Höchste Zeit zum Handeln: Mehrwegquote 2001 auf 62,5 % gefallen / Pflichtpfand auf Bier, Mineralwasser und C02-haltige Erfrischungsgetränke kommt noch in 2002
Berlin (ots)
Gemeinsame Presseerklärung
Coladosen, Bierbüchsen und PET-Einwegverpackungen verdrängen mit zunehmender Dynamik die ökologisch vorteilhaften Mehrwegflaschen. In einer heute in Berlin von Umweltorganisationen und Verbänden der mittelständischen Getränkewirtschaft vorgestellten Studie der GfK (Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung Nürnberg) ist die Mehrwegquote im laufenden Jahr bis September 2001 auf 62,5 % eingebrochen. Sie liegt damit bereits zehn Prozent unter der gesetzlichen Schutzquote von 72 %.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz wurde die Rot-Grüne Bundesregierung aufgefordert, zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein Pflichtpfand auszulösen. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte im August 2001 bestätigt, dass die Bundesregierung berechtigt ist, das Pflichtpfand auf bestimmte Getränkeeinwegverpackungen durch Veröffentlichung der Mehrwegquote für den Zeitraum Februar 1999 bis Januar 2000 auszulösen. Hiergegen hatten sechzehn große Unternehmen aus Industrie und Handel wie ALDI, METRO oder Karlsberg vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin Beschwerde eingelegt. Die in Berlin zusammengekommene "Allianz für Mehrweg" ist zuversichtlich, dass das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung der ersten Instanz in Kürze bestätigen wird. Ihr gehören folgende Organisationen an: Die Bundesverbände der mittelständischer Privatbrauereien e.V., des Deutschen Getränke-Einzelhandels, des Deutschen Getränkefachgroßhandels, der Stiftung Initiative Mehrweg sowie die Deutsche Umwelthilfe e. V.
Pflichtpfand nun auch für die Cola-Büchse
Während der augenblickliche juristische Streit sich um mögliche Fehlermargen der Mehrwegquote von 1997 dreht, haben Getränkeabfüller und Handel in diesem Jahr jede Rücksicht aufgegeben. Mit Dauertiefstpreisen und einseitigen Sonderaktionen für Einweggetränkeverpackungen wurde beispielsweise die 2-Liter-Limonadenflasche in Einweg-PET in den Markt gedrückt.
Innerhalb von nur 18 Monaten hat sich beispielsweise bei den alkoholfreien Getränken der Anteil von PET-Einwegflaschen vervierfacht. Lag der PET-Einweganteil im Januar 2000 noch bei 4,3%, so ist dieser bis Juni 2001 auf 16,5% explodiert. Besonders drastisch ist der Anstieg bei Limonaden (Anstieg von 4,3% auf 23%) bzw. bei Schorlegetränken (Anstieg von 6,7% auf 44,4%). Die Folge ist ein besonders drastischer Einbruch der Mehrwegquote bei den kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränken. Auch im Mineralwassermarkt boomten die Einweg-PET-Flaschen (Anstieg von 4,8 % auf 18,4 %).
Mehrverkauf Bierdose (0,5 Liter) bis September 2001 knapp 100 Mio. Dosen
Die Bierdose legte im Jahr 2001 wiederum in erheblichem Umfang zu. Obwohl der deutsche Bierabsatz lt. GfK bis August um 2,4 % rückläufig war, wuchs der Absatz der 0,5-Liter-Dose um 6,3 % oder 93,92 Millionen Stück.
Insbesondere in den Bundesländern, die sich im Juli bei der Bundesratsentscheidung gegen die Novelle der Verpackungsverordnung aussprachen, wuchs der Dosenanteil überproportional. So legte die 0,5-Liter-Büchse in Baden-Württemberg um 23,8 Prozent, in Bayern um 10,6 % und in Rheinland-Pfalz/Saarland um 22,3 Prozent zu. Auch Nordrhein-Westfalen verzeichnete ein Wachstum der Dose um 9,3 %. Bundesweit liegt der Marktanteil nunmehr bei über 26%. Trauriger Spitzenreiter ist die Bundeshauptstadt, die bereits einen Marktanteil der Halbliterdose von 45,1 % verzeichnet.
