Geiz ist blöd und gefährdet Ihr Klima
Berlin (ots)
Media Markt missachtet fortgesetzt Verbraucher- und Klimaschutzregelungen - Deutsche Umwelthilfe zieht wegen Verstößen bei der Energiekennzeichnung erneut gegen Media Markt-Filiale vor Gericht - Ein Jahr nach Beginn der Diskussion sind ökologische Fortschritte in der Produktpalette der Elektrogeräteketten Media Markt und Saturn nicht zu erkennen - Billigprodukte belasten Umwelt und Geldbörse
01. Dezember 2006: Ein Jahr nach den ersten Musterklagen der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) gegen zwei Berliner Filialen der Elektrogeräteketten Media Markt und Saturn verschärft sich die Auseinandersetzung um die korrekte Energieverbrauchskennzeichnung und das Billig-Sortiment der Marktführer. In Berufungsverfahren stemmen sich die betroffenen Filialen, die beide zum Metro-Konzern gehören, weiterhin gegen ihre vor dem Landgericht Berlin erlittenen Niederlagen. Gleichzeitig stellte die DUH kürzlich im Rahmen stichprobenartiger Testbesuche in der Media Markt Filiale Esslingen erneut massive Verstöße gegen die gesetzlich vorgeschriebene Energieverbrauchskennzeichnung fest. Das Unternehmen hat am gestrigen Donnerstag die Unterzeichnung einer entsprechenden Unterlassungserklärung verweigert. Die DUH wird daher in den kommenden Tagen beim Landgericht Stuttgart den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen.
Die Energieverbrauchskennzeichnung von Kühl- und Gefriergeräten, Waschmaschinen oder Wäschetrocknern (so genannte "weiße Ware") soll es den Kunden bei ihrer Kaufentscheidung erleichtern, ressourcenschonende und klimafreundliche Geräte zu erwerben. Darüber hinaus würde mit einer konsequenten Kennzeichnung ein Anreiz für Haushaltsgerätehersteller zur Entwicklung energieeffizienterer und sparsamerer Geräte geschaffen.
"Während das Einrichtungshaus Ikea und andere Elektroketten von der DUH festgestellte Verstöße bei der Energieverbrauchskennzeichnung unverzüglich abgestellt haben, verstoßen Filialen von Media Markt uneinsichtig weiter gegen die Kennzeichnungspflicht. Gleichzeitig geht "Ich-bin-doch-nicht blöd"-Anwalt Joachim Steinhöfel rabiat gegen mittelständische Konkurrenten vor", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Da gelte "die alte Volksweisheit: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen". Resch verwies auf entsprechende Medienberichte (z. B. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 5. November 2006), wonach hunderte Konkurrenten von Media Markt mit "bösartigen Methoden" verfolgt würden und legte beispielhaft einen von der DUH dokumentierten Fall in München von Ende Juli vor.
Die Media-Markt-Filiale in München-Solln hatte mit knapper Fristsetzung "aufgrund Eilbedürftigkeit" und unter Zugrundelegung eines hohen Streitwerts von 50.000 Euro von einem Elektrohändler die Korrektur der Energieverbrauchskennzeichnung verlangt. Da es offenbar hunderte vergleichbarer Abmahnverfahren gebe, in denen die Media Markt-Filialen alle aus der Kanzlei des Rechtsanwalts und "Media-Markt-Reporters" Joachim Steinhöfel vertreten werden, handele es sich erkennbar um eine Kampagne des Marktführers.
"Die DUH ist fast versucht, sich für die Unterstützung beim Klimaschutz durch Anwalt Steinhöfel zu bedanken. Leider drängt sich der Verdacht auf, als gehe es ihm nicht um Wettbewerbsrecht und schon gar nicht um Klimaschutz, sondern um den Versuch einer Marktbereinigung", so Resch. Angesichts dieser Praktiken müssten sich die Saturn- und Media Markt Filialen ihrerseits auf genaueste Kontrollen gefasst machen. Gerade im umsatzstarken Vorweihnachtsgeschäft werde die DUH bundesweit - auch bei anderen Elektrogerätehändlern - Testbesuche vornehmen, im Fall von Verstößen konsequent juristische Schritte einleiten und die betroffenen Unternehmen im Internet auf bewährte Weise auf die "DUH-Schmuddelliste" setzen.
Die beiden Ende 2005 in Berlin von der DUH verklagten Media Markt- und Saturn-Filialen hatten seinerzeit zwar ihre Energiekennzeichnung noch vor den Urteilen des Landgerichts Berlin korrigiert. Auch bundesweit hatten sich viele Filialen beider Ketten nach Erkenntnissen der Umwelt- und Verbraucherschützer verstärkt um eine korrekte Kennzeichnung bemüht. Doch galt und gilt dies - wie der Fall Esslingen zeigt - bis heute nicht für alle Geschäfte der Elektroketten.
"Keinerlei Fortschritte" seien bei den Media- und Saturn-Märkten leider bezüglich ihrer Marketingstrategie erkennbar, sagte Cornelia Ziehm, die Leiterin Verbraucherschutz und Recht bei der DUH. "Wir erleben die unbeirrte Fortsetzung der Geiz-ist-geil-Masche, obwohl inzwischen klar sein müsste, dass gerade Billigprodukte wegen ihres unnötig hohen Energieverbrauchs nicht nur das Klima belasten, sondern dem Kunden auf Dauer auch noch teuer zu stehen kommen."
Eine von der DUH durchgeführte Analyse des bei einem Dutzend Media Markt- und Saturn-Filialen durchschnittlich angebotenen Sortiments an Kühlgeräten (Kühlschränke und Kühlgefrierkombinationen) kommt zu dem Ergebnis, dass nur etwa ein Drittel der Produkte den beiden oberen Effizienzklassen A++ und A+ zuzurechnen ist. Die beste Effizienzklasse A++ weist sogar nur etwa ein Prozent der Geräte auf. Offensiv in Zeitungsbeilagen etc. beworben werden nach DUH-Beobachtungen gegenwärtig Kühlgeräte der lediglich drittbesten Effizienzklasse A. "Die sind statt ´sau, sau, sau, saubillig´, tatsächlich im Verbrauch sau, sau, sauteuer", sagte Ziehm unter Hinweis auf die aktuelle Werbung bei Media Markt. Das sei alles andere als ´geil´: Kühlgeräte der Energieeffizienzklasse A++ verbrauchen 45 - 50 % weniger Strom als vergleichbare Geräte der Klasse A.
Ziehm erinnerte die Manager der Media-Saturn-Holding daran, dass sie sich zu Beginn der Auseinandersetzung mit der DUH gebrüstet hätten, gerade ihre Elektrogeräteketten gehörten zu den "Marktbereitern für umweltschonende Produkte". Tatsächlich hätten die Unternehmen inzwischen eine Kooperation mit der Deutschen Energie Agentur (dena) aufgenommen, allerdings ohne dass sich dies spürbar auf die Produktpalette oder auf die Qualität der Beratung ausgewirkt hätte. Ziehm: "Wir wollen das Ende der Geiz-ist-geil-Ära und die Wende hin zu einem Qualitäts-Marketing, das dem Klima hilft und den Kunden, über die Gerätelebenszeit gerechnet, nicht mehr kostet. Davon versprechen wir uns auch eine Signalwirkung über den Bereich der Elektrogeräte hinaus."
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Dr. Cornelia Ziehm, Deutsche Umwelthilfe e.V., Leiterin
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Dr. Gerd Rosenkranz, Deutsche Umwelthilfe e.V., Leiter Politik,
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