Interessenverband Unterhalt u. Familienrecht - ISUV
Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“: Manipulationen, Rechtsbrüche durch Familienministerium - Untersuchungsausschuss gefordert
Hat das Ministerium Öffentlichkeit und Parlament belogen und Millionen in den Sand gesetzt?
Mit Spannung wurden seit Jahren die Ergebnisse der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ erwartet. Nachdem vor einigen Tagen die offizielle Version „durchsickerte“, wurden von Dritten nun die Studienversionen aus 2019 veröffentlicht. Diese hätte es so gar nicht gegeben, behauptete das Ministerium und wollte mit weichgespülter Veröffentlichung alle vorherigen Ergebnisse vernichten. Ein Vergleich der unterschiedlichen Versionen beweist: Die Ergebnisse wurden manipuliert, für gemeinsame Elternschaft sollten keine Argumente geliefert werden. ISUV fordert Aufklärung und sachliche sowie personelle Konsequenzen.
Hintergründe
ISUV hatte schon mehrfach auf die fragwürdige Vorgehensweise des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) hingewiesen und auch die Übertragung der Studienleitung auf die Direktorin des Deutschen Jugendinstitutes, Prof. Sabine Walper, kritisiert. Während die ursprünglichen Wissenschaftler erklärten, sie hätten eine vollständige Studie abgeliefert, stritt das Ministerium dies beharrlich ab. Es gab Befürchtungen, dass Prof. Walper, deren Institut überwiegend durch das BMFSFJ finanziert wird, die unabhängig und wissenschaftlich gewonnenen Ergebnisse politischen Wünschen entsprechend manipulieren könnte. Seit dieser Woche gibt es die Gewissheit, dass dies tatsächlich der Fall war.
Manipulation der ursprünglichen Studie
„Vergleicht man die Studien 2019 und die unter Prof. Walper 2023 veröffentlichten Studien miteinander, stellt man fest, dass ganze Studienteile ausgeblendet und relevante Ergebnisse unsichtbar gemacht, beziehungsweise verfälscht wurden. 2019 stellten die Wissenschaftler an vielen Stellen noch die Vorteile gemeinsamer Elternschaft für die meisten Eltern und Kinder heraus. Prof. Walper hat dies verfälscht. Das ist ein Angriff auf die Information- und Wissenschaftsfreiheit. Es handelt sich um Manipulation des Willens und der Meinung von Trennungskindern und ihrer Eltern. Sie hatten sich verlässliche wissenschaftliche Ergebnisse erhofft, auf deren Basis das Familienrecht verbessert werden kann, so dass es dem Willen und Wünschen der Kinder und den deren Eltern Rechnung trägt“, erklärt Markus Witt, Bundesbeauftragter Politik des ISUV, Interessenverband Unterhalt und Familienrecht.
Witt hat sämtliche Unterlagen zur Studie auf der Seite http://www.kindeswohlundunterhaltsrecht.de veröffentlicht. Dort sind auch Vergleiche zwischen den Studienversionen sowie erste Analysen der aktuellen, unter Prof. Walper entstandenen Version, einsehbar. Um an die ursprünglichen Unterlagen zu gelangen, musste ein Vater über vier Jahre lang gegen das BMFSFJ vor Gericht ziehen, bis das Ministerium die Unterlagen herausgeben musste. Im Übrigen gibt es auf die Einsichtnahme nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) einen gesetzlichen Anspruch.
In diesem Klageverfahren erklärte das Ministerium, dass es sämtliche vorherigen Studienversionen vernichten wollte, sobald ihm die „politisch genehme“ Version vorliegen würde. Jegliche Nachweise für Manipulation sollten so aus der Welt geschafft werden. Die jahrelangen Lügen gegenüber Bürgern, Gerichten und dem Parlament wären damit nicht mehr nachweisbar gewesen. Zum Glück gelang dies nicht. „Jetzt muss umgehend Aufklärung durch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss erfolgen und die verantwortlichen Personen zur Rechenschaft gezogen werden“, fordert Witt. Gleichzeitig erinnert er daran, dass die Studie mehrere Millionen EURO gekostet hat.