Vom Handel zugesagte Mindestabfüllmenge in Mehrweg bereits deutlich unterschritten
Die von den großen Handelsunternehmen noch im Sommer 2001 angebotene freiwillige Mindestabfüllmenge von 21,5 Milliarden Litern in Mehrweg wird durch die aktuelle Marktentwicklung ad absurdum geführt, da diese Abfüllmenge bereits zum Zeitpunkt der Zusage deutlich unterschritten war. Nach Einschätzung der Verbände wird die Menge in Mehrweg abgefüllter Getränke im Jahr 2001 bei lediglich knapp über 20 Milliarden Liter liegen - Tendenz stark fallend. Somit hatte der Bundesratsbeschluss vom 13. Juli 2001 nie eine Basis, da die betroffenen Wirtschaftsbereiche zu keinem Zeitpunkt die Absicht hatten, ihre gegebenen Zusagen einzuhalten. Das konzertierte Jammern um das Pflichtpfand erweist sich vor der Tatsache, dass es für die betroffenen Wirtschaftskreise ein Leichtes gewesen wäre, die 72%-Quote der Verpackungsverordnung einzuhalten, als reife schauspielerische Leistung. Fakt ist, dass die Quote heute bei 62,5% liegt und derzeit die Erosion der Mehrwegsysteme erfolgt.
Dies wird nach Einschätzung der in Berlin angetretenen Verbände durch die für Anfang 2002 angekündigte Veröffentlichung der Nacherhebungszahlen für 1998 bestätigt werden, die den Zeitraum Mai 2000 bis April 2001 umfassen. Angesichts des aktuellen Einwegwachstums bei C02-haltigen Erfrischungsgetränken wird diese Veröffentlichung die Pfandpflicht nicht nur für Bier und Mineralwasser, sondern auch für Süßgetränke auslösen.
Die mittelständischen Getränkeverbände und Umweltorganisationen sehen nach wie vor keine Alternative zum Pfandpflicht auf Einweggetränkeverpackungen. Dieses Instrument sei ökologisch begründet und zielführend, wirtschaftlich vertretbar und im Sinne des Vertrauensschutzes für getätigte Milliarden-Investitionen dringend geboten. Insbesondere gegen die Vermüllung der Landschaft gibt es keine Alternative: Mit drei bis vier Milliarden Stück landet momentan jede dritte Getränkedose und Einwegflasche in der Landschaft bzw. in privaten und öffentlichen Restmüllbehältern. Nicht zuletzt die mit dem Mehrwegsystem in Deutschland verbundenen 250.000 Arbeitsplätze führen nach wie vor zu sehr hohen Zustimmungsraten in der Bevölkerung für das Dosenpfand.
Für Rückfragen: Günther Guder, Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V. Humboldtstr. 7, 40237 Düsseldorf, Tel. mobil: 0172 2424950, Tel. 0211/683938, Fax. 0211/683602, Email: GFGH_Verbaende@compuserve.com
Wolfgang Brügel, Verband des Deutschen Getränke-Einzelhandels e.V. Laufamholzstraße 314a, 90482 Nürnberg, Tel. 0911/502665, Fax. 0911/5048154
Roland Demleitner, Bundesverband mittelständischer Privatbrauereien e.V. Justus-Staudt-Straße 2, 65555 Limburg, Tel. mobil: 0171 5311444, Tel. 06431/52048, Fax. 06431/53612, Email: roland.demleitner@oms.de
Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe e.V. Güttinger Str. 19, 78315 Radolfzell, Tel. mobil: 0171 3649170 Tel. 07732/9995-0, Fax. 07732/9995-77, Email: info@duh.de
Clemens Stroetmann, Stiftung Initiative Mehrweg Rathingstraße 3, 30559 Hannover, Tel. 0511/5199646, Fax. 0511/5199647, Email: Stiftung-Initiative-Mehrweg@t-online.de
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