„Wenn ich was zu bestimmen hätte, würde ich zuerst mal die Klischees abschaffen“
Ein Land, 16 Bundesländer, 32 Botschafterinnen und Botschafter. Zum diesjährigen Tag der Deutschen Einheit zeigt Deutschland Gesicht: In ganz persönlichen Protokollen stellen die Einheitsbotschafter sich und ihre Idee der Deutschen Einheit vor.
„Wenn ich was zu bestimmen hätte, würde ich zuerst mal die Klischees abschaffen“
Einheitsbotschafterin Sachsen – Maria Piechnick
Maria Piechnick (34) ist in der Oberlausitz aufgewachsen. Geboren in der Gemeinde Horka, Schule in Rothenburg, Deutschlands östlichster Kleinstadt, direkt an der polnischen Grenze. Informatik-Studium an der TU Dresden, dort mit ihrer Doktorarbeit zum Thema „Intelligente Kleidung” begonnen. Außerdem gründete sie das Startup-Unternehmen „Wandelbots” – hier geht es um wegweisende Lerntechnologien für Roboter . Sie mag die Unterscheidung in Ost- und Westdeutsche nicht. „Im 21. Jahrhundert sind wir ohnehin alle Europäer.“
Ich komme aus Sachsen, das ist meine Heimat. Wir Sachsen werden von anderen oftmals belächelt und auf unseren Dialekt reduziert. Ja, bei manchen gibt es eine gewisse Skepsis gegenüber Neuem oder Fremdem. Aber eigentlich sind wir Sachsen kreativ, innovativ und kommunikativ. Wenn es Probleme gibt, geben wir nicht auf. Wir unterstützen uns und finden gemeinsam eine Lösung.
Ich bin ein Nachwendekind. Ich konnte von Anfang an überall hinreisen, in den Geschäften gab es alles zu kaufen, was man brauchte. Wie es vorher in der DDR war, weiß ich von meinen Eltern. Gerade die Wende war eine prägende Zeit für unsere Familie. Durch die Neustrukturierung der Betriebe waren sämtliche Arbeitsplätze gefährdet, daher gründete mein Vater kurzerhand seinen eigenen Betrieb als Elektroingenieur und nahm einige seiner Kollegen mit. Eine fordernde Zeit für ihn aber letztendlich erfolgreich, der Betrieb existiert noch heute. Unternehmertum, Erfindungsreichtum und Problemlösungsfähigkeit war mir im Grunde in die Wiege gelegt worden.
Wandelbots, das Startup, das ich mit einigen Kollegen aufbaue, beruht auf einer völlig anderen Gründungsgeschichte. Worum es bei unserer Firma geht? Mit einem speziell entwickelten Stift können wir ganz genau die Bewegungen vorgeben, die der Roboter lernen soll. Das erspart das ziemlich aufwendige Programmieren. Zudem gibt es zu wenig qualifizierte Programmierer – das bedeutet zusätzlich lange Wartezeiten. Die lassen sich mit unserer Technologie umgehen. Und die funktioniert für alle Systeme, unabhängig von den verschiedenen Programmiersprachen, die oft jeweils eigene spezielle Codes verwenden. Unsere Idee könnte der dringend nötigen Robotisierung insbesondere im Mittelstand einen entscheidenden Impuls verpassen. Davon profitieren doch alle.
Gerade Leute aus dem Westen fragen manchmal: Warum wir gerade in Dresden eine Firma gründen. Aber auch: Frauen haben es bei euch im Osten im Beruf leichter. In Letzterem haben sie vielleicht Recht. Da muss der Westen immer noch aufholen.
Wenn ich was zu bestimmen hätte, würde ich zuerst mal die Klischees abschaffen. Ich mag die Unterscheidung in Ost- und Westdeutsche nicht und kann mich damit nicht identifizieren. Im 21. Jahrhundert sind wir ohnehin alle Europäer. Und ich würde dafür sorgen, dass die Infrastruktur im Osten noch schneller aufgebaut wird. Das ist wichtig für die Wirtschaft.
Mit freundlichen Grüßen Susanne Bethke Projektleiterin Bundesratspräsidentschaft/ Tag der Deutschen Einheit 2021
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