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Börsen-Zeitung: Wirkungslose Entkoppelung Kommentar zur Koppelung des Gaspreises an den Ölpreis, von Christoph Ruhkamp.

Frankfurt (ots)

Die Koppelung des Gaspreises an den Ölpreis ist
eine jahrzehntealte freiwillige Vereinbarung zwischen den großen 
Importeuren wie Eon Ruhrgas und den großen Produzenten - allen voran 
Russlands Gazprom. Die Gasimporteure bieten ihren Lieferanten mit der
Koppelung langfristige Einnahmensicherheit und erhalten dafür im 
Gegenzug von den Gasproduzenten langfristige Versorgungszusagen. 
Teilweise laufen die Verträge bis 2036.
Wer durch eine Abschaffung der Ölpreiskoppelung - wie sie jetzt 
das SPD-geführte Umweltministerium fordert - für sinkende Gaspreise 
sorgen will, müsste dies per Gesetz und also mit Zwang durchsetzen. 
Das wäre nicht nur ein Eingriff in die Vertragsfreiheit. Es würde 
zugleich unterstellen, dass Gas nur deshalb genauso teuer - oder 
zeitweise so billig - wie Öl ist, weil dies so vereinbart wurde.
Das ist aber nicht der Fall: Vielmehr gibt es mehrere Gründe 
dafür, dass der Gaspreis auch ohne die vereinbarte Koppelung dem 
Ölpreis folgen würde. So ist Gas auf mittlere Sicht immer ein 
potenzielles Substitut für Öl, wie auch für andere Brennstoffe. Ein 
Beispiel: Derzeit heizt - grob über den Daumen gepeilt - die Hälfte 
der deutschen Haushalte mit Gas, die andere Hälfte heizt mit Öl. Wäre
Gas spürbar billiger, dann würden so lange Ölheizungen durch 
Gasheizungen ersetzt, bis sich die beiden Preise wieder anglichen.
Um den Gaspreis zu drücken, gibt es also Methoden mit besseren 
Erfolgsaussichten als die Entkoppelung. Dazu müsste der größte 
Oligopolist Russland unter Druck geraten. Ein erster Schritt wären 
vermehrte Lieferungen von verflüssigtem Erdgas per Tanker aus 
Nordafrika. Hinzu kommt in einigen Jahren die geplante 
Nabucco-Pipeline mit Gas aus der kaspischen Region. Des Weiteren 
müssen entferntere Substitute genutzt werden: in der Stromerzeugung, 
die derzeit hierzulande zu rund 10% auf Gas beruht, kann Gas unter 
anderem durch erneuerbare Energien oder Steinkohle ersetzt werden.
Klar ist übrigens auch, dass sich die Verbraucher bei steigenden 
Öl- und Gaspreisen wegen der Substituierbarkeit auch auf steigende 
Strompreise einstellen müssen. Und dies, obwohl hier durchaus keine 
Koppelung vereinbart ist! Bezahlt werden muss immer der Preis für die
letzte zusätzlich und am teuersten produzierte Stromeinheit. Maßstab 
sind also die Grenzkosten, und die werden weiter steigen.
(Börsen-Zeitung, 9.6.2008)

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