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Covid-19 in Brasilien: Indigene helfen sich selbst - gegen den Willen der Regierung

Covid-19: Brasiliens Indigene helfen sich selbst:

  • Indigener Dachverband veröffentlicht regelmäßig Zahlen
  • Sterberate unter Indigenen viel höher als in der Gesamtbevölkerung
  • Indigene überwachen Zugang zu Territorien mit Kontrollpunkten
  • Illegale Eindringlinge schleppen das Virus weiter ein

Seit letzter Woche hat das Gesundheitsministerium Brasiliens das Format für die Veröffentlichung der aktuellen Corona-Infektionszahlen ständig geändert. Gesamtzahlen wurden verborgen und nur noch die neu registrierten Infizierten und Todesopfer der letzten 24 Stunde bekanntgegeben. Am Sonntag, den 7. Juni, gab die Behörde sogar zwei verschiedene Werte bekannt. Das Gesundheitsministerium entfernte auch die Daten, die die Entwicklung der vergangenen Monate aufzeigte. Aufgrund zahlreicher Proteste kündigte die Regierung an, wieder detaillierte Daten zu der Pandemie zu veröffentlichen. Die Johns-Hopkins-Universität meldet heute, dass Brasilien mit über 32.000 Neuinfektionen den weltweit höchsten Wert aufweist.

"Unabhängig von der Politik der Hauptstadt ermitteln indigene Organisationen weiter Infektions-und Todeszahlen. Der Dachverband der Indigenen Völker Brasiliens APIB trägt sie zusammen und veröffentlicht sie regelmäßig", berichtet Juliana Miyazaki, Referentin für indigene Völker bei der Gesellschaft für bedrohte Völker. Danach haben sich bisher 2600 Indigene aus 94 Völkern infiziert. Die Zahl der Todesfälle unter den indigenen Völkern Brasiliens stieg bis zum am 8. Juni auf 247. Das entspricht einer Fallsterblichkeit von etwa 9,5 Prozent - nach wie vor fast das Doppelte der landesweiten Rate von gut 5 Prozent. Die staatliche Behörde zählt dabei nur 85 indigene Todesfälle.

"Um die Verbreitung der Pandemie in ihren Gemeinschaften zu verhindern, haben sich viele Indigene in ihre Territorien zurückgezogen und überwachen den Zugang an eigens eingerichteten Kontrollpunkten", erklärt Miyazaki. Die FUNAI spricht sich gegen die Kontrollpunkte aus. "Trotzdem dringen weiter Menschen illegal in die Gebiete ein, um Holz zu fällen, Gold zu schürfen, zu jagen oder das Land zu besetzen. Auch für unerlaubten Tourismus und Handel werden die Barrieren umgangen oder durchbrochen. So gelangt das Virus trotz aller Bemühungen immer wieder in indigene Gebiete."

Am Sonntag gingen Tausende von Menschen in über 20 Städten auf die Straßen, um gegen Bolsonaros Politik, gegen Faschismus und Rassismus zu protestieren. "Indigene, die in den Städten leben, haben vielfach ebenfalls protestiert", so Miyazaki. "Denn sie sind schon immer Opfer von institutionellem Rassismus, Diskriminierung, Marginalisierung und Gewalt. Jetzt werden sie durch die Pandemie und zusätzlich die Vernachlässigung der Regierung bedroht." Die Indigenenschutzbehörde FUNAI, die sich ganz in den Dienst Bolsonaros gestellt habe, hätte bisher nur 30 Prozent der für die Bekämpfung der Pandemie verfügbaren Mittel ausgeschöpft. Umgerechnet sollten die Indigenen fast 3,8 Millionen Euro an staatlicher Unterstützung bekommen.

Sie erreichen Juliana Miyazaki unter j.miyazaki@gfbv.de oder 0551 49906-23.

Gesellschaft für bedrohte Völker
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Tel.: +49 551 499 06-21
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E-Mail:  info@gfbv.de
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