EVG Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft
ÖPNV braucht Zukunft: Breites Bündnis appelliert an Verkehrsminister, entschlossen voranzugehen
Bund und Länder haben beschlossen, im Rahmen eines Ausbau- und Modernisierungspaktes bis Herbst 2022 konkrete Vorschläge zur Finanzierung des ÖPNV-Ausbaus vorzulegen. Ein breites Bündnis aus Umweltverbänden, sozialen Bewegungen und Gewerkschaften ist sich einig, dass die angestrebte Verdopplung des ÖPNV-Angebots bis 2030 einschließlich des entsprechenden Personals zehn bis zwölf Milliarden Euro jährlich erfordere und somit insgesamt etwa 100 Milliarden Euro. Die Organisationen erwarten, dass diese Mittel zeitnah für den ÖPNV-Ausbau bereitgestellt werden. Auf dieser Grundlage hat das Bündnis auf einem ersten ÖPNV-Gipfel im vergangenen Juni den Dialog mit den Landesverkehrsminister*innen begonnen. Um ihn fortzusetzen, wird eine Delegation im Rahmen der Verkehrsministerkonferenz der Vorsitzenden der VMK, der Bremer Verkehrssenatorin Dr. Maike Schäfer einen offenen Brief mit den gemeinsamen Forderungen überreichen.
Dass die Ampelkoalition mit ihrem zweiten Entlastungspaket sowohl Nutzer*innen von Bus und Bahn als auch die Gewinnung neuer Fahrgäste im Blick hat, begrüßen die Bündnispartner. Um eine echte Mobilitätswende einzuleiten und zu verankern, braucht es allerdings Konzepte, die allen Menschen langfristig den Zugang zu öffentlicher Mobilität sichern. Nicht nur in Städten, sondern insbesondere im ländlichen Raum, ist eine deutliche Angebotsverbesserung notwendig. Außerhalb der Großstädte fehlen heute vielerorts regelmäßige und gut vertaktete ÖPNV-Angebote. Wer bisher keine Möglichkeit hat, auf Bus und Bahn umzusteigen, dem hilft auch das 9-Euro-Ticket nicht weiter.
Das Bündnis fordert von der Politik weitsichtige Planungen: Nur ein deutlicher Ausbau öffentlicher Mobilitätsangebote mit zusätzlichen Linien und engeren Taktungen, einer nachhaltigen Finanzierung sowie günstige Ticketpreise bringen die Mobilitätswende voran. Schon heute gerät der ÖPNV im Berufsverkehr der Großstädte ebenso wie im Ausflugsverkehr am Wochenende an seine Kapazitätsgrenzen. Daran wird deutlich, wie sehr der ÖPNV-Ausbau in der Vergangenheit vernachlässigt wurde. Gerade deswegen muss jetzt in die Mobilitätswende investiert werden. Alte Anlagen in Stand setzen, neue Gleise bauen, die nötigen Fahrzeuge anschaffen, Barrierefreiheit und attraktive Arbeitsbedingungen schaffen – all das kostet zusätzlich Geld.
Martin Burkert, Vize-Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft : „Es ist wichtig, jetzt zügig langfristig mehr Geld für den gesamten ÖPNV-Ausbau bereitzustellen. Denn es muss mehr Personal eingestellt werden, die Infrastruktur ausgebaut und neue Fahrzeuge angeschafft werden. All das kann nicht über Nacht passieren. Aber nur so wird man langfristig die notwendigen Kapazitäten für die notwendige Verkehrsverlagerung auf den ÖPNV erreichen können. Natürlich muss der ÖPNV auch preislich attraktiv sein. Mit dem 9-Euro-Ticket wird aber der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Ab Pfingsten könnte Chaos an Bahnhöfen und in den Verkehrsmitteln ausbrechen. Die Verkehrsunternehmen sind auf den Andrang - vor allem auf touristisch attraktiven Strecken - nicht vorbereitet. Die Unternehmen müssen sich zügig um zusätzliches Personal vor allem in Bus und Bahn sowie an den Bahnhöfen bemühen. Es braucht daher ausreichend und schnell gezahlte Finanzmittel. Es besteht die Gefahr, dass die Folgen des 9-Euro-Ticket zu Lasten der Beschäftigten gehen. Soweit darf es nicht kommen.“
Das Bündnis „ÖPNV braucht Zukunft“ wurde initiiert von: Fridays for Future Germany, ökologischer Verkehrsclub VCD, ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), BUNDjugend, attac, NaturFreunde Deutschlands, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Campact und Changing Cities e.V.
Anne Jacobs
Pressesprecherin der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)
Vorstandsbereich Vorsitzender Klaus-Dieter Hommel
Reinhardtstr. 23 // 10117 Berlin
Tel. 0174 878 5351