ARMID-Umfrage: Aufsichtsräte im Mittelstand wollen stärker politisch Farbe bekennen
München (ots)
Über 46 Prozent der Aufsichts- und Beiräte mittelständischer Unternehmen halten es für "wichtig" oder "sehr wichtig", Stellung zu politischen Entwicklungen zu nehmen. Unternehmen müssen sich nach ihrer Meinung stärker mit den Chancen und Risiken an den Schnittstellen von Politik und Wirtschaft beschäftigen, denn Geschäftserfolg sei zunehmend auch von gesellschaftspolitischen Voraussetzungen abhängig.
Dies ist ein Ergebnisse einer Umfrage unter den Mitgliedern des ARMID. Im ARMID sind über 400 Aufsichts- und Beiräte von Unternehmen mit einem typischen Umsatz von mehreren hundert Millionen Euro zusammengeschlossen. An der Befragung haben 112 ARMID-Mitglieder teilgenommen.
Klaus F. Jaenecke, Vorsitzender des ARMID, sieht darin eine deutliche Veränderung in Bezug auf die Teilnahme am politischen Diskurs: "Sich zu politischen Themen zu äußern, galt unter Aufsichtsräten im Mittelstand bis vor wenigen Jahren als verpönt. Man tat das in aller Regel nicht oder nur in Ausnahmesituationen. Inzwischen ist Corporate Political Responsibility insbesondere unter dem Stichwort ESG jedoch ein neues Feld der Arbeit von Kontrollgremien. Wer als Aufsichtsrat für mehr öffentliche Stellungnahmen plädiert, stärkt dem Vorstand den Rücken, sich gegebenenfalls zu politischen Fragen zu äußern." Die neue Relevanz von Corporate Political Responsibility führt Klaus F. Jaenecke auf die großen politischen Herausforderungen angesichts der schwierigen Wirtschaftslage in Deutschland zurück. "Unter Aufsichtsräten wächst die Sorge vor dem Erstarken der politischen Ränder. Sie sehen die mangelnde Fähigkeit der Politik, dem Standort Deutschland notwendige positive Impulse zu geben, um dem Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit entschieden entgegenzutreten." Durch die anstehenden Wahlen zum Bundestag am 23. Februar besitzt Corporate Political Responsibility eine besondere Aktualität.
Allerdings, so zeigt die ARMID-Umfrage auch, sind einer politischen Artikulation Grenzen gesetzt. In erster Linie sollten Unternehmen, so 63 Prozent der befragten Aufsichtsräte, insbesondere jene politischen Themen adressieren, die einen direkten Einfluss auf das Unternehmen besitzen. Für eine weiter gefasste Vorstellung von Corporate Political Responsibility sprechen sich 29 Prozent der befragten ARMID-Mitglieder aus. Sie meinen, Unternehmen sollten sich grundsätzlich zu "gesellschaftspolitisch relevanten Themen" äußern. Lediglich fünf Prozent der Befragten halten an der Linie fest, dass sich Unternehmen "niemals" in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat zu politischen Themen äußern sollten.
Um sich auf sicherem Grund zu bewegen, sagen 36 Prozent der Befragten, dass es "klare interne Richtlinien" geben sollte, "wie und wann sich Aufsichts- und Beiratsmitglieder zu politischen Themen äußern dürfen". 32 Prozent halten derartige Richtlinien nur "in bestimmten Fällen" für notwendig. Klaus F. Jaenecke: "Es ist offensichtlich, dass hier ein großer Diskussionsbedarf auf die Kontrollgremien zukommt, der über die Befassung mit Corporate Social Responsibility hinausgeht. Was bislang eher aus der Hüfte erfolgt ist, beispielsweise im Vorfeld der Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern, wird in Zukunft strukturierter erfolgen. Wir stehen hier am Anfang der Entwicklung, dass sich Unternehmen und ihre Kontrollgremien stärker in wirtschafts-und gesellschaftspolitische Diskussionen einmischen. Der Rahmen dafür muss erst noch geschaffen werden."
Mittelständische Aufsichtsräte erkennen durchaus auch Risiken öffentlicher Stellungnahmen zu politischen Entwicklungen. Das größte Konfliktpotenzial sind "Konflikte mit Stakeholdern" (57 Prozent) gefolgt von "Abstrafungen vom Markt" (21 Prozent) und "Reputationsverlust" (13 Prozent). Das Problem liegt auf der Hand, so Klaus F. Jaenecke: "Es gibt ja kein relevantes Thema, bei dem es nicht mindestens zwei Meinungen gibt. Wer Farbe bekennt, wird damit automatisch auch Kritik auf sich ziehen."
Pressekontakt:
Kontakt: Klaus F. Jaenecke, k.jaenecke@armid.de
Medienkontakt: Dr. Klaus Westermeier Medienbüro, 0172-8433232, info@kwestermeier.de
Für weitere Informationen zum ARMID: https://armid.de/homeFür weitere Informationen zum ARMID: https://armid.de/home
Original-Content von: ARMID, übermittelt durch news aktuell