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Interview: Dirk Wehmeyer - Vier Jahrzehnte voller leidenschaftlicher Fotografie

Interview: Dirk Wehmeyer - Vier Jahrzehnte voller leidenschaftlicher Fotografie
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40 Jahre in einem Unternehmen sind nicht selbstverständlich. Für Dirk Wehmeyer waren die Rahmenbedingungen bei den VOGELSÄNGER STUDIOS aber immer so, dass er Arbeit und Kreativität in Einklang bringen konnte. In den vier Jahrzehnten bei dem ostwestfälischen Content-Spezialisten konnte er als Werbefotograf den technischen Wandel nicht nur miterleben, sondern mitgestalten. Gleichzeitig hat er sich privat der künstlerischen Fotografie verschrieben. Im Interview berichtet er über Dias, Polaroids, Jugendförderung, Setbau in analogen Zeiten, Location-Shootings in Kalifornien, über Kunst und Kommerz.

In einem Interview blickt Dirk Wehmeyer auf vier prall gefüllte Jahrzehnte bei den VOGELSÄNGER STUDIOS zurück. Wir freuen uns, wenn Sie Gefallen an dieser Zeitgeschichte und eine Verwendung für den Text finden.

Und natürlich können Sie auch gern selbst mit Dirk Wehmeyer sprechen.

Liebe Grüße aus Lage, Neufahrn und Hamburg

Sascha Tapken

I nterview:

Vier Jahrzehnte voller leidenschaftlicher Fotografie

Lieber Dirk, kannst du dich an deinen ersten Arbeitstag erinnern?

Dirk Wehmeyer: Eher an meinen ersten Praktikumstag. Ich habe meine Bewerbungsmappe unter den Arm geklemmt, weil ich mich bei Vogelsänger vorstellen wollte. Mein Vater hat mich nach Lage gefahren, weil ich noch keinen Führerschein hatte. Ich bin gebürtiger Ostwestfale und komme aus Kalletal, das liegt etwa 30 km von den Studios in Lage entfernt. Damals war Herr Ross bei Vogelsänger für die Praktikanten zuständig und er hat grünes Licht gegeben. Das war der Beginn meiner Vogelsänger-Laufbahn.

An meinem ersten Praktikumstag stolperte ich direkt in eine Produktion für den Otto Versand hinein. In Studio 4 habe ich das erste Mal eine große Fachkamera gesehen, wie sie über Jahrzehnte lang in der Fotografie üblich war. Da ich mich schon lange mit der Thematik beschäftigt habe, war ich selbstbewusst und habe den Fotografen gefragt, ob ich nicht mal den Scheimpflug einstellen könnte. Die Scheimpflugsche Regel besagt, dass sich Schärfe-, Objektiv- und Bildebene in einer gemeinsamen Geraden schneiden, dazu gehört also schon etwas Fingerspitzengefühl. Der Fotograf glaubte nicht, dass ich das kann, aber ich habe mich dabei nicht ganz dumm angestellt. (Lacht.) Und so ging es bei Vogelsänger weiter…

Du hattest dich also schon vorher mit Fotografie auseinandergesetzt?

Dirk Wehmeyer: Ja, in Büchern. Und ich durfte die Kamera meines Vaters benutzen. Ich war tatsächlich besessen von dem Thema und habe schon mit 16 im Jugendzentrum Vorträge über Fotografie gehalten.

Wie ging es dann weiter?

Dirk Wehmeyer: Ich war nur zwei oder drei Tage während dieses Praktikums bei Vogelsänger und wollte dann gleich nach meinem Abitur dort die Lehre beginnen. Aber dann kam mir die Grundausbildung bei der Bundeswehr dazwischen – damals waren das noch 15 Monate. Die Vogelsängers hatten mir aber zugerufen, dass ich auch nach der Bundeswehr meine Lehre bei ihnen beginnen könnte. Und das habe ich dann gemacht. Das war 1983.

Wie war es damals bei Vogelsänger?

Dirk Wehmeyer: Es gab viel mehr Leute. Jedes Studio hatte ein eigenes Team und es gab in den analogen Zeiten noch viel mehr Setbau, denn es konnte nicht einfach retuschiert werden. Die Kunden waren damals auch immer vor Ort und haben ihre Teams mitgebracht – Grafiker, Texter und so weiter. Als Lehrling gab es sehr viele händische Tätigkeiten auszuüben, darunter auch verantwortungsvolle Handgriffe wie das Einlegen des Filmmaterials in die Planfilmkassetten der Fachkameras. Wenn dabei ein Fehler passierte, konnte ein ganze Produktion im Eimer sein. Als Lehrlinge hatten wir Aufgabenschwerpunkte, die im Wochenrhythmus neu zugeteilt wurden.

