Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.
VNW-Direktor Andreas Breitner zum neuen in Hamburg vorgestellten Baukostengutachten: Schallmarke durchbrochen - Die Baukosten sind die eigentlichen Treiber der Wohnungskosten
37/2021
Die Hamburger Stadtentwicklungsbehörde hat am Donnerstag en Gutachten über die Entwicklung der Baukosten in der Hansestadt vorgestellt. Danach haben die sogenannten Gestehungskosten (Grundstücks- und Herstellungskosten) im Median erstmals die Marke von 4.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche überschritten. Dieses von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) erstellte Gutachten basiert auf den Daten abgerechneter und fertiggestellter Wohnungsbauprojekte von mehr als 9.300 Wohnungen mit ca. 680.000 Quadratmeter Wohnfläche und einem Investitionsvolumen von rund 2,5 Milliarden Euro.
Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW):
„Nun ist es wissenschaftlich nachgewiesen: bei den Baukosten ist die Schallmarke von 4000 Euro pro Quadratmeter Entstehungskosten durchbrochen. Das ist alarmierend. Die Baukosten gehen nicht mehr durch die Decke, sondern in den Himmel. Dieses wissenschaftliche Gutachten belegt eindrücklich, dass die Grundstücks- und die Baukosten der eigentliche Treiber der Wohnkosten in Hamburg sind. Es sind gerade nicht die Wohnungsunternehmen für den deutlichen Anstieg der Wohnkosten verantwortlich. Das sollten jetzt auch jene zur Kenntnis nehmen, die alle Wohnungsunternehmen in einen Topf werfen und ihnen unterschiedslos unlautere Renditeabsichten unterstellen.
Im Mittel um etwa 17,6 Prozent sind die Gestehungskosten für den Bau eines Quadratmeters Wohnfläche in Hamburg zwischen 2016 und 2020 gestiegen. Die allgemeinen Lebenshaltungskosten nahmen im vergleichbaren Zeitraum lediglich um 5,5 Prozent zu.
Keine weiteren staatlichen Auflagen
Eines ist jetzt klar: weitere staatliche Auflagen, die das Bauen weiter verteuern, müssen in den kommenden Jahren tabu sein. Dazu zähle ich auch Maßnahmen für mehr Klimaschutz. Um die Klimaschutzziele der Stadt zu erreichen, sind intelligente Lösungen nötig. Dazu gehört Technologieoffenheit genauso wie der Ansatz, beim Einsparen von Kohlendioxid den Blick mehr auf das gesamte Quartier als auf das einzelne Wohngebäude zu richten. Einzelmaßnahmen wie eine Photovoltaik-Pflicht verteuern das Bauen und würgen andere, effizientere Lösungen ab.
Gerade die im VNW organisierten Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften versuchen, durch ein effizientes Kostenmanagement die Kosten für ihre Mieterinnen und Mieter so gering wie möglich zu halten. Wenn aber der Bau einer Wohnung pro Quadratmeter rund 4000 Euro kostet, kann auch ein sozialer Vermieter das nicht ignorieren, will er wirtschaftlich nicht auf die schiefe Bahn geraten.
Derzeit liegt die monatliche Netto-Kalt-Miete bei den Hamburger VNW-Unternehmen im Durchschnitt bei 6,82 Euro pro Quadratmeter - und damit fast zwei Euro unter dem Wert des Hamburger Mietenspiegels. Bei öffentlich geförderten Wohnungen, die von VNW-Unternehmen angeboten wurden, beträgt die Durchschnittsmiete 6,08 Euro, bei den frei finanzierten Wohnungen sind es 7,05 Euro pro Quadratmeter.
Stadt muss besonderes Augenmerk auf die Grundstückskosten legen
Besonderes Augenmerk muss die Stadt auf die Entwicklung der Grundstückskosten legen. Wenn die Wissenschaftler dort weiterhin einen überdurchschnittlichen Anstieg erwarten, wäre es sinnvoll, Wohnungsunternehmen, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Miete anbieten, besondere Konditionen beim Erwerb eines Baugrundstücks einzuräumen.
Die Vergabe im Wege des Erbbaurechts ist dabei allerdings keine Alternative, da die hohen Grundstückskosten für die Unternehmen und letztlich die Mieterinnen und Mieter damit nur auf einen längeren Zeitraum verteilt werden. Am Ende müssen die Unternehmen viel Geld für ein Baugrundstück ausgeben, ohne dass es ihnen schlussendlich gehört. Nach Ende der Erbaurechtsvertragszeit führen die galoppierenden Bodenwerte in Hamburg dazu, dass der Pächter das Grundstück ein zweites Mal bezahlt.
Die sozialen Vermieter bekennen sich zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums in Hamburg. In den vergangenen fünf Jahren errichteten die VNW-Unternehmen fast 10.000 Wohnungen – ein großer Teil davon waren Sozialwohnungen. Die von der Stadt vorgenommene Anpassung der öffentliche Wohnungsbauförderung an die Grundstücks- und Baupreisentwicklung ist gut und sinnvoll. Damit wird es auch in den kommenden Jahren möglich sein, Sozialwohnungen in nennenswerter Zahl zu bauen.
Die große Herausforderung besteht jedoch darin, Wohnungen zu errichten, deren monatliche Netto-Kalt-Miete zwischen acht und zehn Euro pro Quadratmeter liegt und die für viele Haushalte mit normalem Einkommen gedacht sind. Weniger Bürokratie und schnellere Entscheidungen in den Bezirksämtern sind dafür genauso unverzichtbar wie die Entschlackung der Bauordnung. Seit Jahren wird darüber geredet – es kommt aber darauf an, etwas zu verändern.
Der VNW vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 395 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 742.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,04 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.
V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de