Einseitige Familienpolitik
„Wir sind entsetzt über die Methoden, mit denen das BMFSFJ versuchte, Wille und Meinungen von Eltern zu unterdrücken. Seit mind. 25 Jahren warten Eltern und Kinder darauf, dass gemeinsame Elternschaft nach Trennung und Scheidung im Familienrecht konsequent durchgesetzt wird. Genau dazu sollte die Studie Erkenntnisse und Argumente liefern. Die ursprüngliche Studie hat gezeigt, dass eine Stärkung der Beratung, insbesondere die Stärkung gemeinsamer Elternschaft zu einer deutlichen Entlastung von Familien führen kann. Dies sind Erkenntnisse, die international seit Jahrzehnten bekannt und in der Praxis bewiesen wurden und für die wir uns seit jeher einsetzen“, hebt Melanie Ulbrich, ISUV-Bundesvorsitzende hervor.
Das Bundesfamilienministerium steht immer wieder in der Kritik, einseitig Familienpolitik für Mütter zu betreiben und Väter systematisch und manipulativ aus der Familienarbeit auszugrenzen. Unter Bundesfrauenministerin Lisa Paus wurde die verbindlich einzuführende Vaterschaftsfreistellung ausgesessen. Die im Koalitionsvertrag fest vorgesehene Ausweitung von zwei auf drei „Vätermonate“ wurde beim Elterngeld gestrichen. Auch bei der Kindergrundsicherung wurde für Trennungskinder lediglich ein „alleinerziehender“ Haushalt vorgesehen, wieder wurde der zweite Elternteil ganz gezielt ausgeblendet.
Ganz im Gegensatz dazu ergriff Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erst vor wenigen Tagen die Initiative und will zukünftig gemeinsame Betreuung durch Änderungen am Unterhaltsrecht stärken.
„Wenn das Bundesfamilienministerium sich derart ideologiegetrieben gegen gemeinsame Elternschaft und gegen das Kindeswohl wendet, dann ist es an der Zeit, dass es dort einen strukturellen und personellen Neuanfang gibt. Man kann sich nicht gegen das Kindeswohl stellen und gleichzeitig für Kinderschutz und die Kinder- und Jugendhilfe ständig propagieren. Die politischen und finanziellen Verbindungen zum Deutschen Jugendinstitut, welches zunehmend zur Ministeriums-Hofberichterstattung instrumentalisiert wird, müssen gekappt werden. In einem modernen demokratischen Land ist politisch unabhängige Wissenschaft selbstverständlich. Das gilt seit einigen Jahren nicht für das Deutsche Jugendinstitut“, kritisiert Markus Witt. ISUV wird die Entwicklungen weiter kritisch begleiten. „Wir hoffen, dass Justizminister Buschmann für die bevorstehenden Reformen alle wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Bewertung hinzuziehen wird – auch und gerade diejenigen, die seine Koalitionspartner von den Grünen vor ihm und der Öffentlichkeit geheim halten wollten“, erwartet Markus Witt.
ISUV – Kompetenz im Familienrecht seit über 45 Jahren Der ISUV vertritt als größte deutsche und überparteiliche Solidargemeinschaft die Interessen von Bürgern, die von Trennung, Scheidung und den damit zusammenhängenden Fragen und Problemen - elterliche Sorge, gemeinsame Elternschaft trotz Trennung, Umgangsrecht, Unterhalt für Kinder und ehemaligen Eheatten, Vermögensausgleich Ausgleich der Rentenansprüche - betroffen sind. ISUV ist unabhängig, bundesweit organisiert und als gemeinnützige Organisation anerkannt. Der ISUV finanziert sich ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Unterstützen Sie unser Anliegen durch Ihre Mitgliedschaft und Ihre Spenden. Kontakt: ISUV-Bundesgeschäftsstelle, Postfach 210107, 90119 Nürnberg, Tel. 0911 55 04 78 - info@isuv.de ISUV-Vorsitzende, Melanie Ulbrich, Donaustr. 30, 63322 Rödermark, Tel. 06074 92 25 80 - m.ulbich@isuv.de ISUV-Pressesprecher, Josef Linsler, Moltkestraße 22a, 97318 Kitzingen, Tel. 09321 9 27 96 71 – j.linsler@isuv.de