Was waren in den 1980er Jahren die Speichermedien?

Dirk Wehmeyer: Dias, Color- und Schwarz-Weiß-Negativ und die dazugehörigen Fotoabzüge, die in unserem Fachlabor noch händisch hergestellt wurden – je nachdem, was der Kunde brauchte.

Welche Vorteile hatten Dias?

Dirk Wehmeyer: Die Farbechtheit. Und man konnte sie direkt im Trommelscanner einscannen. Das war eine enorme Prozessverbesserung und bereits der Standard, als ich bei Vogelsänger begonnen habe. Denn so konnte man viel einfacher die Scans für den Druck machen.

Der technologische Fortschritt hat deinen Beruf immer wieder beeinflusst.

Dirk Wehmeyer: Und wie. Das ging mir manchmal auch ziemlich auf die Nerven. (Lacht.) Die Digitalfotografie bedeutete die größte Zeitenwende für uns. Wir hatten bei Vogelsänger das beste und teuerste Kamera-Equipment. Jedes Studio hatte zwei Schweizer SINAR-Großformatkameras, was enorme Werte waren. Ich weiß noch, als dann die ersten Vertreter für Digitalkameras bei uns ins Haus kamen und uns die neusten technischen Wunderwerke vorstellten.

Wie sah die analoge Welt des Fotografierens aus?

Dirk Wehmeyer: Die analoge Fotografie basierte in der Tat viele Jahrzehnte auf derselben Technologie – da kam es eher auf die Lösung an, also was in welchem Stil fotografiert werden sollte. Da ging es dann um die Auswahl des richtigen Kamerasystems – Fachkamera, Mittelformat, Kleinbild – für das jeweilige Projekt. Früher benötigte man im Studio also drei Kamerasysteme, im digitalen Zeitalter meistens nur noch eins.

Wann begann dieser Wandel?

Dirk Wehmeyer: Vor etwas 25 Jahren. Der Beginn des digitalen Wandels lag aber nicht in der Fotografie, sondern vielmehr in dem Handling der Speichermedien mithilfe von Computern. Wir haben damals Polaroids eingescannt und sie dann als Datei zum Kunden schicken können. Das bedeutete eine enorme Beschleunigung der Prozesse, weil Fotos sonst physisch zum Kunden geschickt werden mussten – oftmals per overnight. Dann konnte das Projekt erst weitergehen, wenn die Lieferung beim Kunden angekommen war und alle Beteiligten sich einen Überblick verschafft haben. Als Full-Service-Dienstleister haben wir in der Folge auch die Druckvorstufe zu uns geholt.

Vermisst du die analogen Zeiten manchmal?

Dirk Wehmeyer: Das Fatale an der Digitalisierung ist doch, dass dadurch keine Freiräume geschaffen werden, sondern nur die Verdichtung zunimmt. Freiräume gab es in der analogen Welt automatisch, denn Wartezeiten gehörten zur Arbeit dazu. Diese Zeit konnte aber wertvoll sein, um sich mit den Kollegen auszutauschen.

Wie frei konntet ihr über den Setbau entscheiden?

Dirk Wehmeyer: Es kam damals noch häufig vor, dass wir eigene Settings für Kunden gebaut haben. Wenn die Regie bei uns lag, haben wir auch entscheiden können, wie wir welche Marke und wie wir welches Produkt inszenieren. Das ist selten geworden, weil die Kunden ihre eigenen Vorstellungen haben und dabei nichts mehr dem Zufall überlassen wird. Es kommt aber noch vor, dass Kunden unsere Meinung hören wollen. Für den Bodenhersteller Meisterwerke war ich viele Jahre mit auf Location-Suche für die Kollektions-Shootings. Das ist dann ein kreativer Prozess von Anfang bis Ende, der mir Spaß macht.

Was waren Shootings in anderen Locations, an die du dich erinnerst?

Dirk Wehmeyer: Ich erinnere mich an Gartenmöbel-Shootings in Kalifornien. Das waren schöne Tage. Aber schon zu dieser Zeit haben wir sogenannte Leerschüsse gemacht, um Locations einzufangen. So hatten wir dann Hintergrundmotive in petto, die wir nutzen konnten, um Produktbilder dort einzusetzen, für den Fall, dass ein Kunde Geld sparen wollte. Zu Beginn sah das noch sehr schlecht aus, wie ausgeschnitten. Die heutigen Renderings sehen dagegen fast so aus wie Fotografien, wenn nicht perfekter…

Und wie sieht die Zukunft aus? Braucht man bald kein Studio mehr, sondern nur noch Computer?

