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Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) gGmbH

PM: Energiewende 2024 – Wo steht der Naturschutz?

Pressemitteilung, 11.09.2024

Energiewende 2024 – Wo steht der Naturschutz?

KNE-Konferenz diskutierte mit rund 500 Teilnehmenden Stellenwert und Rolle von Artenschutz und Biodiversität beim Ausbau der Wind- und Solaranergie

Seit dem „Osterpaket“ im Jahr 2022 sind in verschiedenen Rechtsetzungsprozessen umfangreiche Neuerungen in das Umwelt- und Naturschutzrecht eingeführt worden, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Daher beleuchtete die KNE-Konferenz „Energiewende 2024 – Wo steht der Naturschutz?“ am 10. September in drei Veranstaltungsabschnitten die sich verändernde Praxis der naturverträglichen Energiewende. Dabei wurden die aktuellen Entwicklungen gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern des behördlichen und verbandlichen Naturschutzes sowie aus Wissenschaft, Unternehmen und Kommunen eingeordnet. Die digital Teilnehmenden brachten darüber hinaus ihre Fragen in die Diskussionen ein.

Im Zentrum des Schwerpunkts „Naturschutz & Windenergie“ standen die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes, die EU-Notfallverordnung und die nationale Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie/RED III, die bislang erst als Entwurf vorliegt. Während noch vor zwei Jahren die Windbranche im Naturschutz das größte Genehmigungshemmnis sah, macht die Beschleunigungsgesetzgebung vorwiegend dem Artenschutz Sorgen. In Zukunft sollen unter anderem Umweltverträglichkeits- und Artenschutzprüfungen entfallen können, wenn der Artenschutz bei der Ausweisung des jeweiligen Windenergiegebiets berücksichtigt worden ist. Artenschutzkonflikte, die bei Ausweisung nicht bekannt waren, können die Genehmigung nicht verhindern. Sie sollen nur noch beeinflussen, welche Maßnahmen zur Minderung des Konfliktes ergriffen werden müssen.

Rebekka Blessenohl (NABU) sah daher das Versprechen der Politik nicht erfüllt, dass der auch von der Umweltbewegung geforderte beschleunigte Ausbau der Windenergie naturverträglich erfolgt. Um den Artenschutz gut betrachten zu können, fehle es häufig an Daten und in vielen Behörden an Personal. Vor diesem Hintergrund stellte Kathrin Ammermann (Bundesamt für Naturschutz) fest, dass das verbleibende Niveau des Artenschutzes von der planenden Behörde abhänge; deshalb müsse der Artenschutz ein starker Partner in der Planung werden. Auf ein weiteres Problem wies Nadine Bühre (Landesamt für Umwelt, Schleswig-Holstein) hin: Einige Bundesländer wie Schleswig-Holstein haben bereits eine eigene Standardisierung etabliert, die durch die Bundesregeln hinfällig werden könnten. Gleichzeitig falle man nicht in Zeiten zurück, wo Artenschutz keine Rolle spielt, wendete Peter Horntrich (Sprecher des AK Naturschutz des Bundesverbandes Windenergie) ein. Für die RED-III-Umsetzung seien jedoch praktische, gut umsetzbare Leitfäden auf Bundesebene notwendig.

Der Schwerpunkt „Naturschutz & Solarenergie“ beleuchtete die naturschutzfachlichen Mindestkriterien für Solarparks, die das aktuelle EEG gebracht hat. „Angesichts des angestrebten Zubaus von zehn Gigawatt pro Jahr sind die Effekte dieser Mindestkriterien wahrscheinlich größer, als wenn der Gesetzgeber das Segment Biodiversitäts-PV eingeführt hätte“, sagte Bernhard Strohmayer (bne). Allerdings greifen die Kriterien nur für EEG-Anlagen. Daher forderte Birthe März (Deutscher Naturschutzring), diese auch auf Nicht-EEG-Anlagen auszuweiten und dabei zu berücksichtigen, dass nicht alle Maßnahmen allen Arten guttun: „Man muss genau hinschauen.“ Die Notwendigkeit für einen näheren Blick auf die Standortunterschiede bestätigte Sandra Dullau (Hochschule Anhalt): „Die gleiche Maßnahme kann auf verschiedenen Flächen sehr unterschiedliche Effekte haben.“ Die Erfolgs- beziehungsweise Wirkungskontrolle komme noch zu kurz, ebenso der Blick auf den Bereich unter die Vegetationsschicht: den Boden.

