Börsen-Zeitung: Den Bogen überspannt Kommentar zu den Diskussionen im Eigentümerkreis der WestLB, von Annette Becker.
Frankfurt (ots)
Es ist nicht außergewöhnlich, dass Verhandlungsparteien mit widerstreitenden Interessen hart um Kompromisse ringen. Auch nicht verwunderlich ist, dass die überlegene Partei gerne mit Nachforderungen Druck zu machen versucht. Doch das, was sich derzeit im Eigentümerkreis der WestLB abspielt, ist kaum mehr Posse zu schimpfen.
Nach wochenlangen Verhandlungen über den zu stellenden Risikoschirm für die WestLB, in denen sich auch die Sparkassen von manchem Traum verabschieden mussten, kommt das Land am Ende auf den Punkt, dass die Lösung für die WestLB nun doch mit dem neuen Sparkassengesetz verquickt werden soll. Und zwar dergestalt, dass die Sparkassenverbände dem Gesetzgeber als Gegenleistung für seine alleinige Garantiestellung einen Freibrief beim Thema Vertikalisierung ausschreiben.
Die Kröten, wie den möglichen Verlust der Mehrheit an der WestLB und damit einhergehend den Verzicht auf ihre Sonderrechte, hätten die Sparkassen in irgendeiner Form geschluckt. Es wäre die Aufgabe der Verbandspräsidenten gewesen, den Kompromiss an der Basis zu verkaufen. Was sie aber nicht können, ist, gegen Organbeschlüsse ihrer Verbände zu verstoßen.
Dass Finanzminister Helmut Linssen (CDU) in den Verhandlungen so gut wie keinen Ermessensspielraum hat, liegt am vermeintlich kleinen Koalitionspartner FDP. Aus dessen Feder stammen die immer neuen Forderungen, die Linssen den erstaunten Verhandlungspartnern tagtäglich unterbreitet. Mit welchem Druckmittel die Liberalen dabei agieren, lässt sich ausmalen.
Dass die Eigentümer, wie noch im vorigen Sommer von allen Beteiligten suggeriert, an einem Strang ziehen, davon kann schon längst keine Rede mehr sein. Heute entsteht vielmehr der Eindruck, dass nicht einmal innerhalb der jeweiligen Anteilseignergruppen mit einer Stimme gesprochen wird.
Ginge es ausschließlich darum, ein interessiertes Publikum zu unterhalten, diente der Streit möglicherweise dem Spannungsaufbau. Leider aber geht es um die Zukunft einer Bank mit derzeit noch 6000 Beschäftigten. An diese, und das ist das eigentlich Traurige, denkt offenbar keiner der Eigentümer. Lange werden sich die Bonitätswächter nicht mehr hinhalten lassen. Die Folgen einer Herabstufung dürften für alle Beteiligten härter sein als alles, was derzeit verhandelt wird.
(Börsen-Zeitung, 8.2.2008)
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