Technische Universität München
Ernährung von Hummeln hat Einfluss auf Fortpflanzungsfähigkeit und Überleben
TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN
Corporate Communications Center
Tel.: +49 89 289 22778 - E-Mail: presse@tum.de
Dieser Text im Web: https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/35873/
Bildmaterial für Journalisten: https://mediatum.ub.tum.de/1537618
PRESSEMITTEILUNG
Ernährung von Hummeln hat Einfluss auf Fortpflanzungsfähigkeit und Überleben
Hummeln mögen wenig Fett
Sterben Bienen an falscher Ernährung? Professorin Sara Diana Leonhardt erforscht mit ihrer Arbeitsgruppe am Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technischen Universität München (TUM) die Interaktionen von Pflanzen und Insekten. Im Rahmen von Verhaltensversuchen analysiert ihr Team, wie Hummeln die Nahrungsqualität einschätzen und wie Nahrung unterschiedlicher Qualität ihr Wohlergehen beeinflusst.
Bienen sind wichtig für unsere Umwelt und Ernährung. Ohne Bestäubung durch Tiere können sich viele Pflanzen, auch viele Nutzpflanzen, nicht vermehren. "Das Bienensterben hat demnach auch Auswirkungen auf das Nahrungsangebot für den Menschen", so die Professorin für Pflanze-Insekten Interaktionen Sara Leonhardt. Sämtliche der weltweit über 20.000 Bienenarten seien hier in den Blick zu nehmen. Besonders wichtig sind dabei neben der Honigbiene auch Hummeln.
"Bienen beziehen die meisten Nährstoffe aus ihrer Hauptnahrungsquelle, Nektar und Pollen. Während Nektar hauptsächlich eine Quelle für Kohlenhydrate ist, enthält Pollen die meisten anderen benötigten Nährstoffe: Eiweiß, Fett, Mineralien und Vitamine. Bisher glaubte man, dass sie, wie andere Pflanzenfresser, dabei vor allem auf den Eiweißgehalt ihrer Nahrung achten", erläutert Leonhardt.
Mit einem zweistufigen mechanistischen Ansatz, der sowohl Lern- als auch Fütterungsversuche beinhaltet, beschreitet die Gruppe einen neuen Weg, um die Ernährungsgewohnheiten von Insekten buchstäblich unter die Lupe zu nehmen.
Lernversuche mit Erdhummeln
Welche Nährstoffe können Hummeln in Pollen schmecken? In Lernversuchen analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zunächst die Vorlieben der Hummeln für bestimmte Nährstoffe - in dem Fall für Fett oder Eiweiß.
Fabian Rüdenauer, Hauptautor der Studie, erklärt: "Wir konzentrierten uns auf Fett- und Aminosäuren, welche die beiden wichtigsten Pollenmakronährstoffe aufbauen und sehr wahrscheinlich von Bienen geschmacklich wahrgenommen werden können."
Dazu wurden Pollen mit zunächst wenig Fettsäuren versehen und anschließend der Fettgehalt erhöht. Die Forschergruppe fand heraus, dass die Erdhummeln hier gut unterscheiden können und Vorlieben zeigen. Bei den Pollen mit Variationen im Aminosäuregehalt trafen die Hummeln keine Unterscheidungen.
Was schmeckt den Hummeln?
Welche Nährstoffe verwenden Hummeln tatsächlich, um ihr Sammelverhalten anzupassen, und welche Konsequenzen hat das für ihr Überleben und ihren Fortpflanzungserfolg? Das waren die Leitfragen bei den anschließenden Fütterungsversuchen.
"Je mehr Fett im Pollen war, desto weniger haben die Hummeln gefressen", fasst Leonhardt zusammen. Dabei nahmen die Hummeln sogar in Kauf, eher zu sterben, als fettreiche Pollen zu sich zu nehmen. Daraus schließt die Arbeitsgruppe, dass Fett in Pollen die Fortpflanzungsfähigkeit und auch das Überleben der Bienen beeinträchtigt und daher gemieden wird.
Eine Variation des Aminosäureanteils in den Pollen hatte auch hier keine Auswirkungen auf das Fressverhalten.
Hilfe für Bienen und Hummeln
"Unsere Studie unterstreicht die Bedeutung von Fett für pollensuchende Hummeln. Es zeigt sich auch, dass Nährstoffwahrnehmung, Nährstoffregulierung und reproduktive Fitness zusammenhängen", so Dr. Johannes Spaethe von der Universität Würzburg, ebenfalls Leiter der Studie. "Die Bienen schmecken, was gut für sie ist, und sammeln entsprechend", fasst Leonhardt die Ergebnisse zusammen.
Die Forschergruppe stellt aktuell einen Datensatz zur Pollenchemie zusammen, um einen Überblick über ein breites Pflanzenspektrum hinweg zu erhalten. Darüber hinaus erforscht sie die Nährstoffbedürfnisse weiterer Bienenarten. "Dadurch könnten künftig auch Blühmischungen und Schutzmaßnahmen wie Blühstreifen verbessert werden", so der Ausblick der Forschenden.
Publikation:
Fabian A. Ruedenauer, David Raubenheimer, Daniela Kessner-Beierlein, Nils Grund-Mueller, Lisa Noack, Johannes Spaethe, Sara D. Leonhardt (2020): Best be(e) on low fat: linking nutrient perception, regulation and fitness. Ecology Letters. DOI: 10.1111/ele.13454.
Bildmaterial für Journalisten: https://mediatum.ub.tum.de/1537618
Kontakt:
Prof. Dr. Sara Diana Leonhardt
Technische Universität München
Professur für Pflanze-Insekten Interaktionen
Tel.: +49 8161 71 - 4574
leonhardt@wzw.tum.de
Die Technische Universität München (TUM) ist mit rund 550 Professorinnen und Professoren, 43.000 Studierenden sowie 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit dem Campus TUM Asia in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Kairo, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands. www.tum.de