Dirk Wehmeyer: Eine Zeitlang habe ich das geglaubt. Es gibt Menschen, die fabelhafte Renderings erstellen können, aber es kommt bei einem Bild auf sehr viele Details an – also auf das Licht, auf die Dekoration, auf den Grad der Perfektion. Die Lichtverhältnisse herzustellen, funktioniert in den Renderings schon sehr gut, aber die Dekoration sieht oft stiefmütterlich aus. Es mangelt meist an der Gesamtkompetenz alle relevanten Dinge für eine Produktion beziehungsweise für ein gelungenes Bild im Blick zu haben. Wir registrieren gerade sogar wieder eine steigende Nachfrage nach Studio-Settings. Das Ultraperfekte ist nicht mehr das Maß aller Dinge. Es ist schon ein wenig absurd: Die Fotos sollen immer perfekter werden, aber in die Renderings baut man Ecken und Kanten ein, damit sie nicht ganz so perfekt wirken. Es geht wieder um Bildsprache mit Charakter.

Bei Vogelsänger versuchen wir, das Beste aus der analogen Welt mit den Vorteilen der digitalen Sphäre zusammenzubringen. So haben wir eine Technik entwickelt, um Renderings und Setbau zu vereinen, indem wir Deko, Licht und Co. inszenieren und im Rendering integrieren.

Wie oft konntest du dich über Kunden ärgern, weil du anderer Meinung warst?

Dirk Wehmeyer: Och, das ist öfters passiert (Lacht.) Dafür bin ich dann zu sehr kreativer und impulsiver Mensch. Aber am Ende haben wir uns immer zusammengerauft. Ich denke, auch meine Mitarbeitenden schätzen mich als Teamworker, der aber auch geradeheraus seine Meinung sagt. Ich glaube, dass ich als Selbstständiger nicht so kreativ hätte sein können, weil ich dazu immer die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen gebraucht habe. Und hier bei Vogelsänger sind zu allen Zeiten immer sehr kreative Menschen zusammengekommen. In all den Jahren habe ich mich aber immer auch mit Kunst beschäftigt und auch selbst Ausstellungen von Fotografien sowie multimediale Raumausstellungen mit Projektionen und Klängen konzipiert. Mit einigen Bildern von mir bin ich auch in der „International Polaroid Collection“ vertreten, die seit den 1940er Jahren Fotografien gesammelt hat und von der ein bedeutender Teil heute in einer historischen Sammlung in Wien untergebracht ist. Das Polaroid-Material ist übrigens äußerst stabil, viel haltbarer als man zunächst dachte.

Welche Motive hast du fotografiert?

Dirk Wehmeyer: Künstlerische Motive. Das war sozusagen das Kontrastprogramm zur Werbefotografie. Mein Hauptarbeitsfeld war immer die Interieur-Fotografie aus allen Bereichen des Lebens. Aber auch die Still-Life-Fotografie im Bereich Industrie und Technik habe ich gemacht. Und dann gab es auch noch die People-Shootings und die Portaitfotografie für Geschäftsbereiche, und und und… Also die gesamte Bandbreite der Werbefotografie. Vieles dabei hat mir Freude bereitet.

Und heute?

Dirk Wehmeyer: Ich habe mir eine schöne Leica gekauft und habe die Street-Fotografie für mich entdeckt. In Venedig knipse ich nicht die touristischen Motive, sondern bin abseits der Trampelpfade auf der Suche. Das mache ich nur für mich. Ich setze mich aber nach wie vor für junge Künstlerinnen und Künstler ein. Seinerzeit habe ich auch den Kunstverein Eichmüllerhaus in Lemgo mitgegründet, in dem auch Stipendien der STAFF-Stiftung vergeben werden.

Das war vier Jahrzehnte lang eine glückliche Konstellation mit Vogelsänger und deinen Interessen.

Ich brauchte immer diesen Gegenpol zur Werbefotografie, die ja immer auf das perfekte Verkaufen abzielt – und den konnte ich in den 40 Jahren immer gut schaffen. Nur Werbung allein geht nicht. (Lacht.) Ich habe die Kunst nie aus den Augen verloren und gehe immer noch regelmäßig in Ausstellungen. Manchmal habe ich auch die Lehrlinge eingepackt und bin dann mit ihnen losgefahren, damit wir uns etwas Spannendes anschauen konnten. Die Arbeit mit den jungen Menschen hat mir immer großen Spaß gemacht und war mir im Nachhinein mit das Wichtigste an meiner Arbeit.

Welche Motive sind dir bei deiner Arbeit am liebsten?

Dirk Wehmeyer: Architektur. Und ich bin gerne auf Locations unterwegs.

Wie wichtig ist noch das Handwerk in digitalen Zeiten?

