Rausch auf Rezept: Erster Termin im Prozess gegen Cannabis-Plattform vorm Landgericht Hamburg
Hamburg (ots)
Bund Deutscher Cannabis-Patienten begrüßt Initiative der Apothekerkammer Nordrhein
Die teilweise Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken sorgt in der Praxis weiterhin für Probleme und Unsicherheiten. Wegen der mehr als holprigen Einführung durch Gesundheitsminister Lauterbach sehen sich Patienten in Verruf gebracht, die teils seit Jahren erfolgreich mit Medizinal-Cannabis behandelt werden. Chronisch Kranke werden mit Freizeitnutzern gleichgesetzt und stigmatisiert. Sie erhalten teilweise ihre Sorten nicht und werden von seriösen Ärzten an zweifelhafte Telemedizin-Portale verwiesen, die ganz offen den "Kick auf Rezept" bewerben. Weil es bisher kaum legale Wege gibt, sich die Cannabisblüten zum Freizeitkonsum zu besorgen, weichen Konsumenten immer häufiger auf Cannabis aus, das als Arzneimittel zugelassen ist. Das ist nicht nur dem Bund Deutscher Cannabis-Patienten ein Dorn im Auge, sondern auch der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR). Diese geht gegen diverse Internet-Plattformen vor, auf denen sich Menschen nach dem Ausfüllen von Fragebögen Rezepte besorgen und so formal ärztlich legitimiert zum Vergnügen auf Rezept kiffen können.
Gravierende Nebenwirkungen werden billigend in Kauf genommen
Das wirkt vor allem deshalb bedenklich, weil die Plattformen keinen Hehl daraus machen, was ihr Ziel ist: Das schnelle Geld mit dem Rausch. "Bei manchen Plattformen verleiten die dort tätigen Ärzte nach unserer Ansicht aus kommerziellen Gründen zum Medikamentenmissbrauch - und nehmen dabei teils erhebliche Nebenwirkungen offenbar billigend in Kauf. Es fehlt meist die sorgfältige Anamnese, die Untersuchung und die Therapiebegleitung. Diesen Plattformen scheint es einzig und allein um den Umsatz zu gehen, nicht um das Patientenwohl", vermutet Dr. Michael Kambeck, Sprecher des Bundes Deutscher Cannabis-Patienten.
Apothekerkammer Nordrhein klagt gegen Cannabis-Plattformen
Gegen diese Auswüchse hat die AKNR bereits mehrere Abmahnungen und Unterlassungserklärungen verschickt. Gestern begann vor dem Landgericht Hamburg das Zivilverfahren gegen eine dieser Plattformen. Die AKNR, vertreten durch deren Geschäftsführerin und Justiziarin Dr. Bettina Mecking sowie Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, argumentiert, dass das Bewerben von "Kiffen auf Rezept" gegen das Heilmittelwerbegesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstößt. Der einfache Fragebogen zur Rezeptausstellung genüge nicht den medizinischen Standards einer telemedizinischen Konsultation, da es sich hierbei schon nicht um eine "Behandlung" handele.
Im gestrigen Verfahren wurden die Argumente beider Seiten ausgetauscht. Eine Entscheidung ist für den 11. März angekündigt. "Normalerweise bin ich mit Einschätzungen vorsichtig, aber hier deuten einige Aussagen des Gerichts darauf hin, dass dieses die erheblichen Gefahren des Geschäftsmodells der Beklagten erkannt hat und daher in unsere Richtung tendiert", erklärte Dr. Morton Douglas nach der Verhandlung.
Auch der Bund Deutscher Cannabis-Patienten unterstützt die Initiative der AKNR: "Wir begrüßen sehr, dass die Apothekerkammer Nordrhein gegen solche Fehlentwicklungen vorgeht," so Dr. Michael Kambeck. "Von Beginn an haben wir beklagt, dass einige Anbieter mit Rappern werben, mit einfachen Online-Fragebögen, Sonderangeboten und Sortennamen, die eher an Cheesecake erinnern. Nur wenn Medizin und Freizeitnutzen klar getrennt bleiben, kann Cannabis als seriöse Medizin eine Chance haben und vielen Menschen geholfen werden."
Dr. Bettina Mecking warnt vor der aktuellen Situation: "Einige Plattformen bewerben sich als vermeintlich legale Alternative zum Dealer - das ist besorgniserregend und definitiv ein Fall für die Aufsichtsbehörden. Die werden das Urteil sicher mit genauso großer Spannung erwarten wie wir. Abzuwarten bleibt außerdem, ob die Politik zeitnah für klarere Regeln sorgen wird.
Über uns: Apothekerkammer Nordrhein
Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts Trägerin der berufsständischen Selbstverwaltung der Apothekerinnen und Apotheker, die in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf arbeiten oder leben. Sie vertritt die Interessen der über 12.000 Kammerangehörigen, die in öffentlichen Apotheken, Krankenhäusern, Wissenschaft, Industrie und Verwaltung oder bei der Bundeswehr tätig sind. Die Apotheke vor Ort übernimmt eine hoheitliche Aufgabe: die sichere, vom Heilberuf getragene, wohnortnahe Versorgung der Menschen mit Arznei- und Hilfsmitteln, 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr.
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