Deutscher Volkshochschul-Verband
Bundesregierung verhindert Integration von Zuwanderern in Betriebe
Deutschförderung für den Beruf wird kaputtgespart - Verbände protestieren
Bonn (ots)
Unternehmer*innen in Deutschland suchen händeringend Personal. Zugewanderte können der Schlüssel sein, um Deutschlands Fachkräfteproblem zu lösen. Hierfür benötigen sie jedoch gute Kenntnisse der deutschen Sprache, damit Arbeitsprozesse reibungslos verlaufen, die Kommunikation mit den Kund*innen funktioniert und das Betriebsklima stimmt. Doch anstatt die berufsbezogene Deutschförderung auszubauen, fährt die scheidende Bundesregierung sie auf ein Minimum zurück. Arbeitgeber*innen und Gewerkschafter*innen sind ebenso fassungslos wie Vertreter*innen der Bildungseinrichtungen, die seit Jahren Zugewanderte auf die sprachlichen Herausforderungen am Arbeitsplatz vorbereiten: Nach den Integrationskursen bringt die Bundesregierung nun auch die zweite Säule des "Gesamtprogramms Sprache" ins Wanken. In einem Positionspapier appelliert der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) nun gemeinsam mit zahlreichen Partnern an die Bundesregierung, ihre Demontage des Gesamtprogramms Sprache unverzüglich einzustellen.
Bereits geplante Kurse werden abgesagt
Schon im vergangenen Jahr hatte der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) zusammen mit weiteren Trägerverbänden davor gewarnt, dass mit der im Haushalt 2025 eingeplanten Summe nur ca. 30 Prozent der benötigten Berufssprachkurse würden durchgeführt werden könnten. Mit Beginn der vorläufigen Haushaltsführung sind die Warnungen für die Träger vor Ort zur Realität geworden, vielen von ihnen wurde im neuen Jahr weniger als ein Viertel der benötigten Berufssprachkurse genehmigt.
Eine der betroffenen Volkshochschulen ist die Mannheimer Abendakademie, die im ersten Quartal 2025 eigentlich die Durchführung von acht Berufssprachkursen auf dem Niveau B2 geplant hatte. Davon seien fünf Kurse, so berichtet Mathias Ludwig, Verwaltungsleiter an der Mannheimer Abendakademie, bereits ausgebucht gewesen. "Dann erfuhren wir zu Beginn des neuen Jahres, dass wir bis Ende März nur einen einzigen Berufssprachkurs starten dürfen. Für ganz Mannheim wurde im Januar nur ein Kurs zugelassen", so Ludwig. "Nun müssen wir einem Großteil der Teilnehmenden mitteilen, dass ihr Berufssprachkurs nicht stattfinden kann."
Wie die Mannheimer Abendakademie sieht sich auch die Volkshochschule Bremen mit einer dramatischen Kürzung ihres Angebots im Bereich der Berufssprachkurse konfrontiert. Sabine Flory, Fachbereichsleitung Berufliche Bildung und Deutsch für den Beruf, berichtet, dass im Januar und Februar statt acht Kursen nur ein neuer Berufssprachkurs starten kann. Rund 170 Teilnehmende werden deshalb trotz Berechtigung keinen Kursplatz erhalten. "Statt Weihnachtskarten haben wir Mitte Dezember Kursabsagen versendet," berichtet Fachbereichsleitung Flory resigniert.
Widersprüchliche Informationen und unklare Bedarfserhebung aus zuständigen Ämtern
Zahlreichen Volkshochschulen sind bereits Kosten für Kurse entstanden, die nun nicht stattfinden können. Denn noch Anfang Dezember hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Träger informiert, dass die gemeldeten Bedarfe im Bereich der Berufssprachkurse zu ca. 90 Prozent gedeckt werden könnten. Dementsprechend wurden Räume angemietet, Personal für die Verwaltung der Kurse angestellt und Lehrkräfte unter Vertrag genommen. Die Rechnung hierfür tragen nun die Bildungseinrichtungen ebenso wie die Gewissheit, dass durch die Absage der Kurse jahrelang gewachsene Strukturen der Berufssprachförderung irreparablen Schaden nehmen werden.
Dabei gewinnen Vertreter*innen der Kursanbieter den Eindruck, dass die Arbeitsverwaltung bei ihrer Vor-Ort-Bedarfserhebung für die Berufssprachkurse nicht von der realen Nachfrage ausgehe, sondern schlicht den Sparvorgaben der Bundesregierung folge. Der DVV und die verbündeten Organisationen fordern in einem gemeinsamen Positionspapier mehr Transparenz, Planungssicherheit für Bildungsträger sowie Kursteilnehmer*innen und vor allem eine Mittelausstattung für die berufsbezogene Deutschförderung, die den Nöten der betroffenen Menschen und der Unternehmen endlich wieder Priorität gegenüber kurzsichtigen Sparzielen einräumt.
"Sprache ist der Zugang zur Seele der deutschen Wirtschaft"
Mitunterzeichner des Papiers ist Der Mittelstand BVMW. e.V., eine der bedeutendsten Interessenvertretungen mittelständischer Unternehmen. Für Prof. Dr. Martin Wortmann, Generalsekretär der Bildungsallianz des BVMW, geht es bei der berufsbezogenen Deutschförderung ums Prinzip. "Schon der Kulturbegriff 'Mittelstand', der in anderen Sprachen nicht existiert, verdeutlicht, wie wichtig das Erlernen der deutschen Sprache ist", sagt Professor Wortmann. "Sprache ist der Zugang zur Seele der deutschen Wirtschaft. Daher ist das Erlernen der deutschen Sprache Grundvoraussetzung für Integration und erfolgreiches Arbeiten in Deutschland."
Weitere Information
Positionspapier "Demontage der Sprachkurse stoppen, Beschäftigung ermöglichen!"
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Sabrina Basler, Referentin Öffentlichkeitsarbeit
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