Dirk Wehmeyer: Ja, das ist eine gute Frage, denn mit einem iPhone kann man heute hervorragende Bilder machen ohne jedes fotografische Know-how. Aber das analoge Wissen am Set hilft einem weiter. Die jungen Leute gehen heute nach dem Prinzip Trial and Error vor. Mit dem analogen Wissen über die Produktion kann man eine Fotografie aber schon vor dem inneren Auge entstehen lassen. Für eine bekannte Interieurmarke habe ich mal eine ganz edle Tapetenserie fotografiert. Dafür haben wir einen großen Aufbau gemacht, der dann nochmal mit einer anderen Leuchte fotografiert werden sollte. Nach nur einem Schuss habe ich dann zu dem Marketingverantwortlichen gesagt: „Dann haben wir es jetzt.“ Das konnte er gar nicht glauben, weil er sonst gewohnt war, für jede Aufnahme eine Vielzahl von Schüssen machen zu müssen, die dann später zusammenmontiert wurden. „Tja, ich kann’s halt noch“, habe ich zu ihm gesagt. (Lacht). Die Fachkameras waren eine Wissenschaft für sich. Mit der Ziehharmonika-Technik musste man alles fein justieren. Für die Kataloge eines großen Distanzhändlers haben wir Modelshootings für ganze 1/1-Seiten auf 18x24cm Dia-Positiv produziert, da hat jeder einzelne Schuss 25,- DM gekostet.

Nun ist ja Vintage auch wieder „in“, wenn man beispielsweise an den Absatz von Schallplattenspielern denkt. Gilt das auch für die Fotografie?

Dirk Wehmeyer: Das ist in der Tat schon wieder ein Trend. Ich kenne eine Mode-Fotografin, die analog fotografiert und die Negative einscannt, um sie dann digital zu bearbeiten. Sie sagt, dass der Film einen unvergleichbaren Look hat. Die Instagram-Filter versuchen diese Effekte künstlich zu generieren. Aber es gibt den Wert des Originalen. In der Kunst sind die Techniken längst Programm, wenn man an Andreas Gursky und seine Montage-Methoden denkt. Er fotografiert digital und montiert die einzelnen Bildelemente zu einer überrealen Welt. Oder Thomas Ruff, der früher schlichte Portraits gemacht hat und nun Bilder aus dem Netz nimmt und diese verfremdet. Das ist das Spiel mit Methoden, das überhaupt erst durch die digitale Fotografie möglich geworden ist.

Ich habe damals als bester Azubi ein Buch mit Werken des großen Fotografen Ansel Adams bekommen, das ich immer noch in Ehren halte. Er hat ein Zonensystem entwickelt, wie man einen Film belichtet, um alle Töne von Weiß bis Schwarz abbilden zu können. Ich bin davon überzeugt, dass er von der digitalen Fotografie begeistert gewesen wäre. Es geht nicht um zwei feindliche Welten, sondern die Möglichkeiten beider Welten, vor allem in der Kunst.

Wie lange möchtest du noch arbeiten?

Ich merke jetzt, dass es anstrengender wird. Fotografie ist auch körperliche Arbeit. Und auch für den Kopf ist das Switchen zwischen analogem Setting und dem digitalen Prozess eine Leistung, die Kraft kostet. Der Kunde möchte ja, dass man schon während der Shootings die administrativen Dinge miterledigt. Da merke ich, dass ich älter geworden bin. Das Fotografieren macht mir Spaß, die Prozesse dahinter nicht immer.

Über die Vogelsänger Studios:

Die VOGELSÄNGER STUDIOS sind ein ostwestfälischer Familienbetrieb mit über 70 Jahren Geschichte und Erfahrung. Als Content-Produzent für mehr als 30 Branchen leben die mehr als 100 Mitarbeitenden das Storytelling in allen Mediengattungen. Die VOGELSÄNGER STUDIOS bieten Fotografie, Film und Live-Kommunikation in realen und digitalen Werkstätten, mit über 12.000 qm Studiofläche an den beiden Standorten in Neufahrn bei München und Lage in der Nähe von Bielefeld. „Wir glauben fest daran, dass eine gute Geschichte die beste Werbung ist. Dazu braucht es Mut – auf beiden Seiten“, glaubt die Vogelsänger-Familie. Und deswegen ist „BE BRAVE“ nicht nur der Claim, sondern die Grundhaltung der Creative Factory.

Pressekontakt:

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by Sascha Tapken
Das B2B-Medienhaus für Home & Living
Strategic Storytelling/Redaktion – Consulting/Marktexpertise – Content-Marketing/PR ­– Social Media – Moderation/Events
E-Mail:  s.tapken@homemadestorys.de
Website:  www.homemadestorys.de
Mobil: +49 178 386 00 90
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