Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Rücktritt des serbischen Premierministers Manöver für den Machterhalt des Präsidenten
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert den gestrigen Rücktritt des serbischen Premierministers Miloš Vučević als durchschaubares Manöver von Präsident Aleksandar Vučić, um trotz anhaltender Proteste seine Macht zu sichern: „Seit dem Einsturz des Vordachs am rekonstruierten Bahnhof in Novi Sad im November 2024, bei dem 15 Menschen ums Leben kamen, reißt die Welle der Empörung in Serbien nicht ab. Was als studentischer Protest begann, hat sich zu einer landesweiten Bürgerbewegung entwickelt, die Vučićs Macht ernsthaft bedroht“, erklärte Jasna Causevic, GfbV-Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung heute in Göttingen. „Die Demonstrierenden prangern die tief verwurzelte Korruption, die systematische Manipulation von Wahlen und die Unterdrückung politischer Gegner durch das Regime der sogenannten Fortschrittspartei an, das Serbien seit 12 Jahren durch Einschüchterung und Desinformation regiert.“
In mehr als 150 Städten gehen seit Wochen täglich Tausende auf die Straßen. Der serbische Journalist Dinko Gruhonjić, der im vergangenen Dezember den Menschenrechtspreis der Stadt Weimar erhielt, zeigte sich bei seiner Dankesrede dort beeindruckt von den anhaltenden Protesten: „Besonders auffällig und ermutigend ist die Tatsache, dass bei den größten Demonstrationen in der Geschichte Novi Sads mit Zehntausenden Teilnehmern die überwiegende Mehrheit junge Menschen waren. Die Absetzung des kriminellen Regimes ist eine grundlegende Voraussetzung, nicht nur um den Zusammenbruch der serbischen Gesellschaft aufzuhalten, sondern auch um Frieden und Stabilität in der Region des Westbalkans zu erreichen, deren größter Destabilisator das Regime von Aleksandar Vučić ist.“
Angesichts dieses Widerstands versucht Vučić, durch den taktischen Rücktritt von Vučević Zeit zu gewinnen, um die Protestierenden zu zermürben. In 30 Tagen müssen laut Verfassung Neuwahlen ausgeschrieben werden. Die GfbV erwartet massive Manipulationsversuche seitens der Regierung. Sie weist bereits seit Jahren gemeinsam mit serbischen Menschenrechtsorganisationen auf die systematische Verfolgung von Regimekritikern und die nationalistische Radikalisierung hin. Damit verfolgt Vučić das Ziel einer großserbischen Expansion und schürt neue Konflikte auf dem Westbalkan. „Dennoch bleibt die Kritik aus der EU bisher zögerlich. Statt klare Forderungen an Vučić zu stellen, wird er als stabiler Partner hofiert, insbesondere bei wirtschaftlichen Projekten wie dem umstrittenen Lithium-Abbau“, so Causevic.
Die EU dürfe diese erneute Irreführung nicht hinnehmen: „Statt vager Erklärungen braucht es klare politische Konsequenzen. Serbien kann nicht weiter als EU-Beitrittskandidat behandelt werden, während Demonstranten von regimetreuen Schlägertrupps attackiert werden. Wenn die EU Vučić nicht endlich zur Einhaltung demokratischer Prinzipien drängt, nimmt sie den protestierenden Bürgern Serbiens jegliche Hoffnung auf eine demokratische Zukunft.“
Sie erreichen Jasna Causevic unter j.causevic@gfbv.de oder 0551/49906-16.
Sie erreichen Belma Zulcic, Direktorin der Gesellschaft für bedrohte Völker in Sarajevo unter bzulcic@gmail.com oder 00387 61 220 883
Sie erreichen Dinko Gruhonjic, Träger des Weimarer Menschenrechtspreises 2024, unter dinko.gruhonjic@ff.uns.ac.rs oder 00381 63 583316.
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