Gebremstes Wachstum der Emerging Markets im dritten Quartal 2011 gibt Anlass zur Besorgnis
Düsseldorf (ots)
Das Wachstum der Emerging Markets verlor im dritten Quartal 2011 aufgrund des weiter nachlassenden Welthandels spürbar an Dynamik und fiel so schwach aus wie zuletzt vor neun Quartalen. Dies signalisiert der aktuelle HSBC Emerging Markets Index (EMI) als Frühindikator für die Konjunkturentwicklung der Schwellenländer. Er sank binnen Quartalsfrist um 2,3 Punkte auf 51,9 und notiert damit zum dritten Mal hintereinander tiefer als im jeweiligen Vorquartal. Gleichzeitig ist dies der viertniedrigste Wert seit Umfragebeginn.
Die Industrieproduktion sank in den Emerging Markets erstmals seit neun Quartalen wieder. Der Servicesektor expandierte zwar weiter, die Wachstumsrate fiel jedoch so niedrig aus wie zuletzt in Q2/2009.
Die aktuelle Nachfrageschwäche seitens der westlichen Industrieländer sorgte in nahezu allen Schwellenländern, die von den EMI-Umfragen erfasst werden, für Wachstumseinbußen. Rückläufige Auftragsbestände und zunehmende Überkapazitäten lassen überdies auf einen unmittelbar bevorstehenden Beschäftigungsabbau schließen.
Stephen King: "Gebremstes Wachstum in Q3 gibt Anlass zu Besorgnis"
Stephen King, Chefvolkswirt von HSBC, sagt: "Jetzt wird deutlich, dass der Welthandel seinen Höhepunkt bereits im ersten Quartal erreicht hat. Infolge der abgeschwächten Dynamik arbeiteten die Unternehmen in den Schwellenländern ihre Auftragsbestände schneller ab als zuvor und lieferten der Wachstumsrate damit eine kurzfristige Stütze. Da eine schnelle Neubelebung des Welthandels jedoch nicht in Sicht ist, dürfte sich die Schwäche, die im aktuellen Index deutlich wird, in absehbarer Zukunft in Form sinkender Beschäftigungszahlen manifestieren. Schon jetzt scheint der Jobaufbau in den Emerging Markets zu stagnieren."
Zwar unterliegen die Schwellenländer anders als die Industrienationen nicht dem Zwang zum Deleveraging, also zum Abbau von Fremdkapital, so der Chefvolkswirt, doch seien auch sie nicht von der Risikoaversionswelle verschont geblieben. Während es langfristig deutliche Hinweise auf eine wirtschaftliche Entkopplung gebe, spreche kaum etwas für eine finanzielle Entkopplung im täglichen Geschäft.
Der nachlassende Inflationsdruck erweitere zwar den politischen Handlungsspielraum ein wenig, doch wäre es falsch anzunehmen, dass von den Emerging Markets demnächst wieder ähnlich starke Impulse ausgehen wie in den Jahren 2008/09. "Daher wird es den Schwellenländern höchstwahrscheinlich nicht vollständig gelingen, die endemische Schwäche der industrialisierten Welt auszugleichen. Mit anderen Worten: Die Weltwirtschaft wird sowohl 2011 als auch 2012 um weit weniger als drei Prozent zulegen - eine enttäuschende Performance angesichts der Vorgeschichte und ungeachtet der guten und stabilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die sich in vielen Schwellenländern bieten", kommentiert Stephen King.
Nachfrageschwäche der westlichen Industrieländer trifft vor allem asiatische Industriesektoren
Die Industrieproduktion wurde in sechs von der Umfrage erfassten Schwellenländern zurückgefahren, allen voran in Südafrika und Taiwan, gefolgt von Brasilien, wo der Produktionsindex auf den tiefsten Wert seit Q1/2009 sank. In Singapur wurde die Produktion moderat, in China nur geringfügig eingeschränkt, und auch Südkorea vermeldete niedrigere Produktionslevels.
Die Industriesektoren der osteuropäischen Emerging Markets schnitten besser ab. Hier wurden im Berichtsquartal lediglich abgeschwächte Steigerungsraten verzeichnet. Russland wies einen geringfügigen Zuwachs aus, in der Tschechischen Republik gab der Produktionsindex auf den tiefsten Wert seit sieben, in Polen auf den tiefsten Wert seit acht Quartalen nach. In Indien sank der Index auf ein 2,5-Jahrestief. Höhere Steigerungsraten als im Vorquartal vermeldeten lediglich die Türkei und Israel.
Vor dem Hintergrund der gedämpften globalen Nachfrage mussten die Industriebetriebe in den Emerging Markets erstmals seit neun Quartalen insgesamt einen Rückgang bei den Exportbestellungen hinnehmen. Mit Ausnahme der Tschechischen Republik, Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate sanken die Auslandsaufträge durchweg. Von den vier Schwergewichtsländern wiesen Brasilien und Indien die höchsten Verluste aus, in China schlug hingegen nur ein geringfügiges Minus zu Buche.
Verbreitete Abkühlung im Servicesektor; Ausblick trübt sich ein
Der Servicesektor verzeichnete im dritten Quartal 2011 insgesamt die niedrigste Wachstumsrate seit neun Quartalen. Abkühlung signalisierten alle vier Schwergewichtsländer. Verflogen ist auch der Optimismus hinsichtlich der Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist, da der entsprechende Index den drittniedrigsten Wert seit Umfragebeginn in Q4/2005 zeigt. In China brach der Index auf ein neues Rekordtief ein, in Russland waren die Dienstleister so wenig zuversichtlich wie zuletzt vor zehn Quartalen.
Schwächster Preisauftrieb seit vier Quartalen
Die nachhaltige Straffung der Geldpolitik in den Emerging Markets sorgte für einen nachlassenden Inflationsdruck. So gab der Anstieg der Einkaufspreise insgesamt auf den tiefsten Wert seit vier Quartalen nach. In Brasilien sank der Kostenindex auf ein Zwei-, in China auf ein Ein- und in Russland auf ein 1,5-Jahrestief. Dies hatte zur Folge, dass die Verkaufspreise mit der niedrigsten Rate seit einem Jahr angehoben wurden. Hier vermeldeten beide Sektoren abgeschwächte Steigerungsraten.
Äußerst schwacher Jobaufbau
Aufgrund der nachlassenden Nachfrage zeichneten sich angesichts abnehmender Auftragsbestände erste Kapazitätsüberhänge ab. Im Servicesektor sanken die unerledigten Aufträge zum zweiten Mal hintereinander, in der Industrie kam es zum ersten Rückgang seit zweieinhalb Jahren.
Folglich fiel der Beschäftigungsaufbau insgesamt so schwach aus wie zuletzt vor neun Quartalen. Bei den Dienstleistern verlangsamte sich der Jobaufbau, in der Industrie stagnierte er. Indien wies erstmals seit Q1/2009 wieder einen Stellenabbau aus, in Brasilien, China und Russland verlor der Jobaufbau an Fahrt.
Der HSBC EMI wird anhand der etablierten und zuverlässigen Daten der Purchasing Managers' Indexes (PMI) errechnet, die vom globalen Finanzinformations-Dienstleister Markit erstellt werden. HSBC gab im Herbst 2009 die Partnerschaft mit Markit bekannt, um zahlreiche PMIs für die Schwellenmärkte zu erstellen.
Der HSBC EMI wird vierteljährlich veröffentlicht und ist erhältlich unter: http://www.hsbc.com/emergingmarketsindex
Der nächste HSBC Emerging Markets Index wird am 9. Januar 2012 veröffentlicht.
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