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Universität Konstanz

Die Sympathie bestimmt den Sieger, PI 129/2024

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Die Sympathie bestimmt den Sieger

Aus der Masse herauszustechen gilt in der Regel als der goldene Weg zum Erfolg. Das stimmt zunächst. Eine neue Studie der Universität Konstanz und des Santa Fe Institute (USA) zeigt jedoch, dass es in manchen Situationen wichtiger ist, mit der bewertenden Person Gemeinsamkeiten zu haben, als um jeden Preis aufzufallen.

In den letzten Stunden vor einem Bewerbungsgespräch kreisen die Gedanken um die immer gleichen Fragen: Wie sollte man sich kleiden, was sollte man von sich preisgeben, und wie sticht man überhaupt am besten aus der Masse der Bewerber*innen heraus? Eine neue Studie der Forschenden Urs Fischbacher, Fabian Dvorak (beide vom Thurgauer Wirtschaftsinstitut an der Universität Konstanz sowie Mitglieder am Exzellenzcluster „Kollektives Verhalten“) und Katrin Schmelz (ehemals Universität Konstanz, jetzt Santa Fe Institute, USA) zeigt nun, dass es zwar durchaus klug sein kann, in solchen Situationen herauszustechen. Wenn man aber Gemeinsamkeiten mit Kommissionsmitgliedern hat, kann es viel erfolgsversprechender sein, diese herauszustellen.

Die in der Zeitschrift The Economic Journal veröffentlichte Studie nimmt Situationen unter die Lupe, in denen Menschen strategisch entscheiden, ob sie entweder herausstechen oder sich eher anpassen möchten. Dafür haben die Wissenschaftler*innen ein Experiment mit 871 Studierenden durchgeführt. Sie mussten darin in einer Gruppe agieren und konnten entweder für eine Belohnung (in der Arbeitswelt wäre das etwa eine Beförderung) oder etwas Negatives (wie beispielsweise eine Kündigung) ausgewählt werden.

Auffallen nicht um jeden Preis

Ihre Entscheidung, sich anzupassen oder aufzufallen, trafen die Teilnehmenden dabei zunächst unabhängig voneinander. Nachdem sie die Entscheidungen der anderen gesehen hatten, entschieden sie nochmals. „In ihrem Verhalten war vor allem eines auffällig: Wenn sie für etwas Schlechtes ausgewählt werden konnten, entschieden sich die Teilnehmenden mit überwältigender Mehrheit dafür, sich anzupassen, möglicherweise aus Angst, Aufmerksamkeit zu erregen. War eine Belohnung zu erwarten, entschieden sich einige Teilnehmende jedoch bewusst dafür, aufzufallen“, fasst Urs Fischbacher ein Teilergebnis der Studie zusammen. Er ist Professor für Verhaltensökonomie an der Universität Konstanz und in den dortigen Exzellenzclustern „Kollektives Verhalten“ und „The Politics of Inequality“ tätig.

Darüber hinaus untersuchte die Studie aber auch die Sicht der Personen, die das Verhalten bewerteten und letztlich auswählten, wer eine positive oder eine negative Konsequenz erhält. Dabei stellte sich heraus, dass Gemeinsamkeiten mit der bewertenden Person viel wichtiger sind als Auffälligkeit. „Sie vergaben Belohnungen vorzugsweise nicht an diejenigen, die auffielen, sondern an diejenigen, die ihnen möglichst ähnlich waren. Sollte man auswählen, wer bestraft wird, waren Personen, die auffielen, stärker gefährdet, während die Ähnlichkeit mit den Bewertenden Schutz bot“, sagt Fabian Dvorak und ergänzt: „Es lässt sich also sagen, dass es sich sowohl bei positiven als auch negativen Ereignissen lohnt, seine Gemeinsamkeiten mit der bewertenden Person hervorzuheben. Das dadurch entstehende Sympathieverhältnis erhöht entweder die Chance auf die Belohnung oder schützt, zumindest in gewissem Maße, vor Negativem.“

Auffallen muss gut geplant sein

Ist es also völlig egal, ob man sich nun aus einer Gruppe abhebt, solange man sich nur möglichst ähnlich zur bewertenden Person gibt? „Ganz so leicht ist es nicht. Denn das Herausstechen aus einer Gruppe kann weiterhin eine erfolgreiche Strategie sein, wenn ein Großteil der Gruppe der bewertenden Person sehr ähnelt. Wer sich dann anpasst, geht in der Gemeinschaft unter. Es kann in diesem Fall zielführend sein, etwas in die Waagschale zu werfen, das einen positiv herausstechen lässt“, sagt Mitautorin Katrin Schmelz.

Eine weitere Einschränkung gibt es, wenn die Gruppe sehr homogen ist. Dann verringert sich laut Studie die Wahrscheinlichkeit, dass eine abweichende Person bevorzugt wird. „Dieser Mechanismus kann in der Einstellungspraxis besorgniserregend sein, weil er die Bemühungen zur Förderung der Vielfalt in einem eher homogenen Umfeld untergraben kann“, ordnet Dvorak das Ergebnis ein.

Faktenübersicht:

  • Prof. Dr. Urs Fischbacher ist Professor am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Konstanz und Leiter des Thurgauer Wirtschaftsinstituts (TWI). Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt unter anderem die Auswahl von Führungspositionen und die Wahrnehmung von Ungleichheit. Er ist Mitglied der beiden Exzellenzcluster „Kollektives Verhalten“ und „The Politics of Inequality” an der Universität Konstanz.
  • Dr. Fabian Dvorak ist Postdoc am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Konstanz. Er konzentriert sich in seiner Forschung vor allem auf Fragen des sozialen Einflusses und des sozialen Lernens. Er ist Mitglied des Exzellenzclusters „Kollektives Verhalten“.
  • Dr. Katrin Schmelz ist seit August 2023 Omidyar-Stipendiatin am Santa Fe Institute (USA). Davor war sie Postdoktorandin im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Universität Konstanz und Mitglied des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“.
  • Der Exzellenzcluster „Collective Behaviour“ der Universität Konstanz ist ein weltweit führendes Spitzenforschungszentrum für die Erforschung von Schwarmverhalten. Interdisziplinär werden drängende Fragen über Arten- und Organisationsebenen hinweg angegangen, von neuronalen Mechanismen über individuelle Wahrnehmung und Präferenzen bis hin zu kollektivem Verhalten in Gruppen oder ganzen Gesellschaften.
  • Der Exzellenzcluster „The Politics of Inequality” an der Universität Konstanz erforscht aus interdisziplinärer Perspektive die politischen Ursachen und Folgen von Ungleichheit. Die Forschung widmet sich einigen der drängendsten Themen unserer Zeit: Zugang zu und Verteilung von (ökonomischen) Ressourcen, der weltweite Aufstieg von Populist*innen, Klimawandel und ungerecht verteilte Bildungschancen.

Hinweis an die Redaktionen

Bildmaterial kann im Folgenden heruntergeladen werden:

  1. Urs Fischbacher: https://www.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2024/die_symphatie/die_sympathie_bestimmt_1.jpg Credit: Inka Reiter/Universität Konstanz
  2. Fabian Dvorak: https://www.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2024/die_symphatie/die_sympathie_bestimmt_2.jpg Credit: Inka Reiter/Universität Konstanz
  3. Katrin Schmelz: https://www.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2024/die_symphatie/die_sympathie_bestimmt_3.jpg Credit: Patrick Doodt/Universität Konstanz
Kontakt:
Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
E-Mail:  kum@uni-konstanz.de

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