Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland
Böllern ohne Grenzen? Was beim Feuerwerk in Europa wirklich zündet
Böllern ohne Grenzen?
Was beim Feuerwerk in Europa wirklich zündet
Immer häufiger durchbrechen Knallgeräusche die winterliche Stille – ein untrügliches Zeichen, dass Silvester näher rückt. Doch nicht überall in Europa hört sich das gleich an. Ob Grenzbewohner oder Reisende: Was sollten Sie wissen, wenn Sie zum Jahreswechsel eine Ländergrenze passieren – ob mit oder ohne Feuerwerkskörper? Was ist legal, was nicht? Wie unterscheiden sich die Regelungen in unseren Nachbarländern, und was muss man beachten, wenn man den Jahreswechsel dort feiert? Überraschende Fakten und wichtige Warnungen – Juliane Beckmann, Juristin im Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ), hat Antworten.
Hallo Frau Beckmann, schön, dass Sie Zeit für uns haben. Gibt es beim Feuerwerk in Europa überhaupt eine Gemeinsamkeit?
Hallo, sehr gerne! Eine Gemeinsamkeit gibt es tatsächlich – die Kennzeichnung auf den Feuerwerkskörpern. Das CE-Siegel und die Registrierungsnummer sind europaweit vorgeschrieben. Diese auf der Ware angebrachten Zeichen zeigen, dass grundlegende Sicherheitsanforderungen erfüllt sind. Abgesehen davon kocht aber jedes Land sein eigenes Süppchen... In Deutschland dürfen klassische Silvesterraketen beispielsweise nur an den drei Tagen vor dem Jahreswechsel verkauft werden. Fällt ein Sonntag in den Zeitraum, gibt’s einen Extratag obendrauf. In Polen dagegen können Sie diese Produkte das ganze Jahr über kaufen und sogar im eigenen Garten – nicht aber im öffentlichen Raum – abbrennen. Allerdings nur zwischen 6 und 22 Uhr, abgesehen von Silvester natürlich.
Wow, das sind ja wirklich beeindruckende Unterschiede! Wenn ich mich recht entsinne, gibt es in manchen Ländern je nach Region nochmal unterschiedliche Regeln. Stimmt das?
Ja, und wie! In Frankreich oder Belgien regeln zum Beispiel die Kommunen selbst, ob und wo Feuerwerk erlaubt ist. In manchen Städten gibt es festgelegte Zonen, wo geknallt werden darf, andernorts ist es komplett verboten. Mein Rat: Informieren Sie sich vor einer Reise unbedingt über die Regeln in der Zielregion.
Gut zu wissen! Aber woher kommen die Knaller, die wir hier schon Wochen vor Silvester hören? Das können ja dann keine frisch gekauften Artikel sein.
Das könnte man meinen, stimmt aber nur bedingt. In Deutschland dürfen Feuerwerkskörper im Laden tatsächlich nur kurz vor Silvester verkauft werden, aber es gibt eine Ausnahme: Der Import aus dem Ausland ist das ganze Jahr über erlaubt – sofern die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Was meinen Sie mit gesetzlichen Bestimmungen?
Zunächst einmal die Gefahrenkategorien. In Deutschland sind die Kategorien F1 und F2 für Personen ab 18 Jahren frei erhältlich. Die Kategorien F3 und F4, die deutlich gefährlicher sind, dürfen nur mit behördlicher Genehmigung gekauft und genutzt werden. In Polen oder Tschechien aber sind F3-Produkte ab 21 Jahren völlig frei verkäuflich. Doch die Einfuhr solcher Artikel nach Deutschland ist ohne Genehmigung verboten – das regelt das Sprengstoffgesetz. Wer das missachtet, riskiert Geld- oder sogar Freiheitsstrafen und muss außerdem für die fachgerechte Entsorgung der Feuerwerkskörper aufkommen, wenn er erwischt wird.
Eine weitere Bestimmung, die viele nicht kennen: Die Sicherheitshinweise müssen in einer für Sie verständlichen Sprache verfasst sein, wenn Sie das Produkt nach Deutschland importieren möchten. Sollten Sie die polnische oder tschechische Aufschrift also nicht verstehen, lassen Sie besser die Finger davon!
Und zu guter Letzt: Es gibt Mengenbegrenzungen. Ein bis unters Dach mit Knallkörpern gefülltes Auto ist natürlich ein Sicherheitsrisiko für die Insassen und andere. Wie viel man mitnehmen darf, hängt in der Regel vom sogenannten Nettoexplosivstoffgewicht ab, also der Menge an Sprengstoff. Dabei gelten zwei Grenzwerte: Je nach Produktart dürfen entweder maximal fünf Kilogramm oder aber bis zu 50 Kilogramm transportiert werden. Erkundigen Sie sich daher vorher beim Zoll, falls Sie größere Mengen mitnehmen möchten.
Das klingt kompliziert. Und was ist mit dem Online-Kauf? Es gibt einige deutschsprachige Shops aus Polen oder Tschechien. Sind Bestellungen dort legal?
Das kann man pauschal nicht beantworten. Fakt ist aber, dass man bei Bestellungen sehr aufmerksam sein sollte. Onlineshops aus Polen oder Tschechien bieten oft auch F3-Produkte an, die in Deutschland verboten sind. Trotzdem können auch die hierher bestellt werden. Außerdem muss der Versand solcher Artikel eigentlich als Gefahrgut erfolgen – was aber meist nicht passiert. Das wirft Zweifel an der Seriosität solcher Anbieter auf. Eine deutschsprachige Website bedeutet also noch lange nicht, dass alles gesetzeskonform ist.
Was raten Sie Menschen, die im europäischen Ausland Feuerwerk kaufen oder nutzen möchten?
Wenn Sie den Jahreswechsel im EU-Ausland verbringen, informieren Sie sich unbedingt vorab, ob das Zünden von Feuerwerk dort erlaubt ist – denken Sie daran, dass auch regionale oder kommunale Regelungen gelten können. Ist das Knallen erlaubt, kaufen Sie ausschließlich in seriösen Geschäften. Auf Straßenmärkten kann man nämlich leicht an aus Fernost importierte oder andere Feuerwerkskörper ohne Zulassung geraten. Achten Sie deshalb auf eine gültige Kennzeichnung wie das CE-Siegel und die Registrierungsnummer. Im Idealfall sind auch Hinweise auf Deutsch oder in einer anderen Sprache, die Sie beherrschen, auf dem Produkt.
Diese Tipps gelten grundsätzlich für den Feuerwerkskauf im Ausland. Weitere hilfreiche Informationen finden Sie auf der Website der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). So vermeiden Sie Ärger, vermeidbare Kosten und vor allem unnötige Gefahren.
Vielen Dank, Frau Beckmann! Haben Sie noch einen letzten Tipp für unsere Leserinnen und Leser?
Ja. Egal, wo Sie Ihr Silvesterfest feiern – kommen Sie gut ins Neue Jahr… und verbrennen Sie sich nicht die Finger!
Ihr Kontakt für Presseanfragen: Maren Dopp
Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland c / o Zentrums für Europäischen Verbraucherschutz e. V. Bahnhofsplatz 3, 77694 Kehl T +49 (0) 78 51.991 48-40 | F +49 (0) 78 51.991 48-11 presse@evz.de | www.evz.de
Finanziert durch die Europäische Union. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die des Autors / der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder des Europäischen Innovationsrates und der Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen (EISMEA) wider. Weder die Europäische Union noch die Bewilligungsbehörde können dafür zur Verantwortung gezogen werden.