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Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)

Abkommen mit Namibia: Deutschland laviert sich aus dieser Verantwortung

Abkommen mit Namibia:

  • Vermeidet den Begriff der Reparation und relativiert den Begriff des Genozids
  • Zahlungen erwecken den Anschein von Entschädigung, gehen aber nicht an die Geschädigten
  • Genozid-Konvention fordert klar, dass jeder Völkermord geahndet werden muss

In ihren Verhandlungen zu Zahlungen für den Völkermord an den Herero und Nama ignoriert die Bundesrepublik nicht nur die Nachkommen der Opfer: Auch die eigentlich einschlägige UN-Richtlinie findet keine Beachtung, kritisiert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). „Eigentlich muss Deutschland als Entschädigung für den Genozid Reparationsleistungen zahlen, und zwar direkt an die Nachkommen der Opfer“, bekräftigte Nadja Grossenbacher, GfbV-Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung am heutigen Donnerstag in Göttingen. „Die Bundesrepublik laviert sich aus dieser Verantwortung, indem sie den Begriff der Reparation vermeidet und den Begriff des Genozids relativiert. Sie tut damit so, als hätte das internationale Völkerrecht hier keine Bedeutung.“

Um nach außen hin einen tatsächlichen Willen zur Aufarbeitung zu präsentieren, biete der deutsche Staat dem namibischen Staat derzeit eine Summe an, die den bisher gezahlten Geldern im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit gleicht – gestreckt über einen Zeitraum von 30 Jahren. „Hier werden lediglich Zahlungen umdeklariert, um den Anschein von Entschädigung zu erwecken – freilich, ohne dass bei den Geschädigten unmittelbar etwas davon ankäme“, erklärte Grossenbacher. „Tatsächliche Reparationen müssten nämlich direkt an die Nachkommen der Opfer gezahlt werden. Die deutschen Gelder gehen aber an den namibischen Staat.“ In der UN-Richtlinie über Reparationszahlungen (Resolution 2005) ist das nur für den Fall vorgesehen, dass dieser Staat die Opfer oder ihre Nachkommen seinerseits bereits entschädigt hat.

Die Bundesregierung behauptet zudem, die auch von Deutschland unterzeichnete Genozid-Konvention von 1948 sei für einen Völkermord, der zwischen 1904 und 1908 verübt wurde, nicht einschlägig. „Allerdings besagt die Konvention, dass jeder Genozid bestraft werden muss. Eine zeitliche Grenze ist darin nicht vorgesehen“, so Grossenbacher. Zudem sei zu befürchten, dass das Abkommen mit Namibia als Präzedenzfall dienen soll, um den Nachkommen der Opfer anderer Genozide ebenfalls Reparationszahlungen vorzuenthalten.

Die Deklaration der Zahlungen als Mittel der Entwicklungszusammenarbeit hat für die Bundesregierung den zusätzlichen Vorteil, dass sie die Gelder in ihr 0,7-Prozent-Ziel einrechnen kann. Die Bundesrepublik hat sich nämlich verpflichtet, jährlich 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in Entwicklungszusammenarbeit zu investieren. „Das Abkommen, das nun am 7. September im namibischen Windhoek unterzeichnet werden soll, ist für den deutschen Staat also äußerst vorteilhaft: Es verursacht überschaubare Kosten, gestreckt über einen sehr langen Zeitraum, es bringt die Regierung einem selbstgesteckten Ziel näher und es verhindert echte Reparationszahlungen“, fasste Grossenbacher zusammen. „Für die Leidtragenden des Völkermordes bedeutet es eine erneute Bevormundung. Sie verlieren jeden künftigen Anspruch auf finanziellen Ausgleich in einem Verhandlungsprozess, an dem sie nicht wirklich beteiligt wurden.“

Sie erreichen Nadja Grossenbacher unter n.grossenbacher@gfbv.de oder 0551/49906-27.

Gesellschaft für bedrohte Völker
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Tel.: +49 551 499 06-21
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