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Schlupflöcher in der EU-Gesetzgebung fördern Handel mit Wildtieren aus Lateinamerika

Schlupflöcher in der EU-Gesetzgebung fördern Handel mit Wildtieren aus Lateinamerika
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Kriminelle nutzen Schlupflöcher in der EU-Gesetzgebung aus, um geschützte Wildtiere aus Lateinamerika als exotische Haustiere nach Europa zu schmuggeln.

Dies geht aus einer neuen Studie hervor, in der Tausende von Wildtieren dokumentiert sind, die auf dem Transport von Lateinamerika nach Europa beschlagnahmt wurden. Das Geschäft gefährdet die Artenvielfalt. Die Tier- und Artenschutzorganisation IFAW (International Fund for Animal Welfare) analysierte Medienberichte aus den Jahren 2017 bis 2023 über Beschlagnahmungen von Wildtieren, um die betroffenen Arten und mögliche Handelsrouten in die europäische Region zu ermitteln. Am häufigsten wurden illegale Transporte mit dem Ziel Deutschland gefunden.

Besorgniserregendes Ergebnis: Die ausgewerteten Medienberichte dokumentieren 69 Arten und insgesamt 2.495 beschlagnahmte Wildtiere. Es zeigt sich, dass Kriminelle bewusst Schlupflöcher ausnutzen, indem sie es auf Arten abgesehen haben, die lediglich im Ursprungsland, aber nicht international geschützt sind. Denn diese Tiere können, wenn sie aus Lateinamerika herausgeschmuggelt wurden, derzeit in Europa legal gehandelt werden. Nur etwa ein Viertel der in der Studie dokumentierten Arten ist durch das internationale CITES-Übereinkommen zur Regulierung des Handels mit wildlebenden Tieren und Pflanzen geschützt. Alle anderen, teils seltenen und endemischen Arten, sind in der EU nicht hinreichend geschützt. Strafen drohen den Händlern meist nicht, was den Handel mit Wildtieren als lukratives Verbrechen mit geringem Risiko und hoher Belohnung erscheinen lässt.

Mehr als 94 Prozent der Beschlagnahmungen waren lebende, für den exotischen Heimtiermarkt bestimmte Wildtiere. Das stellt ein großes Tierwohlproblem dar: Wildtiere, die über die Grenzen geschmuggelt werden, sind oft in winzige Behelfsbehälter gepfercht und leiden enorm. Viele sterben während des Transports. Die größte Nachfrage bestand mit 59 Prozent (1.280 Exemplare) aller Sicherstellungen nach Amphibien, wobei Pfeilgiftfrösche aus Kolumbien, Panama und Brasilien die am häufigsten beschlagnahmte Art waren. Es folgten 29 Prozent Vögel, insbesondere Singvögel, und Reptilien mit zwölf Prozent. Nur zwei Beschlagnahmungen von Säugetieren wurden dokumentiert, beides waren Wildtierprodukte - von einem Jaguar und einer südamerikanischen Pelzrobbe.

Weitere Ergebnisse:

  • In dieser Studie wurden Transporte mit Zielort Deutschland am häufigsten gefunden, gefolgt von Russland und Spanien.
  • Die europäischen Strafverfolgungsbehörden weisen darauf hin, dass die meisten illegalen Wildtiere aus Lateinamerika per Luftfracht eingeführt werden. Dafür werden gefälschte Dokumente verwendet und Schlupflöcher in der EU-Gesetzgebung ausgenutzt.
  • In zwei Fällen wurden Wildtiere beschlagnahmt, die auf dem Weg nach Asien durch Europa transportiert wurden. Dies könnte auf ein viel größeres Problem hindeuten: Europa wird möglicherweise für den Transit genutzt, weil die Sendungen kaum kontrolliert und selten beschlagnahmt werden.

„Lateinamerika ist keine Tierhandlung, und seine Wildtiere stehen nicht zum Verkauf – das ist unsere klare Botschaft“, erklärt Robert Kless, IFAW-Regionalvertreter für Deutschland und Europa. „Diese Studie zeichnet ein alarmierendes Bild für die Wildtiere in Lateinamerika. Kriminelle plündern die Natur aus Habgier, ohne sich um die Konsequenzen zu scheren. Diese Art der illegalen Ausbeutung ist weit verbreitet. Wir brauchen dringend Maßnahmen der EU, um die reiche biologische Vielfalt dieser und anderer Regionen zu schützen.“

Die Studie ist eine Momentaufnahme und stellt nur einen kleinen Bruchteil der nach Europa geschmuggelten Wildtiere dar. Eine umfassende Recherche und Analyse sind nicht möglich, da nicht über alle Sicherstellungen von Wildtieren in den Medien berichtet wird. Darüber hinaus entgehen die meisten illegalen internationalen Sendungen wahrscheinlich der Aufmerksamkeit der Strafverfolgungsbehörden.

„Diese Tiere gehören in ihren natürlichen Lebensraum – in die Regenwälder, Steppen, die Wüsten, die Berge und die Feuchtgebiete – und nicht in Terrarien oder Käfige. Als Teil eines empfindlichen Ökosystems erfüllen Wildtiere eine wichtige Aufgabe. Der Schmuggel solcher Tiere bedroht die Artenvielfalt, gefährdet ihr Leben und Wohlergehen und birgt die Gefahr der Übertragung von Zoonosen“, so Kless weiter.

Der IFAW fordert eine europäische Gesetzgebung, die den Handel mit illegal beschafften, nicht bei CITES gelisteten Wildtierarten unter Strafe stellt. Die Entwicklung und Umsetzung eines zentralisierten EU-Datenerfassungssystems für den Handel mit Wildtieren ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um eine einheitliche Dokumentation in allen Mitgliedsstaaten zu gewährleisten und Informationen über importierte und exportierte Wildtierarten zu erheben. Auf Verbraucherebene ist es außerdem notwendig, über die Konsequenzen des Besitzes von Wildtieren als exotische Haustiere durch gezielte Kampagnen aufzuklären.

Bildmaterial finden Sie hier .

Für weitere Infos oder Interviews kontaktieren Sie bitte:

Dörte von der Reith

Senior Communications Manager

m: +49 (0) 160 904864 93

e: dreith@ifaw.org

Der IFAW (International Fund for Animal Welfare) ist eine weltweit tätige gemeinnützige Organisation für die bessere Koexistenz von Tieren und Menschen. Wir sind in mehr als 40 Ländern der Welt und auf den Meeren im Einsatz. Wir retten und pflegen Tiere, wildern sie wieder aus und bewahren und schützen ihre natürlichen Lebensräume. Die Probleme, denen wir uns stellen, sind drängend und komplex. Um sie zu lösen, brauchen wir mutiges Handeln und kluges Denken. Wir arbeiten mit Gemeinden, Regierungen, anderen NGOs und Unternehmen zusammen. Gemeinsam finden wir neue und innovative Wege, damit sich alle Arten in ihrem Lebensraum entwickeln können. So geht’s: ifaw.org

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