Bain-Studie zum Luxusartikelmarkt: Die sieben Gesichter der Luxuskäufer
München/Zürich (ots)
- Weltweit kaufen jährlich 330 Millionen Kunden Luxuswaren für 217 Milliarden Euro - Rund 45 Prozent der Luxuskunden stehen für weltweit 90 Prozent des Umsatzes - In Westeuropa lebt etwa ein Viertel der Luxuskunden - diese stehen jedoch nur für 17 Prozent des Markts - Jedes Jahr kommen zehn Millionen neue Luxuskäufer hinzu - Eine neue Generation von Konsumenten und eine ungeahnte Fragmentierung der Ansprüche und Verhaltensweisen sorgen für neue Käufertypen
In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Zahl der Konsumenten von Luxusartikeln weltweit mehr als verdreifacht: von rund 90 Millionen im Jahr 1995 auf 330 Millionen Ende 2013. Dies zeigt die Studie "Lens on the Worldwide Luxury Consumer" der internationalen Managementberatung Bain & Company, die auf der Befragung von 10.000 Konsumenten basiert.
Jedes Jahr erschließen zehn Millionen neue Kunden den Markt für Luxuswaren. Bis 2020 wird es weltweit rund 400 Millionen, bis 2030 an die 500 Millionen Luxuskonsumenten geben. Die Bain-Studie "Lens on the Worldwide Luxury Consumer" analysiert das Verhalten dieser Kunden und bringt große Unterschiede innerhalb des Luxusmarkts sowie der Kundensegmente zutage. Die traditionell eher homogene Gruppe der Luxuskonsumenten - bisher vor allem wohlhabende Kunden - entwickelt sich zu einer wesentlich breiteren und heterogenen Käuferschicht. "Luxuskunden werden in ihren Entscheidungen zunehmend individueller", sagt Josef Ming, Konsumgüterexperte und Partner bei Bain & Company. "Hersteller wie Händler müssen ihre Strategien weiterentwickeln, um sich im Markt nachhaltig zu behaupten. Was gestern exklusiv war, kann morgen schon als Mainstream gelten."
Die Bandbreite der heutigen Luxuskäufer ist groß. Rund 55 Prozent oder 180 Millionen Kunden wechseln permanent zwischen Luxuswaren und einfachen Premiumprodukten, kaufen zum Beispiel die Zweitlinien der Designermarken, Kosmetik oder Accessoires. Diese Gruppe steht für rund zehn Prozent des Marktvolumens oder für 150 Euro Ausgaben pro Kopf und Jahr. Etwa 45 Prozent oder 150 Millionen sind die echten Luxuskunden. Sie wenden regelmäßig einen Teil ihrer persönlichen Ausgaben für Topprodukte aller Art auf und machen 90 Prozent des Umsatzes aus. Pro Kopf geben sie durchschnittlich 1.250 Euro im Jahr für Luxusartikel aus. Dabei machen die ausgabenstärksten zehn Prozent beziehungsweise 15 Millionen Luxuskäufer mehr als die Hälfte des Umsatzes in der Branche aus.
Die Bain-Studie definiert sieben Kundensegmente - und legt den Fokus dabei insbesondere auf Geschmack und Kaufverhalten, weniger auf nationale Grenzen oder Generationen.
1. Die Alleskäufer stehen für 25 Prozent des Marktvolumens oder Ausgaben von 2.350 Euro pro Kopf und Jahr. Diese Käufergruppe ist neu im Luxussegment. Sie ist im Durchschnitt jünger als die anderen Kundensegmente und legt eine höhere Bereitschaft an den Tag, mit Produkten und Marken zu experimentieren. Sie besteht vornehmlich aus Frauen, die hochwertige Produkte wie Schmuck und Uhren favorisieren. Die Alleskäufer bevorzugen die markeneigenen Fachgeschäfte und kaufen gerne auf Reisen ein. Sie experimentieren mit neuen Marken und ihre Markentreue ist relativ gering. Dieses Verhalten ist typisch für chinesische Konsumenten aus Großstädten abseits der bekannten Metropolen.
2. Die Überzeugten stehen für 20 Prozent des Marktvolumens oder Ausgaben von 1.750 Euro pro Kopf und Jahr. Bei ihnen handelt es sich um gebildete Kunden der Generation X (34 bis 48 Jahre) und Y (13 bis 33 Jahre). Lederwaren und Uhren haben Priorität, zugleich ist diese Konsumentengruppe hochsensibel für die Unterschiede zwischen den Marken. Die Überzeugten kaufen häufig am Wohnort ein und lassen sich durch Informationen aus dem Internet und über soziale Medien lenken. Sie sind die Trendsetter in Chinas Metropolen und herrschen in westeuropäischen und nordamerikanischen Großstädten vor.
3. Die Investoren stehen für 13 Prozent des Marktvolumens oder Ausgaben von 1.450 Euro pro Kopf und Jahr. Diese Käufergruppe achtet besonders auf Qualität und Langlebigkeit von Luxusprodukten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Lederwaren und Uhren, die auch von Generation zu Generation vererbt werden können. Einkäufe werden sorgfältig recherchiert, Empfehlungen anderer Konsumenten spielen eine große Rolle. Zum Segment der Investoren gehören Japaner sowie Kunden aus dem Mittleren Osten und reifen Märkten.
