Kaufentscheidung vom Thema Nachhaltigkeit abhängig machen. Ein Trend, der sich besonders im Konsumgüterbereich noch verstärken wird, sollte sich die Konjunktur wieder stabilisieren.
Daten und Analysen sind ein Muss, um Risiken aktiv zu steuern
Das LkSG unterscheidet zwischen mittelbaren und unmittelbaren Lieferanten und verbindet damit für Unternehmen unterschiedliche Regelungen. Bei mittelbaren Lieferanten muss ein aktives Monitoring aufgesetzt und Verstöße müssen mit entsprechenden Maßnahmen begegnet werden. Dennoch kann das LkSG auch genutzt werden, um weiterzugehen und aktiv Risikomanagement zu betreiben. Über Umwelt- und Menschenrechtsthemen hinaus kann es für Unternehmen der Anfang zur Kontrolle ihrer Versorgungssicherheit sein. So können sie verhindern nicht noch einmal in die Engpässe und Probleme der Pandemiezeit zu rutschen. Das Gesetz kann als Anlass dienen, um zu prüfen, welche Daten und Einblicke für die nötige Transparenz in der Lieferkette fehlen. Neben der Versorgungssicherheit können Unternehmen zudem die gewonnen Erkenntnisse über die Zulieferstrukturen dazu nutzen, um Kosten Ihrer Lieferanten besser zu verstehen und zu beeinflussen. Diese Aufgabenstellungen müssen jedoch vorsichtig ausbalanciert werden, denn eine zu große Neugierde wird seitens des Gesetzgebers bestraft. Sobald ich auf ein Risiko aufmerksam werden, muss ich agieren, was ich bei Unwissenheit vermeiden könnte.
Das sind große operative Herausforderungen, die aber, wenn sie in der Unternehmensorganisation richtig aufgesetzt und verankert sind, auch eine Chance bedeuten können. Mehr Supply-Chain-Sicherheit und eine verbesserte Kostentransparenz in Kombination mit einer aktiven Vermarktung einer nachhaltigen Lieferkette - können positive Ergebnisse sein, wenn Unternehmen das LkSG nicht nur als Übung für die Einkaufs- oder Compliance-Abteilung sehen.
Für ausführlichere Einblicke organisieren wir Ihnen gerne ein Hintergrundgespräch mit Prof. Dr. André Kieviet
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