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Börsen-Zeitung: Wahlkampf um VW, Kommentar von Gottfried Mehner zur Gesetzesnovelle, die das VW-Gesetz mit Europarecht in Einklang bringen soll

Frankfurt (ots)

Ende Oktober 2007 hatte der Europäische
Gerichtshof die Sonderregelungen des "VW-Gesetzes" hinsichtlich 
Stimmrechtsbeschränkung und Entsendungsrecht kassiert. Hinweise, dass
man sich dieses Verdikt ersparen könne, wenn man kleine 
Modifikationen vornehme, waren hartnäckig überhört worden. Berlin 
wollte nicht der Überbringer einer neoliberalen Botschaft sein, die 
beim Wählervolk als gefühlter Entzug der staatlichen Fürsorge 
ankommen würde.
Damals regierte noch der "Autokanzler", der, als er noch 
Ministerpräsident in Niedersachsen war, über ein Entsendungsmandat im
VW-Aufsichtsrat saß und sich dort bestens auskannte. Er empfand die 
Brüsseler Einmischung wohl von vornherein als Zumutung - und so 
landete man am Pranger.
Das "VW-Gesetz" ist ein Bundesgesetz. Insofern ist Berlin 
zuständig. Dass Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) jetzt 
punktgenau vor den Landtagswahlen in Niedersachsen tätig wird, ist 
bestimmt reiner Zufall. Am 27. Januar wird gewählt. Da kommt es auf 
jede Stimme an, auch auf die bei Volkswagen beschäftigten 83000 
Mitarbeiter. Einschließlich deren wahlberechtigter Angehöriger ist 
das ein beträchtliches Wählerreservoir. Materiell geht es nur um die 
Streichung der Stimmrechtsbeschränkung von 20%. Alles andere lässt 
sich über eine veränderte Satzung bewerkstelligen, etwa die 
Entsendungsrechte für das Land Niedersachsen oder das von der 
Arbeitnehmerbank hoch geschätzte Zustimmungsquorum von zwei Dritteln 
im Falle von Werksschließungen. Auch die Erfordernis von 80%, wo 
andernorts schon 75% für eine qualifizierte Mehrheit reichen, könnte 
in der Satzung weiterhin abweichend geregelt bleiben.
Aber ist das sinnvoll? Die schlimmste Wirkung des Gesetzes war, 
dass VW immer noch glaubt, etwas Besonderes zu sein. Entsprechend ist
der Widerwille ungebrochen, sich in adäquate industrielle Strukturen 
zu bewegen. Die Folgen manifestierten sich unter anderem im 
VW-Skandal und in Mini-Renditen, die Porsche den Einstieg erst 
ermöglichten: 13000 Beschäftigte bei Porsche erwirtschafteten so 
viel, dass die Übernahme eines tönernen Kolosses mit 320000 
Beschäftigten möglich wurde. Absolut deklassierend. Dass dies 
industrielle Angstneurosen auslöst, ist nachvollziehbar. Die kann 
aber nicht Berlin kurieren.
(Börsen-Zeitung, 17.1.2008)

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