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Börsen-Zeitung: Übers Ziel hinausgeschossen, Kommentar zur Zinsentscheidung der US-Notenbank von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Mit der Zinssenkung vom Dienstag hat
Fed-Chairman Ben Bernanke genau das getan, was die Mehrheit der 
Beobachter von ihm erwartet hat: In der Tradition seines Vorgängers 
Alan Greenspan hat er auf die Turbulenzen an den Finanzmärkten mit 
einer Drehung an der Zinsschraube reagiert, weil die massive Gefahr 
besteht, dass sich die US-Konjunktur deutlich abkühlt. Vor dem 
Schritt hatte Bernanke versucht, die Krise im Bankensystem durch 
kräftige Liquiditätszuführungen an die Institute zu bewältigen, 
angesichts des verheerenden Zustands des US-Immobilienmarktes 
zeichnete sich jedoch immer deutlicher ab, dass diese Maßnahmen nicht
ausreichen würden.
Gute Gründe hatte es für einen Zinsschritt von 25 Basispunkten 
gegeben. Mit den 50 Basispunkten, um die Bernanke die Zielgröße für 
die Fed Funds Rate nach unten angepasst hat, hat der Fed-Chef jedoch 
deutlich übers Ziel hinausgeschossen - auch wenn er damit den Märkten
genau das gegeben hat, wonach sie verlangt haben.
US-Ökonomen hatten zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht die 
Aufgabe der Fed sein kann, Hedgefonds und andere hochspekulativ 
engagierte Adressen zu retten, wenn sich diese in eine Schieflage 
hineinmanövriert haben. Die Fed ist in erster Linie für Inflation und
Konjunktur verantwortlich, darüber hinaus ist sie lediglich bei 
massiven systemischen Risiken zu raschem Handeln gezwungen. Gefahren 
dieses Ausmaßes sind derzeit nicht zu erkennen - trotz der 
Turbulenzen auf den Märkten. Im Übrigen besteht bei einem kräftigen 
Zinsschritt um 50 BP die Gefahr, dass der Schuss nach hinten losgeht.
Es könnte nämlich allgemein der Eindruck entstehen, dass die Lage 
noch wesentlich ernster ist als bisher vermutet.
Letztlich aber sind die 50 Basispunkte eine komplette Kehrtwende 
der Fed in ihrem Bemühen, den Märkten allmählich die umfangreiche 
Überschussliquidität zu entziehen, die seit 2001 immer wieder zu 
Mini-Bubbles und deren Platzen geführt hat. Bernanke hat sich also 
gegenüber denjenigen Kräften geschlagen gegeben, die die jetzige 
Krise herbeigeführt haben.
An den Märkten wird - wie die positiven Reaktionen zeigen - zwar 
kräftig applaudiert. Auf längere Sicht hat Bernanke den Akteuren 
jedoch keinen Gefallen getan. Der Prozess der Normalisierung der 
Finanzmärkte ist ins Stocken geraten.

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