Jonas Klamka (NRW.Energy4Climate) wies darauf hin, dass über die Chancen der Solarenergie für den Natur- und Artenschutz hinaus auch die Rolle der Photovoltaik als sichere, lokale und günstige Energiequelle kommuniziert werden müsse: „Für Unternehmen ist es inzwischen ein Standortfaktor, ob erneuerbare Energien verfügbar sind.“ Außerdem müssten die Kommunen dafür sensibilisiert werden, dass sie etwa über Bauleitplanungen höhere Vorgaben als das EEG machen können. Um Leistungen für die Biodiversität als Mehrwert herauszustellen, wäre für Dullau ein wissenschaftsbasiertes Labeling entsprechender Solarparks wünschenswert, wie es die Niederlande 2025 einführen wollen.

Das Raumnutzungs-Kollisionsrisiko-Modell (RKR), das die Bundesregierung noch in diesem Jahr einführen will, war Inhalt des Schwerpunkts „Daten & Methoden“. Das Modell führt zwei umfangreiche Datenbestände zusammen: zu Habitaten des Rotmilans und zu seinem Flugverhalten. Das Modell böte die Chance, dass man in einem Genehmigungsverfahren schnell und valide das Kollisionsrisiko für die Vögel ermitteln könne. Gleichzeitig würden aufwändige Ermittlungen vor Ort für die Berücksichtigung des Artenschutzes verringert. Abstandsregelungen bildeten das Risiko, dass sich aus der realen Raumnutzung ergebe, einfach nicht genau ab, sagte Dr. Moritz Mercker (Bionum GmbH), der das RKR-Modell entwickelt hat. Das Modell hingegen erlaube es, dank der großen Menge realer Daten in Kombination mit etablierten statistischen Verfahren, mittlere Verhaltensvorhersagen zu treffen – zunächst für den Rotmilan, perspektivisch auch für andere Arten wie Seeadler und Weißstorch.

„Jedes Modell ist eine Vereinfachung der Realität und damit nicht perfekt – aber das RKR ist besser als die vorherigen Modelle“, so Mercker. „Dank der vielen Daten im Hintergrund lässt sich das Risiko mit wenigen Parametern berechnen“, sagte Timur Hauck (Sprecher des AK Naturschutz des BWE) – und das mit höherer Sicherheit als mit Raumnutzungs- oder Habitatpotenzialanalysen. Für die Einführung des Modells fehlten aber noch einige Voraussetzungen, erläuterte Sebastian Olschewski (Umweltministerium Baden-Württemberg): die Festlegung der Signifikanzschwelle, die rechtliche Verankerung auf Bundesebene sowie eine Softwarelösung. Um langfristig verwendbar zu sein, müsse das Modell zudem laut Mercker regelmäßig mit neuen Daten und Erkenntnissen erweitert und aktualisiert werden. „Es stimmt, das Modell ist komplex – aber man kann komplexe Prozesse wie die Realität nur mit komplexen Modellen und vielen Daten abbilden.“

Fazit: „Angesichts der intensiven Rechtsetzungsprozesse sind die Bedingungen nicht einfacher geworden“, sagte KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke. „Die vom Gesetzgeber angestrebte Beschleunigung beruht auf Vereinfachungen, gleichzeitig schaffen die Neuerungen mehr Komplexität. Das muss handhabbarer gemacht werden für die Prozesse vor Ort.“ Grundsätzlich sei die Energiewende wichtig für den Naturschutz. „Aber wir sind überzeugt: Ohne substanzielle Fortschritte auch im Naturschutz lassen sich die ambitionierten Ziele der Klima- und Erneuerbare-Energien-Politik nicht erreichen.“

Fachkontakt

Dr. Mathis Danelzik

Leiter Dialoggestaltung

mathis.danelzik@naturschutz-energiewende.de

Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren.

Anke OrtmannLeiterin Presse und Öffentlichkeitsarbeit

Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende KNE gGmbH
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T.: +49 30 7673738-12
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Diese Pressemitteilung enthält möglicherweise bestimmte in die Zukunft gerichtete Aussagen, die auf den gegenwärtigen Annahmen und Prognosen der Geschäftsführung der KNE gGmbH und anderen derzeit verfügbaren Informationen beruhen. Die KNE-Geschäftsführung beabsichtigt nicht und übernimmt keinerlei Verpflichtung, derartige zukunftsgerichtete Aussagen zu aktualisieren und an zukünftige Ereignisse oder Entwicklungen anzupassen.

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