Der Tagesspiegel: Fischer: USA sollten jetzt dem Internationalen Strafgerichtshof beitreten
Berlin (ots)
Berlin. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hat mit Blick auf den Folterskandal im Irak an die amerikanische Regierung appelliert, nicht nur die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sondern auch das Abkommen über den Internationalen Strafgerichtshof zu unterzeichnen. Ein Beitritt zu dem Pakt wäre "ein wichtiger Schritt und ein positives Signal", um die Bindung der USA an das Recht zu demonstrieren und damit auch ihre moralische Glaubwürdigkeit wieder herzustellen, sagte Fischer dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel (Donnerstagausgabe). Alle politischen Kräfte in Deutschland hätten ein Interesse daran, "dass Amerika seine moralische Führungsqualität in seiner Kernsubstanz als die normative Dominante des Westens" wieder herstelle. "Das ist unbedingt notwendig, sonst wird dauerhafter, großer Schaden entstehen", sagte der Minister. Zur Entwicklung im Irak äußerte sich Fischer sehr skeptisch: "Die positiven Optionen verengen sich mehr und mehr." Einen militärischen Einsatz der Europäer im Irak lehnte Fischer ab: "Das würde wenig helfen", sagte er: "Jeder westliche Soldat wird im Irak als Besatzer angesehen." Die Europäische Union sei allerdings nach dem Skandal um die Folterbilder im Nahen Osten stärker gefordert. "Die Anforderungen an Europa nehmen gewaltig zu, vor allem in einer Region, die unsere Sicherheit so unmittelbar berührt." Der Minister fügte hinzu: "Bedauerlicherweise sind wir Europäer noch nicht in der Verfassung, in der wir sein müssen, um unsere außenpolitische Rolle, etwa im Nahen Osten, auzufüllen." Fischer warf CDU-Chefin Angela Merkel vor, sie sei aus parteitaktischen Erwägungen nicht bereit, die falsche Haltung der CDU zum Irak-Krieg zu korrigieren. "Da hat Angela Merkel Angst, dass ihre Rivalen das Eingeständnis eines Fehlers sofort im Kampf um die Kanzlerkandidatur einsetzen würden", sagte der Vizekanzler: "Außenpolitik kann man so jedenfalls nicht machen." Merkel habe gegenüber den USA "nicht den Mut gehabt, einem Freund zu erklären, dass er einen Fehler macht".
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel
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