Digitale Transformation: eine Chance für Energieversorger
Berlin (ots)
17. European Energy Markets Observatory empfiehlt, sich der Herausforderung der Energiewende zu stellen und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern
Die europäischen Elektrizitäts- und Gasmärkte bleiben weiter sehr unruhig. Trotz des Versuches der Europäischen Kommission eine Energieunion zu schaffen, werden Maßnahmen, um die Märkte zu stabilisieren und die Versorgungssicherheit zu erhöhen, entweder zu langsam oder nicht konkret genug umgesetzt. In diesem wenig ermutigenden Kontext muss sich die Energiebranche zudem den Herausforderungen der Digitalen Transformation stellen und die damit einhergehenden Chancen konsequent nutzen. Dies zeigt die aktuelle Ausgabe des European Energy Markets Observatory (EEMO), der von Capgemini in Zusammenarbeit mit Natixis, dem I4CE - Institute for Climate Economics und CMS bureau Francis Lefebvre erstellt wurde. Im Vorfeld der UN-Klimakonferenz begrüßt der Bericht ausdrücklich die Initiativen der USA, Chinas und Europas, bei gleichzeitigem Hinweis auf die derzeit spezifische Situation, die durch die niedrigen Preise für fossile Energieträger verursacht wird.
Der diesjährige EEMO kommt zu drei Hauptaussagen:
1. Energiewende und digitale Transformation verstärken sich gegenseitig
In Europa stehen die Energieversorger vor einem gewaltigen Umbruch, der auch ihre Geschäftsmodelle maßgeblich beeinflussen wird. Gleichzeitig müssen sie ihre Produktivität signifikant verbessern. Andreas Weiler, Leiter Energiewirtschaft bei Capgemini Consulting in Deutschland. Österreich und der Schweiz, erklärt: "Vor diesem Hintergrund ist es unumgänglich, dass Versorger ihre digitale Transformation umfassend und zügig durchführen. Nur dadurch werden sie in der Lage sein, sich der neuen Marktsituation anzupassen und ihre Produktivität zu steigern. Energieversorger haben jetzt die echte Gelegenheit, sich von ihren traditionellen Geschäftsmodellen zu emanzipieren und sich zu erfolgreichen Service-Anbietern zu wandeln. Dies sollten sie schnellstens in Angriff nehmen."
Der Bericht zeigt, dass durch die Energiewende etablierte Geschäftsmodelle unter Druck geraten. Einflussfaktoren hierfür sind der Trend zur dezentralen Energieerzeugung, das Management komplexer Stromversorgungsnetze mit einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien (smart grids), ein Demand-Side-Management , sogenannte Prosumer , Smart Meter, die Einblick in das Verbrauchsverhalten liefern, das Internet der Dinge und viele weitere. Diese Veränderungen gehen mit einem rückläufigem Großhandelsmarkt für Strom- und Gas sowie einem dramatischen Einbruch des Ölpreises einher, der sich auch auf alle übrigen Energiepreise negativ auswirkt.
2. Ausreichende Maßnahmen der UN-Klimakonferenz unwahrscheinlich
Die UN-Klimakonferenz findet unter denkbar ungünstigen Vorzeichen statt. Zum einen sind die Preise für Öl, Benzin und Gas sehr niedrig, zum anderen gehen insbesondere die Investitionen zurück, die den Einsatz von fossilen Energieträgern verringern und so Treibhausgase einsparen sollen. Mit dem planmäßigen Auslaufen der Einspeisetarife wird der Preis weiter fallen und einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der erneuerbaren Energien haben. Ihr Verkaufspreis wird dann zunehmend vom Großhandelsmarktpreis abhängen. Die Studie zeigt, dass die Hauptverursacher von Kohlendioxid, darunter die USA und China, Fortschritte bei der Einsparung machen. Europa ist in gewisser Weise immer noch der Klassenprimus, muss aber darauf achten, die verschiedenen Ansätze zur CO2-Reduktion (z.B. ETS , Förderung erneuerbarer Energien, Energieeffizienz, CCS )zu vereinheitlichen, da diese unterschiedlich große Kosten für die Gemeinschaft verursachen und inkonsistente Signale an den Energiemarkt senden.
3. Europäische Märkte bleiben weiterhin unruhig
Verschiedenste Faktoren beeinflussen den europäischen Energie-Markt. Die Großhandelspreise sind auf niedrigem Niveau (unter 40 Euro pro MWh in H1 2015), während die Endkundenpreise steigen (+2,9% zwischen H2 2013 und H2 2014). Zudem bestehen in einigen europäische Ländern Risiken hinsichtlich einer sichern Strom- und Gasversorgung, aufgrund angespannter Beziehungen zu Russland. Schlussendlich sind Langzeit-Investitionen in planbare Erzeugungs-Kapazitäten rar, obwohl sie bis 2025 1,1 Billionen Euro für Strom- und Gas-Infrastrukturen erreichen sollten, inklusive 500 Millionen Euro für die Erzeugung. "Trotz einer durchaus zutreffenden Analyse, enthielt die Ankündigung einer Energieunion im Frühjahr 2015 keine ausreichend konkreten und zügig umsetzbaren Maßnahmen, um einen funktionierenden Markt wiederherzustellen und Versorgungssicherheit zu gewähr-leisten", so Andreas Weiler. "Eine konsequente Wiederherstellung des Marktes beinhaltet die Umsetzung einer EU ETS Marktreform vor 2020 und die Einführung einer für diesen Markt zentralen Regulierungsbehörde, die verpflichtende Einführung von Effizienzstandards für Gebäude sowie ein schnelles Auslaufen der Einspeisetarife zugunsten von Marktpreisen für alle fluktuierend einspeisenden erneuerbaren Energien.
Um die Versorgungssicherheit zu verbessern, spricht der EEMO vier Empfehlungen aus:
1. Einführung von schnelleren und konstanteren Mechanismen zur Kapazitäts-Vergütung
2. Weiterführung der Erforschung von Schiefergasvorkommen als inländische Gasquellen
3. Planung und Finanzierung eines vereinheitlichten Hochspannungsnetzes
4. Zuteilung von größerem Forschungs- und Entwicklungsressourcen für wettbewerbsfähige Energiespeicher-Lösungen.
Blick auf Deutschland: Energiewende kein wirtschaftlicher Erfolg
Das ambitionierte deutsche Programm zur Energiewende, das den Anteil erneuerbarer Energien bis 2050 auf 80 Prozent erhöhen soll, überzeugt die Autoren der Studie aus wirtschaftlicher Sicht nicht. Der Bericht schätzt die entstehenden Kosten auf 220 bis 240 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020. Den sinkenden Ausstoß von Treibhausgasen im vergangenen Jahr führen die Experten vor allem auf den milden Winter und den dadurch niedrigeren Energieverbrauch zurück. Hinzu kommt, dass die gesicherte Erzeugungskapazität durch die Energiewende in Deutschland sinkt. Der EEMO sieht darin eine mögliche Gefährdung der deutschen Energieversorgung, die aber durch Zukäufe aus dem Ausland, wie etwa Frankreich und Tschechien, aufgefangen werden kann.
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