"Edinburgh"-Patent nach Anhörung im Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt eingeschränkt
München (ots)
Ergebnis der mündlichen Verhandlung zum "Edinburgh"-Patent vom 22. - 24. Juli in München
Das vieldiskutierte "Edinburgh"-Patent soll in geändertem Umfang aufrechterhalten werden, aber keine menschlichen bzw. tierischen embryonalen Stammzellen mehr umfassen. Dies hat die zuständige Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts (EPA) nach einer dreitägigen öffentlichen Anhörung im Einspruchsverfahren heute entschieden.
Die Einspruchsabteilung vertrat die Auffassung, dass das erteilte Patent sowohl die Erfordernisse des Artikels 83 als auch des Artikels 53 (a) in Verbindung mit der Regel 23d (c) des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) nicht ausreichend erfüllt. Nach Artikel 83 ist die Erfindung so vollständig zu beschreiben, dass ein Experte sie ausführen kann. Regel 23d (c) schliesst die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken von der Patentierbarkeit aus.
Die Einspruchsabteilung wies auf ihre veröffentlichte Mitteilung vom 14.4.2000 hin, worin bereits ausgeführt worden war, dass das Klonen von Menschen und Tieren niemals Gegenstand dieses Patents war. Des weiteren war bereits lange vor Ende der Einspruchsfrist durch eine freiwillige Einschränkung des Patents seitens der Patentinhaberin die Keimbahnintervention am Menschen vom Patentumfang unmissverständlich ausgeschlossen worden.
Die Einspruchsabteilung betonte, bei ihren Entscheidungen an das EPÜ sowie an das geltende internationale und europäische Recht, darunter die Biopatentrichtlinie der EU, gebunden zu sein. Dementsprechend sei Grundlage der heutigen Entscheidung das EPÜ, nicht jedoch nationales Recht, wie zum Beispiel das deutsche Embryonenschutzgesetz.
Im "Edinburgh"-Fall hat sich das im EPÜ verankerte Einspruchsverfahren erneut als wirksames und transparentes Rechtsmittel zur Überprüfung der vom EPA erteilten Patente erwiesen. Das Ergebnis dieser Verhandlung kann von den Beteiligten in zweiter Instanz vor einer Technischen Beschwerdekammer des EPA angefochten werden. Die schriftliche Begründung der Entscheidung der Einspruchsabteilung wird in einigen Monaten veröffentlicht werden.
Hinweise für Journalisten
1. Beim "Edinburgh"-Patent handelt es sich um das europäische Patent EP 0695351 mit der Bezeichnung "Isolierung, Selektion und Vermehrung von tierischen Transgen-Stammzellen". Die Patenterteilung hatte zu heftigen Protesten und zu einer intensiven öffentlichen Diskussion über die Patentierung von Stammzelltechnologie geführt.
Das Streitpatent bezieht sich auf ein Verfahren, mit dem - u. a. embryonale - Stammzellen mittels eines gentechnischen Eingriffs von differenzierteren Zellen in einer Zellkultur getrennt werden, so daß man reine Stammzellkulturen erhält. Die öffentliche Diskussion galt vor allem der Frage, ob das erteilte Patent auch den Menschen umfaßt.
2. Die mündliche Verhandlung ist Bestandteil des im Europäischen Patentübereinkommen vorgesehenen Einspruchsverfahrens. Dieses Rechtsmittel erlaubt es jedermann, europäische Patente anzufechten. Einspruch wird gegen rund 6 % der jedes Jahr erteilten europäischen Patente eingelegt. Die Einspruchsfrist endet neun Monate nach der Patenterteilung. In einem speziellen, gerichtsähnlichen Verfahren zwischen dem Patentinhaber und den Einsprechenden entscheidet die Einspruchsabteilung des EPA als unparteiischer Schiedsrichter, ob das angefochtene Patent aufrechterhalten, geändert oder widerrufen wird. In der Edinburgh-Sache bestand die Einspruchsabteilung aus drei Patentprüfern und einem Juristen.
3. Nähere Auskünfte erteilt:
Rainer Osterwalder, Pressestelle des Europäischen Patentamts, D-80298 München
Telefon: (+49-89) 2399-5012 Fax: (+49-89) 2399-2850 Handy: (+49-173) 9461630
E-Mail: rosterwalder@epo.org
4. Hintergrundmaterial und Pressemitteilungen zu dieser Sache sowie allgemeine Informationen zum EPA finden Sie auf der Homepage des Europäischen Patentamts:
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