DKOU Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie
Patienten endlich wieder ganz in den Mittelpunkt stellen
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) startet in Berlin
Berlin (ots)
Unter dem Motto "Mit Begeisterung für unsere Patienten" beginnt heute der Deutsche Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin. Der DKOU, der von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) sowie dem Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) ausgerichtet wird, gilt als bedeutendster Kongress des Fachs in Europa und zählt zu den größten Fachveranstaltungen für Orthopäden und Unfallchirurgen weltweit. Vom 25. bis 28. Oktober kommen rund 10.000 internationale Ärzte, Wissenschaftler und Branchenvertreter zu Vorträgen und Panels zusammen und rund 170 ausstellende Unternehmen präsentieren auf über 4.800 qm innovative Produkte aus O und U. Anlässlich der Kongresseröffnung stellten heute die drei Kongresspräsidenten aktuelle Entwicklungen ihrer Fachgebiete Orthopädie und Unfallchirurgie vor und warnten vor bedrohlichen Entwicklungen für die Qualität der Patientenversorgung.
Von Verletzungen des Bewegungssystems sowie den Volkskrankheiten Arthrose, Osteoporose und Kreuzschmerz sind in Deutschland Millionen Menschen betroffen. Orthopäden und Unfallchirurgen begleiten die Patienten ein Leben lang, von der Säuglings-OP bis zur Versorgung älterer Menschen mit Gelenkersatz. Auch bei traumatischen Ereignissen wie akuten Sportverletzungen oder Notfallereignissen sind Orthopäden und Unfallchirurgen an vorderster Stelle. Überall, wo orthopädische und unfallchirurgische Versorgung geleistet wird, ist eine leitliniengerechte, auf den Patienten individuell abgestimmte Behandlung zentrales Anliegen der Ärztinnen und Ärzte. "Medizin mit Mitgefühl - das ist unser Credo", erklärten die drei Kongresspräsidenten Prof. Dr. Andreas M. Halder, Prof. Dr. Benedikt Friemert und Dr. Wolfgang Willauschus im Rahmen der Auftaktpressekonferenz. "Wir wollen unsere Patienten endlich wieder ganz in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit und unseres Handelns rücken." Sie grenzen sich damit explizit gegen zunehmenden ökonomischen Druck, gegen Überregulierungen durch die Politik sowie Fehlentwicklungen ab.
Traumaversorgung in bedrohlicher Schieflage
Wie wichtig eine funktionierende, reaktionsfähige Traumaversorgung ist, hat der Ukraine-Krieg gerade wieder vielen Menschen ins Bewusstsein gerückt. "Traumaversorgung ist und bleibt ein essenzieller Bestandteil der Daseinsfürsorge", erklärt Prof. Dr. Benedikt Friemert, Kongresspräsident und Präsident von DGU und DGOU. "Daher gehört die Notfallversorgung inklusive ihrer Vorhaltungskosten in die öffentliche Hand." Nur so lasse sich die bestehende existenzbedrohende Unterfinanzierung der Traumaversorgung in Deutschland lösen. Denn Fakt ist: Immer mehr Kliniken ziehen sich aktuell aus der Notfallversorgung zurück, da sie die Kosten nicht mehr decken können; dies führt dazu, dass größere Kliniken gezwungen sind, immer mehr Notfallpatienten zu behandeln. Die Folgen sind finanzielle Schieflagen, überlange Wartezeiten und eine insgesamt instabile Versorgungsstruktur.
Der Reformbedarf in der Notfallversorgung in Deutschland ist bereits lange bekannt. So hatte der G-BA im Auftrag der letzten Bundesregierung ein Konzept erarbeitet, das die Kernprobleme Fehlsteuerung, Wartezeiten und Unterfinanzierung im Bereich der Notfallversorgung beheben soll. Dieses Reform-Konzept begrüßen DGOU und BVOU ausdrücklich. Ergänzend haben die Verbände jedoch konkrete Empfehlungen entwickelt, um Patientenströme besser zu strukturieren und effektiver zu steuern und die Unterfinanzierung zu beenden. Die Empfehlungen liegen in Form eines Positionspapiers der Politik vor. "Die bestehende Krise der Notfallversorgung in den Kliniken und Praxen muss schnellstmöglich ein Ende haben", fordert Friemert. "Wir brauchen hier ein klares Bekenntnis der Politik und der Kostenträger."
