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Westsahara: 25 Jahre Republik ohne Staat

Birlehlou (ots)

Am 27.2.2001 jährt sich das Gründungsdatum der 1976 im algerischen
Exil ausgerufenen "Demokratische Arabische Republik Sahara".
Die sahrauische Befreiungsbewegung POLISARIO, die im Kampf gegen
die spanische Kolonialherrschaft entstanden war, ruft die
"Demokratische Arabische Republik Sahara" (DARS) aus. Doch diese
Proklamation leitet nicht die Unabhängigkeit der Sahrauis ein,
sondern ist ein verzweifelter Versuch, sich auch völkerrechtlich
gegen die Rekolonisierung der Westsahara, nun durch Marokko, zur Wehr
zu setzen. Vertrieben werden die Sahrauis aus ihrem Gebiet, das so
groß ist wie die Bundesrepublik und zwischen Marokko, Mauretanien und
Algerien an der westafrikanische Küste liegt, durch eine brutale
ethnische Säuberung der marokkanischen Streitkräfte. Bei
Luftangriffen setzt Marokko Anfang 1976 Phosphor und Napalm-Bomben
gegen die Sahrauis ein. 25.000 Menschen sterben bei dem Luftangriff.
Die überlebenden Sahrauis fliehen aus der Westsahara aus Angst vor
weiteren Angriffen.
Die Realität einer virtuellen Republik
Seither leben die meisten Sahrauis in vier Lagern in der
algerischen Geröllwüste, vollkommen abhängig von ausländischer Hilfe.
Trotzdem ist es den Bewohnern in den Lagern gelungen, ein
funktionierendes Gemeinwesen aufzubauen. Es gibt ein gewähltes
Parlament, Botschafter, Krankenhäuser, eine Armee. Die "Demokratische
Arabische Republik Sahara" ist Mitglied der OAU und von vielen
Ländern anerkannt und ist insofern auch ein real existierendes
Gebilde.
25 Jahre seit der Ausrufung der Republik bedeuten für die Bewohner
der Lager aber auch 25 Jahre verschleppte und uneingelöste
Versprechen der Internationalen Gemeinschaft. Die Westsahara zählt zu
den vergessenen oder besser verdrängten Konflikten, die - so scheint
es - die internationale Gemeinschaft und die UNO lieber aussitzen als
lösen würden. Ein Referendum unter UN-Überwachung sollte den Status
der Westsahara klären und den Flüchtlingen eine Rückkehr in ihre
Heimat ermöglichen. Alle Bemühungen, dieses Referendum durchzuführen
sind am Widerstand Marokkos gescheitert, dem die UNO nichts
entgegenzusetzen hat.
So haben die vergangenen 25 Jahre andauernden Flüchtlingsstatuses
dazu geführt, dass eine 3. Generation in den Lagern aufwächst - eine
"lost generation", die unter prekären Lebensverhältnissen in der
feindlichen Wüstenlandschaft keine eigenen Zukunft sieht. Der
Vertrauensverlust der Sahrauis in die UNO hat dramatische Ausmaße
angenommen.
25 Jahre Flüchtlingsstatus bedeuten auch 25 Jahre Mangel,
schlechte Versorgung, Unternährung, das Angewiesensein auf die
Alimentierung der internationalen Hilfe ohne Möglichkeit der
Selbstversorgung.
BMZ zieht sich von der Hilfe zurück
medico international unterstützt seit 25 Jahren die sahrauischen
Flüchtlinge: Mit Nahrungsmittel- und Medikamentenhilfe, mit
Ausbildungs- und Weiterbildungsprogrammen. medico international hat
in den vergangenen Jahren immer wieder auf die unzureichende und sich
verschlechternden Versorgungslage der Flüchtlinge hingewiesen. Die
Entscheidung des BMZ, die seit Jahren geleistete Unterstützung der
sahrauischen Flüchtlinge mit Grundnahrungsmitteln nicht mehr
fortzuführen, ist insbesondere unter den aktuellen Bedingungen ein
falsches humanitäres und politisches Signal. Auch wenn das BMZ auf
andere internationale Geber verweist, hat die Entscheidung des BMZ
die Versorgungskrise verschärft. Außerdem werten die Sahrauis diesen
Rückzug als einen weiteren Hinweis darauf, dass die internationale
Gemeinschaft bereit ist, der Verweigerungshaltung Marokkos
nachzugeben. Ohne Druck der internationalen Gemeinschaft auf Marokko
rückt eine politische Lösung nämlich in weite Ferne. Die BMZ-
Entscheidung steht im Widerspruch zur immer wieder verkündeten
Politik der "Krisenprävention". In den Lagern nimmt das Gefühl
"nichts mehr zu verlieren zu haben" angesichts der fehlenden
internationalen Unterstützung zu. Forderung nach Wiederaufnahme des
bewaffneten Kampfes werden immer lauter. Der Rückzug einzelner Geber
läuft Gefahr, diesen Entwicklungen Vorschub zu leisten.
UNO stellt Weichen für die Zukunft der Westsahara
Am 21. Februar legte der UN-Generalsekretär Kofi Annan seinen
Bericht über die Lage in der Westsahara vor. Darin konstatierte er
eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen Marokko und Polisario
in den vergangenen Monaten. Zurückzuführen ist dies insbesondere auf
das Verhalten Marokkos während der Ralley Paris-Dakar. Marokko
gestattete der Ralley die Fahrt durch die Westsahara als handele es
sich dabei um marokkanisches Staatsgebiet. Die Polisario wertete
dieses Verhalten als Bruch des Waffenstillstandsabkommens.
Kofi Annan schlägt dem UN-Sicherheitsrat eine erneute Verlängerung
des Mandats der UN-Mission MINURSO um weitere zwei Monate vor.
Eigentlich hatten die Sahrauis angesichts ihres 25. Jahrestages auf
einen neuen Zeit- und Umsetzungsplan der UNO für die Durchführung des
Referendums gehofft. Die Verlängerung des Mandats läßt befürchten,
dass die UNO in den vergangenen Monaten keine substantiellen
Fortschritte in der Umsetzung des bestehenden Friedensplanes erreicht
hat. Und damit geht die jahrelange Verzögerungstaktik der
marokkanische Regierung weiter auf.
Für Rückfragen und aktuelle Informationen über die Entwicklung in der
Westsahara steht ihnen Sabine Eckart zur Verfügung 
(Tel.-Durchwahl: 069 / 944 38 37)
Angesichts des 25. Jahrestages der DARS und des fortwährenden
Flüchtlingsstatus der Sahrauis möchten wir alle Interessierten auf
unsere für Pfingsten dieses Jahres geplante Reise in die sahrauischen
Flüchtlingslager hinweisen. Reisen Sie mit uns in die Wüste, machen
sie sich ein eigenes Bild vor Ort von den dortigen Zustände, den
Lebensbedingungen, Hoffnungen und Ziele der Menschen. Wir laden Sie
ein daran teilzunehmen.

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