Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.
Soziale Vermieter: Landesregierungen müssen EU-Sanierungspläne stoppen
VNW-Direktor Andreas Breitner:
- Abgeordnete, die diesen Gesetzen zustimmen, haben in Brüssel nichts zu suchen.
- EU-Sanierungspläne werden zu einem spürbaren Anstieg der Mieten führen und so den sozialen Frieden gefährden.
- Sanierungskosten würde bei sozialen Vermietern im Durchschnitt rund 60.000 Euro pro Wohnungsbetragen. Einfamilienhausbesitzer müssen mit bis zu 100.000 Euro rechnen.
- Gesetzlich erlaubte Modernisierungsumlagen reichen nicht aus, die Kosten zu tragen. Für einen Amortisation wären 41 Jahre notwendig.
107/2023
Aktuellen Medienberichten zufolge gibt es bei der Europäischen Union in Brüssel Pläne über energetische Sanierungen von Wohngebäuden, die viele Wohnungsunternehmen und Hauseigentümer finanziell überlasten würden. Demnach müsste fast jedes zweites Wohngebäude bis zum Jahr 2033 zumindest teilweise energetisch saniert werden. Deutschlandweit seien etwa 620.000 Immobilien betroffen. Der zusätzliche finanzielle Aufwand liege bei rund 200 Milliarden Euro pro Jahr. Auf den Eigentümer eines betroffenen Einfamilienhauses kämen Investitionskosten in Höhe von mindesten 100.000 Euro zu.
Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW):
„Die deutschen EU-Abgeordnete, die dem zustimmen bzw. zugestimmt haben und nicht BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angehören, dürften von ihren Parteien nicht mehr nach Brüssel entsandt werden. Wer Gesetzen, die unsoziale und ungerechte Folgen für weite Teile der Bevölkerung auslösen, zustimmt und das entweder nicht versteht oder bewusst in Kauf nimmt, hat das falsche Verständnis von seiner Aufgabe und gehört da nicht hin.
Die aus Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg entsandten EU-Abgeordneten und die drei Landesregierungen stehen jetzt in der Pflicht, in Brüssel und Berlin die Umsetzung dieser unsozialen Pläne zu verhindern. Derart hohe Investitionskosten werden zu einem spürbaren Anstieg der Mieten führen und gefährden den sozialen Frieden in den Quartieren unserer Mitgliedsunternehmen.
Kosten von 60.000 Euro pro Wohnung
Einer Umfrage unter den sozialen Vermietern Norddeutschlands hat jüngst ergeben, dass die EU-Pläne zur energetischen Sanierung der Wohngebäude mit dem höchsten Ausstoß an Treibhausgasen bis zum Jahr 2033 wirtschaftlich nicht umsetzbar sind. Demnach gehören rund 15 Prozent der etwa 750.000 Wohnungen den Energieeffizienzklassen der sogenannten worst performing buildings an.
Die energetischen Sanierungskosten würden für jede Wohnung im Durchschnitt rund 60.000 Euro betragen. Damit summieren sich die Gesamtkosten auf rund 6,75 Milliarden Euro. Das Problem: Hiesige Gesetze erlauben lediglich eine Mieterhöhung von zwei Euro pro Quadratmeter durch Modernisierungsumlagen innerhalb sechs Jahren, wenn die Miete vor der Modernisierung unter sieben Euro liegt.
41 Jahre für die Amortisation notwendig
Das bedeutet, dass sich ohne eine umfassende staatliche Förderung eine derartige Sanierungsinvestition erst nach 41 Jahren amortisiert. Früher hielt man eine Amortisationsdauer von rund zehn Jahren für tragbar.
Grundlage dieser Zahlen sind Berechnungen von Experten, wonach in die energetische Sanierung von ‚besonders schlechten Wohnungen‘ rund 2000 Euro pro Quadratmeter investiert werden müssen, um sie in einen Zustand zu versetzen, der den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Als umlagefähiger Anteil dieser Kosten wurden 50 Prozent angenommen, also 1000 Euro pro Quadratmeter.
Sozialer Sprengstoff
Dem VNW gehören in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 294 Wohnungsgenossenschaften und am Gemeinwohl orientierte Wohnungsgesellschaften an. Deren monatliche Nettokaltmiete liegt im Durchschnitt bei 6,41 Euro pro Quadratmeter.
Mit anderen Worten: Unsere Unternehmen müssten bei den sogenannten worst performing buildings die Mieten deutlich erhöhen, damit zumindest ein Teil der Kosten der Sanierungen ausgeglichen werden können. Innerhalb der gesetzlich erlaubten Umlagehöhe sind unsere Unternehmen nicht einmal im Ansatz in der Lage, die geforderte Sanierung der am meisten sanierungsbedürftigen Wohngebäude umzusetzen.
Soziale Vermieter haben auf Grund ihrer günstigen Mieten keine Rücklagen, aus denen sie über mehrere Jahre derart hohe Fehlbeträge finanzieren können. Ihnen droht dadurch eine gefährliche wirtschaftliche Schieflage. Das zeigt die Unlösbarkeit des Problems. Werden die EU-Pläne Wirklichkeit, gefährdet das die sozialen Vermieter in ihrer Existenz. Das ist sozialer Sprengstoff, der radikalen politischen Kräften Zulauf ohne Ende bescheren wird.“
Hintergrund
Der VNW hatte seine Mitgliedsunternehmen gefragt, mit welchen Anteilen sich ihre Wohngebäudebestände auf die Energieeffizienzklassen A+ bis H des Gebäudeenergiegesetzes verteilen. Grundlage für die Einordnung sind unternehmenseigene CO2-Bilanzen oder die Angaben der Gebäudeenergieausweise.
In Brüssel wird derzeit der Gesetzesvorschlag zu Sanierungspflichten für alte Gebäude diskutiert – die sogenannte Gebäuderichtlinie EPBD. Demnach soll es die Verpflichtung geben, Gebäude mit geringer Energieeffizienz bis zum Jahr 2033 auf ein besseres energetisches Niveau zu sanieren.
Diesen Vorschlag hatte die EU-Kommission vorgelegt, etwa weil Gebäude ihren Angaben zufolge für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich sind. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen allerdings noch einen Kompromiss finden, bevor die Vorgaben in Kraft treten können.
07/10/2023
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 429 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 686.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,41 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.
V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de