Otto-Friedrich-Universität Bamberg
PM: Nachdruck eines jüdischen Grabsteins enthüllt
Nachdruck eines jüdischen Grabsteins enthüllt
Der 3D-Druck ist jetzt als Erinnerung und Mahnmal in der AULA der Universität Bamberg zu finden
Die Erbauung der ehemaligen Dominikanerkirche, die der Otto-Friedrich-Universität Bamberg heute als AULA dient, geht auf das Jahr 1401 zurück. Sie ist damit die älteste Hallenkirche Bayerns und blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Am Donnerstag, 20. März 2025, wurde in ihr ein Mahnmal für den verantwortungsvollen Umgang mit Kulturgütern und die Achtung vor religiösen Traditionen gesetzt: Der 3D-Nachdruck eines jüdischen Grabsteins von 1400 wurde feierlich enthüllt. Das Original wurde 2015 während Sanierungsarbeiten am Gebäude entdeckt.
Zeichen der Erinnerung und Mahnung
„Der Fund war für mich so erfreulich wie erschreckend“, sagt Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert, zum Zeitpunkt der Renovierungsarbeiten amtierender Präsident der Universität Bamberg. „Ein Fund aus dem Jahr 1400 noch dazu mit einer so eindrucksstarken Inschrift ist die eine Seite, die andere ist die Ignoranz gegenüber einer Religionsgemeinschaft, ein solches Dokument als Baumaterial zu verwerten. Deshalb war mir wichtig, zum einen den Grabstein wieder auf einem jüdischen Friedhof zu wissen, aber auch, ein Zeichen zu setzen. Ich wollte den Grabstein in Originalgröße reproduziert haben, um eine Anmutung an das Original zu ermöglichen und an der Fundstätte ein Zeichen der Erinnerung und zugleich ein Zeichen der Mahnung zu setzen.“
„Die Bamberger Altstadt ist so reich an Geschichte, dass man kaum einen Stein bewegen kann, ohne dabei ein historisch bedeutsames Artefakt zutage zu fördern“, sagt Prof. Dr. Kai Fischbach, amtierender Präsident der Universität Bamberg. „Mit der interdisziplinären Arbeit des Kompetenzzentrums für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) ist es nicht nur möglich, solche Funde zu bergen, sondern auch ihre soziale, kulturelle und historische Bedeutung für Bamberg und unsere Gesellschaft zu erfassen. Meinem Amtsvorgänger Godehard Ruppert und dem Engagement der Kolleginnen und Kollegen, allen voran der Professorin für Judaistik, Susanne Talabardon, und Professor Rainer Drewello vom KDWT, verdanken wir es, dass dieser Grabstein so umfassend wissenschaftlich untersucht und stadtgeschichtlich eingeordnet werden konnte.“
Grabsteinfunde bei Sanierungsarbeiten
1999 wurde die ehemalige Dominikanerkirche der Universität in stark sanierungsbedürftigem Zustand übertragen und anschließend umfassend renoviert. Die Sanierungsarbeiten dienten nicht nur der Modernisierung des einzigartigen Bamberger Kulturdenkmals. Parallel untersuchten Forschende die Geschichte des einstigen Gotteshauses. Sogenannte Rettungsgrabungen zur Dokumentation der Bodendenkmalsubstanz in den Seitenschiffen und dem Chor brachten zum Beispiel zahlreiche archäologische Befunde wie Auffüll- und Planierschichten, Fußbodenreste und Gräber ans Tageslicht.
Eine besondere Überraschung lieferte die Bausubstanz zweier Grüfte, die am Eingang des Chores liegen. Aus dem westlichen Grab konnten zwei Fragmente jüdischer Grabsteine geborgen werden. Im südöstlich gelegenen zweiten Grab fand sich ein Grabstein mit hebräischen Schriftzeichen aus dem Jahr 1400. Der 70 x 55 cm große Stein war mit der Inschrift nach außen in die Seitenwand des Grabes eingebaut worden. Die jüdischen Grabsteine wurden offenbar als Baumaterial für die erst später entstandenen Gräber der Gruft verwendet.
Der Fund ist aus mehreren Gründen besonders: „Jüdische Gemeinden achten bis heute darauf, dass Störungen der Totenruhe vermieden werden“, erläutert Judaistin Prof. Dr. Susanne Talabardon. Die Funde zeigen, dass diese Bemühungen eine Plünderung der Grabstätten nicht immer verhindern konnten. „Zumindest für Bamberg ist ein solcher Fund bislang einzigartig“, stellt Talabardon fest. Der Grabstein wurde zudem als Ganzes verbaut und die Grabinschrift ist vollständig lesbar. Stadtgeschichtlich gibt der Fund vor allem darüber Aufschluss, dass der jüdische Friedhof am Nordende des Sandgebiets offenbar bereits vor seiner Ersterwähnung 1407 genutzt wurde.
Weitere Informationen zum Nachdruck des jüdischen Grabsteins unter: https://www.uni-bamberg.de/universitaet/profil/geschichte-und-tradition/3d-grabstein/
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