EU-Medizinprodukteverordnung erschwert sinnvolle Implantatversorgung
Sorge macht Orthopäden und Unfallchirurgen auch die neue Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR), welche 2017 vom EU-Parlament erlassen wurde und nun auch in Deutschland in Kraft tritt. Sie regelt die Zulassung von mehr als 450.000 Medizinprodukten in Europa, zu denen auch Endoprothesen zählen. Ihre hohen, für neue Produkte sinnvollen Anforderungen gelten jedoch auch für Bestandsprodukte, die seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt werden, sodass die Hersteller zu Rezertifizierungsverfahren gezwungen werden. Da für viele Unternehmen der Aufwand der Re-Zertifizierung jedoch in keinem Verhältnis zum Verkaufserlös älterer Produkte steht, ziehen sich die Unternehmen zurück, erste Produkte sind bereits nicht mehr verfügbar. "Bewährte Endoprothesen und andere Produkte sind bereits dabei, vom Markt zu verschwinden", sagt Prof. Dr. Andreas M. Halder, Kongresspräsident, Präsident der DGOOC und stv. Präsident der DGOU. "Für uns Operateure bedeutet das, dass wir die Versorgung von Patienten mit Gelenkersatz nicht mehr auf dem bisherigen Niveau erbringen können." Operateure verwendeten notgedrungen andere Implantate als bisher, mit denen sie u.U. weniger Erfahrung hätten und für die keine Langzeitergebnisse vorlägen. Die DGOU begrüße zwar grundsätzlich die MDR-Initiative, da sie zu mehr Sicherheit aller Medizinprodukte führen soll; für langjährig bewährte Produkte seien die Vorgaben jedoch ethisch nicht vertretbar und wissenschaftlich nicht sinnvoll.
Patienten profitieren vom Innovationsmotor Endoprothetik und von Qualitätssicherung
Aktuell erhalten rund 400.000 Patienten jedes Jahr in Deutschland ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk. Dass Endoprothesen immer besser passen und immer weniger Restschmerz oder Bewegungseinschränkungen zurücklassen, liegt an einem stetigen Innovationsprozess in der Endoprothetik. "Längst schon nutzen wir Navigationssysteme, um die Implantatpositionen möglichst exakt zu bestimmen," erläutert Halder. "Technologien wie der Operationsroboter setzen sich immer mehr durch und sorgen für eine millimetergenaue Implantation. Vor allem bei Knieprothesen, die sehr exakt implantiert werden müssen, ist dies ein großer Vorteil: hier profitieren Patienten besonders von den robotergestützten Verfahren." Zum Erfolg der Endoprothetik trägt auch das seit 2012 geführte Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) bei. Hier sind bereits über zwei Millionen Operationen erfasst, was das EPRD zum zweitgrößten Endoprothesenregister Europas macht. Die Endoprothetik habe aufgrund neu entwickelter technischer Möglichkeiten in den letzten 20 Jahren extreme Fortschritte hinsichtlich Präzision und Sicherheit der Eingriffe sowie Haltbarkeit der Endoprothesen erzielt, so Halder. Das EPRD sichere verlässlich die Qualität der Endoprothetik in Deutschland und sei in jeder Hinsicht eine Erfolgsgeschichte.
Prävention von Sportverletzungen anlässlich der Fußball-WM im Fokus
Auch die Prävention von Sportverletzungen gehört zum breiten Arbeitsgebiet von O und U. Wie wichtig diese Leistungen gerade für junge Sportlerinnen und Sportler sind, rückt anlässlich der Fußball-WM, die ab November in Katar stattfindet, auch Laiensportlern deutlich ins Bewusstsein. "Durch die WM in Katar wird auch hierzulande wieder die Zahl der Kinder und Jugendlichen steigen, die in den Vereinen den Profis nacheifern", erklärt Dr. Wolfgang Willauschus vom Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU). "Hier gilt es zu handeln! Einfache Empfehlungen helfen bereits im Vorfeld, Verletzungen zu vermeiden."
Zu den zentralen Empfehlungen der Orthopäden und Unfallchirurgen zählen: Nicht zu früh auf Fußball spezialisieren, sondern auch andere Sportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Turnen betreiben; dem Körper nach jedem Spiel oder Training Zeit zur Erholung geben; das Training immer mit Übungen zum Aufwärmen beginnen; zu den eigenen körperlichen und technischen Fähigkeiten stehen; auf die Tagesverfassung achten; geeignetes Schuhwerk nutzen und bei Schmerzen oder geschwollenen Gelenken einen Arzt aufsuchen. "Und wenn es dann doch passiert und man sich verletzt, gilt folgender Rat: Die Schnelligkeit, mit der die Profis fit werden, ist nicht der Maßstab für uns Laien", so Willauschus.
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