4. Die Hedonisten stehen für zwölf Prozent des Marktvolumens oder Ausgaben von 1.100 Euro pro Kopf und Jahr. Sie lieben Luxus und das Erlebnis, Luxusprodukte zu kaufen. Auch haben sie eine hohe Affinität für Markenzeichen, kaufen vor allem Accessoires und sind durch Werbung beeinflussbar. Obwohl die Hedonisten ihr Interesse an Luxus gerne zur Schau stellen, finden sich in dieser Gruppe kaum offene Befürworter von Markenprodukten. Dieser Typus zieht sich durch alle Märkte und Generationen.
5. Die Konservativen stehen für 16 Prozent des Marktvolumens oder für Ausgaben von 1.000 Euro pro Kopf und Jahr. Es sind reifere Kunden - Männer und Frauen gleichermaßen -, die sich nicht als Trendsetter sehen. Sie favorisieren Schmuck und Uhren bekannter Marken, kaufen in Warenhäusern und lassen sich vor allem durch Empfehlungen von Freunden und Familienmitgliedern überzeugen. Die Konservativen finden sich insbesondere in reifen Märkten, aber auch in China.
6. Die Desillusionierten stehen für neun Prozent des Marktvolumens oder Ausgaben von 800 Euro pro Kopf und Jahr. Diese Konsumentengruppe umfasst in erster Linie die Babyboomer (49 bis 67 Jahre), die unter Luxusmüdigkeit leiden. Sie kaufen Lederwaren und Kosmetik und halten Ausschau nach Waren, die mehr als eine Saison überdauern. Auf die Desillusionierten haben Markenbotschaften oder Werbung kaum Einfluss. Sie konsumieren unregelmäßig und kaufen weitgehend im Internet. In diesem Segment finden sich vor allem Frauen aus den USA, Europa und Japan.
7. Die Neugierigen stehen für fünf Prozent des Marktvolumens oder Ausgaben von 500 Euro pro Kopf und Jahr. Diese vor allem weiblichen Konsumenten fahnden nach Einstiegsprodukten, speziell bei Kosmetik und Schuhen. Sie freuen sich über Erschwinglichkeit und mischen in der Regel Luxusprodukte mit Durchschnittswaren. Die Neugierigen sind Impulskäufer mit geringer Markenloyalität, stark beeinflusst von Freunden oder Modetrends. Sie gehören zur Mittelklasse und stammen vor allem aus den USA, aus Westeuropa und den neuen Käuferschichten Osteuropas.
Auch wenn sich manche dieser Konsumentengruppen in bestimmten Regionen häufen, finden sich Kunden aus jedem Segment in jedem wesentlichen Luxusgütermarkt der Welt. Rund um den Globus ist ein Zyklus zu beobachten - vom Enthusiasmus der Kunden in China und anderen Schwellenländern über die vorsichtigere Haltung der Konsumenten in reifen Märkten wie den USA oder Westeuropa bis hin zu der Distanziertheit, die älteren und den japanischen Kunden anhaften. Allerdings bestehen große nationale Unterschiede. In China beispielsweise sind die Konsumenten zunehmend reich an Nuancen und Facetten, die Bandbreite reicht vom hohen Anspruch an ein Luxuserlebnis bis hin zum Luxuseinsteiger. Zugleich sind die Chinesen insgesamt die großzügigsten Käufer. Rund die Hälfte ihrer Ausgaben entfällt auf Luxusgeschenke. In Westeuropa wiederum lebt jeder vierte Luxuskäufer. Diese rund 80 Millionen Konsumenten stehen jedoch nur für 17 Prozent der Luxusausgaben weltweit. Sie sind vor allem durch Langlebigkeit, Werthaltigkeit und Qualität der Produkte zu überzeugen.
Babyboomer dominieren
Die Bain-Studie zeigt auch, dass die Luxusmärkte der Welt mit 44 Prozent des Gesamtumsatzes noch immer fest in der Hand der Babyboomer liegen. Sie weisen deutlich andere Verhaltensweisen und Vorlieben auf als ihre Kinder - die Generation X mit einem Umsatzanteil von 36 Prozent. Jüngere Generationen und die Kunden von morgen haben nach wie vor eine positive Haltung zu Luxusartikeln, präsentieren sich aber mit den vielfältigsten Profilen: vom Neuling bis zum Experten, von klassisch bis schrill, vom Enthusiasten bis zum Lästerer. Angesichts des fragmentierten Geschmacks ist es schwierig, ein klares Bild zu zeichnen.
"Mit der Zeit nimmt die Kauflust vieler Luxuskunden eher ab", sagt Bain-Partner Ming. "Die Markenhersteller müssen daher ihre Kunden immer wieder neu begeistern, um sie zu halten. Evolution statt Revolution in der Markenentwicklung ist angesagt. Entscheidend für die Hersteller ist es, ihre Kundensegmente immer besser zu verstehen, um die richtigen Zielgruppen dauerhaft und loyal an sich zu binden."
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