Weinkritiker Stuart Pigott: "Deutsche Winzer sind Gewinner des Klimawandels"
Gütersloh (ots)
Der Brite spricht in DB MOBIL über die gestiegene Qualität deutscher Weine und den Preis für eine gute Flasche und verrät, warum für ihn Rheinhessen Aufsteiger unter den deutschen Anbaugebieten ist und Franken sein Geheimtipp
Für den britischen Weinkritiker Stuart Pigott zählt Deutschland zu den Top-Weinanbau-Regionen der Welt. "Deutschland genießt heute wieder einen Ruf, den es schon einmal hatte", sagte Pigott im Interview mit DB MOBIL (Ausgabe 10/2016, EVT 30. September). "Vor 50 oder 100 Jahren gehörten vor allem die Mosel-Weine zu den besten der Welt."
Ein wichtiger Faktor für die gestiegene Qualität sei die Erderwärmung. "Deutsche Winzer sind generell die Gewinner des Klimawandels", versicherte Pigott. "Das letzte miese Jahr war 1987. Seitdem, also seit fast 30 Jahren, werden die Trauben mehr oder weniger immer reif, weil es warm genug ist. Ein guter Winzer kann also jedes Jahr guten Wein machen."
Wie viel Geld man als Verbraucher für eine Flasche Wein ausgeben solle, lasse sich nicht pauschal beantworten. "Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Preis und Qualität", erklärte der Weinkritiker. Auch ein Discounter-Wein für 2,99 Euro könne gut sein. "Aber wenn sie auf der Suche nach einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis sind, empfehle ich Ihnen: Kaufen Sie bei einem Jungwinzer, der stark im Kommen ist, aber noch nicht bekannt genug, um entsprechende Preise zu verlangen." Bereits die Preisklasse um sechs Euro biete "sensationelle Qualität". Die ganz teuren Weine seien dagegen meist nur ein Kult-Phänomen. "Eine kleine Gruppe von Sammlern möchte einen ganz bestimmten Wein und prügelt sich um jede Flasche." Das treibe die Preise in die Höhe. "Einige dieser Weine schmecken sehr gut, andere gefallen mir überhaupt nicht."
Unter den deutschen Anbaugebieten sieht Pigott Rheinhessen als Aufsteiger. "Vor 20 Jahren wurde dort Masse produziert, günstige Konsumweine. Heute hat Rheinhessen sehr gute trockene Weine." Sein Geheimtipp ist Franken. "Dort ist eine neue Winzergeneration am Werk, die unglaublich dynamisch arbeitet und tolle trockene Weine produziert", erläuterte der 56-Jährige gegenüber DB MOBIL. "Doch die Qualität wird noch total verkannt - die Region leidet unter einem altmodischen Image."
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