Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Raubbau im Amazonas: Recht und Realität klaffen auseinander
Raubbau im Amazonas:
- Umstrittene Exekutiv-Anordnung ausgesetzt
- Keine Zwangsräumungen während der Pandemie
- Illegale Entwaldung und Bergbau deutlich gestiegen
- Covid-19-Todesopfer bei 30 verschiedenen indigenen Völkern
Edson Fachin, Minister des Obersten Gerichtshofs (STF) in Brasilien, hat am vergangenen Donnerstag eine umstrittene Exekutiv-Anordnung aus dem Jahr 2017 ausgesetzt. Die Anordnung 001/2017 hat es indigenen Völkern erschwert, ihre traditionellen Gebiete rechtsgültig zu beanspruchen und vor Raubbau zu schützen. "Die Verfügung des Ministers wird dem mächtigen Agrobusiness und der Regierung Bolsonaro sehr missfallen", erklärt Juliana Miyzaki, Referentin für Indigene Völker bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Sie hatten die Anordnung immer wieder benutzt, um die Demarkation indigener Gebiete zu verhindern oder rückgängig zu machen." Die selbe Verfügung verhindere zudem Zwangsräumungen und Vertreibungen Indigener von ihrem Land bis zum Ende der Pandemie.
Auf den ersten Blick weise das Urteil in eine positive Richtung. "Natürlich ist eine solche Verfügung nur soweit hilfreich, wie sie auch geachtet und befolgt wird", ergänzt Miyazaki. Auch Entwaldung und Bergbauaktivitäten auf indigenen Territorien seien gesetzlich verboten. "Aber im Schatten der Pandemie nehmen Invasionen auf indigene Gebiete weiter zu", so Miyazaki. "Eindringlinge kommen, um Holz zu fällen, Gold zu schürfen und Rinderherden anzusiedeln." Die Entwaldungsrate auf indigenem Territorium sei während der Pandemie um 59 Prozent gestiegen, Bergbauaktivitäten um 45 Prozent.
Der Kampf der Indigenen in Brasilien für ihre Rechte und Widerstand gegen Übergriffe gingen unter erschwerten Bedingungen unvermindert weiter. Am Wochenende trafen sich Gesandte nationaler und internationaler Organisationen auf einer zweitägigen Online-Sitzung. Sie diskutierten unter anderem über die Lage indigener Völker in Brasilien und Strategien gegen die Ausbreitung des Coronavirus. Indigene haben kaum Zugang zum Gesundheitssystem. Es mangelt an Ausrüstung und Medikamenten. "Außerdem versuchen die Behörden, die gravierenden Auswirkungen der Pandemie auf indigene Völker kleinzureden", berichtet Miyazaki. "Die Indigenenorganisation APIB berichtet über 64 Todesopfer in 30 verschiedenen Völkern. Die staatlichen Behörden zählen allerdings nur 15 Todesfälle unter den Indigenen." Indigene in den Städten würden nicht als solche gezählt. Das betreffe etwa die Hälfte aller Indigenen im Land.
Sie erreichen Juliana Miyazaki unter j.miyazaki@gfbv.de oder 0551 49906-23.
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