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Medieninformation: Neue Anwendung erlaubt Blick in die Geschichte von OpenStreetMap
Neue Anwendung erlaubt Blick in die Geschichte von OpenStreetMap
Das Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT) veröffentlicht mit OSHDB 1.0 eine professionelle Software, die über ein einfaches Dashboard eine Analyse und Visualisierung der Entwicklung von OpenStreetMap-Daten ermöglicht.
Heidelberg, 12. Januar 2023. Zwei Klicks. Mehr braucht es nicht, um auf die Historie von OpenStreetMap-Daten zuzugreifen. Keine Informatik-Expertise und kein technisches Know-how sind nötig. Die Daten stehen damit allen Menschen offen, egal ob sie dem Journalismus, der Wissenschaft oder humanitären Organisationen zugehören. OSHDB steht für OpenStreetMap History Data Base. Diese hat mit der Version 1.0 den Schritt vom Prototypen zur professionellen Software geschafft – und das HeiGIT-Team damit einen wichtigen Meilenstein erreicht.
OSHDB liefert, was der Name verspricht: Die Software kann Beiträge, Änderungen und Löschungen analysieren und visualisieren, und das rückblickend über einen Zeitraum bis ins Jahr 2007. OpenStreetMap ist ein Online-Kartendienst, zu dem alle Menschen beitragen. Jede Änderung, jedes hinzugefügte oder gelöschte Detail und jede Beschreibung wird gespeichert und archiviert – was in einer enormen Menge historischer OSMDaten resultiert. OSHDB hilft nun dabei, diese Daten zu verwenden: Über ein intuitives Dashboard können Nutzende eine bestimmte Region auswählen oder selbst einzeichnen, gegebenenfalls die gewünschte Geometrie oder Attribute (die Art der Objekte) genauer spezifizieren und sich alle Datenänderungen, Beiträge oder Löschungen seit 2007 anzeigen und in einem übersichtlichen Diagramm visualisieren lassen. Das Dashboard ist dabei der einfachste Weg: Technikexpert:innen und Wissenschaftler:innen können über die ohsome API auch komplexe Abfragen vornehmen.
Der Blick in die OSM-Vergangenheit liefert wichtige Erkenntnisse über die Qualität der Daten: Sind in einer bestimmten Region seit einiger Zeit keine Veränderungen erfasst, ist dieses Gebiet vermutlich gesättigt, das heißt: nahezu vollständig kartiert. Sind immer wieder sprunghafte Änderungen zu erkennen oder steigt die Zahl an Veränderungen kontinuierlich, steckt das ausgewählte Gebiet vermutlich noch im Kartierungsprozess und ist noch nicht vollständig erfasst. Solche Informationen sind etwa wichtig für Wissenschaftler:innen, die sich mit der Qualität und Vergleichbarkeit von OpenStreetMap-Daten befassen, haben aber auch praktischen Nutzen, etwa für humanitäre Organisationen. In Krisenfällen verlassen diese sich auf OSM, da die Daten schnell aktualisiert und den jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden können. Aufgrund von Naturkatastrophen unbefahrbare Straßen werden unmittelbar in der Karte vermerkt. Dementsprechend wichtig ist es für humanitäre Organisationen, einen schnellen Überblick über die Qualität der jeweiligen Daten zu gewinnen. Mit OSHDB haben sie diese in wenigen Sekunden auf dem Bildschirm und können im Krisenfall direkt reagieren. Das Deutsche Rote Kreuz und das Humanitarian OpenStreetMap Team sind zum Beispiel seit Jahren enge Partnerorganisationen des HeiGIT, und Tools wie OSHDB genau für diese Zielgruppe optimiert.
Das Potenzial für eine Software, die auf die Historie von OSM-Daten zugreifen kann, hat das HeiGIT-Team schnell erkannt: Während aktuelle OSM Daten relativ leicht zu analysieren waren, stellten historische Beiträge noch vor wenigen Jahren die User:innen vor Herausforderungen. „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mussten ihr eigenes Setup und ihren eigenen Weg zum Datenauswerten finden“, sagt Alexander Zipf, Professor für Geoinformatik und Geschäftsführer des HeiGIT. Er und seine Mitarbeiter:innen haben es sich zum Ziel gemacht, das zu ändern – nicht zuletzt aus eigenem Interesse, da eine entsprechende Software auch die eigene Arbeit erleichtern und neue Projekte ermöglichen würde. 2016 begannen Rafael Troilo und sein Team mit der Arbeit an den ersten Arbeitsversionen von OSHDB. Nach Jahren des Optimierens hat das Team um Big Data-Experte Benjamin Herfort mit der Version 1.0 nun eine professionelle Anwendung ermöglicht: „Wir haben gezeigt, dass wir wissenschaftliche Ideen in stabile Software überführen können.“
Doch obwohl das HeiGIT mit der OSHDB Version 1.0 einen wichtigen Meilenstein erreicht hat, ist die Arbeit längst nicht abgeschlossen: Weitere Verbesserungen und Optimierungen sind schon geplant. Zum Beispiel sollen künftig alle neuen Veränderungen in OSM minütlich analysiert werden können, etwa im Hinblick auf die Datenqualität.
Link zum Dashboard: https://ohsome.org/apps/dashboard/
Ansprechpartnerinnen:
Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT)
Linda Sendlinger
E-Mail: linda.sendlinger@heigit.org
Klaus Tschira Stiftung gGmbH
Dr. Michelle Wabnitz
E-Mail: michelle.wabnitz@klaus-tschira-stiftung.de
Das Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT) möchte den Wissens- und Technologietransfer aus der Grundlagenforschung im Bereich Geoinformatik in die Praxis verbessern – und dies auf Basis innovativer Geoinformationstechnologien. 2019 wurde das HeiGIT als An-Institut der Universität Heidelberg gegründet und wird seitdem von der Klaus Tschira Stiftung getragen. Das Institut forscht und entwickelt intelligente Routing- und Navigationsdienste für nachhaltige Mobilität und stellt Geodaten für die Unterstützung humanitärer Einsätze zur Verfügung. Zudem werden innovative Dienste aus dem Spatial Data Mining und Maschinellem Lernen zur Analyse, Verarbeitung, Anreicherung und Visualisierung von nutzergenerierten Geodaten (z.B. OpenStreetMap) eingesetzt.
Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer beitragen. Sie wurde 1995 von dem Physiker und SAP-Mitgründer Klaus Tschira (1940–2015) mit privaten Mitteln ins Leben gerufen. Ihre drei Förderschwerpunkte sind: Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation. Das bundesweite Engagement beginnt im Kindergarten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Die Stiftung setzt sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein.
Weitere Informationen unter: www.klaus-tschira-stiftung.de