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Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)

Eskalation der Gewalt gegen indigene Gemeinschaften in Brasilien: „Unabhängige Untersuchung von Todesfällen notwendig“

Der Tod von zwei Mitgliedern der Guarani-Kaiowá in Brasilien in diesem Monat verdeutlicht laut der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die dramatische Eskalation der Gewalt gegen indigene Gemeinschaften. Am 18. September wurde ein 23-jähriger Mann in der Gemeinde Antônio João im Bundesstaat Mato Grosso do Sul von der Polizei erschossen, nur wenige Tage später, am 23. September, wurde ein 16-Jähriger tot aufgefunden. Laut der Polizei handelt es sich beim Tod des 16-Jährigen um einen Unfall, indigene Vertreter vermuten jedoch eine vorsätzliche Tötung. In der Gemeinde Antônio João kommt es aktuell immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der indigenen Gemeinschaft, Landwirten und der Polizei.

„Seit der Verabschiedung eines Gesetzes im Dezember 2023, das indigene Landrechte stark einschränkt, haben die Angriffe auf die indigenen Gemeinschaften in Brasilien deutlich zugenommen. Eine unabhängige Untersuchung dieser und weiterer Todesfälle ist dringend notwendig“, sagt Eliane Fernandes, GfbV-Referentin für Indigene Völker*. „Diese Morde sind keine Einzelfälle, sondern Ausdruck einer systematischen Praxis des kriminellen Agribusiness, das durch die Untätigkeit des brasilianischen Staates legitimiert wird“, erklärt der Dachverband der Indigenen Völker Brasiliens (APIB).

„Die anhaltende Gewalt gegen indigene Gemeinschaften darf von der brasilianischen Regierung und dem Obersten Gerichtshof nicht weiter ignoriert werden. Die kriminellen Aktivitäten der Agrarwirtschaft, des Drogenhandels und des illegalen Bergbaus auf indigenen Gebieten müssen gestoppt werden“, fordert Fernandes. Die deutsche Regierung müsse ihre bilateralen Beziehungen zu Brasilien kritisch prüfen und sich aktiv für die Einhaltung der Rechte Indigener Völker einsetzen. „Agrar-Produkte und Rohstoffe aus Brasilien, die auf Kosten der Menschenrechte der indigenen Gemeinschaften produziert wurden, dürfen nicht weiter importiert werden“, betont die Menschenrechtsaktivistin.

Im Dezember 2023 wurde in Brasilien ein Gesetz verabschiedet, das die Anerkennung indigener Territorien auf jene Gebiete begrenzt, die zum Stichtag der Verkündung der Verfassung 1988 besiedelt waren. Obwohl der Oberste Gerichtshof Brasiliens das als „Marco Temporal“ bekannte Gesetz für verfassungswidrig erklärte, verabschiedete der brasilianische Kongress es im Dezember 2023 und hob ein Präsidialveto auf. Rechte Politiker versuchen, diese Gesetzesänderung in die Verfassung aufzunehmen. Ein entsprechender Verfassungsänderungsvorschlag (PEC 48/2023) wurde eingereicht. „Dieser Vorschlag ist ein direkter Angriff auf die Grundrechte indigener Gemeinschaften und begünstigt Veränderungen oder Invasionen in bereits demarkierte indigene Territorien“, warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker.

Sie erreichen Eliane Fernandes unter e.fernandes@gfbv.de.

* Die Großschreibung von „Indigen“ in „Indigene Völker“ würdigt den kulturellen und historischen Kontext dieser Bezeichnung. Durch die Großschreibung wird der spezifische Status der Völker, ihre Einzigartigkeit sowie ihre kollektiven Rechte betont.

Gesellschaft für bedrohte Völker
Pressereferat
Sarah Neumeyer
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