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Börsen-Zeitung: Abwarten und Beten, Kommentar zur bevorstehenden EZB-Ratssitzung von Jürgen Schaaf

Frankfurt (ots)

Wer von der Ratssitzung der Europäischen
Zentralbank (EZB) am morgigen Donnerstag Aufschluss über die in den 
kommenden Monaten womöglich anstehenden Schritte der Notenbank 
erwartet, wird bitter enttäuscht werden. Denn weder EZB-Präsident 
Jean-Claude Trichet noch seine 20 Kollegen aus dem geldpolitischen 
Gremium wissen derzeit selbst, wohin die Reise gehen wird.
Inwieweit sie ihr Ziel, Preisniveaustabilität zu sichern, 
erreichen, hängt derzeit von Größen ab, die eine Notenbank nicht 
beeinflussen kann. Den entscheidenden Variablen vor allem Öl-, aber 
auch Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise können die Währungshüter 
nicht Herr werden. Sicher, nachdem im Juli die Rohölnotierungen von 
fast 150 auf gut 120 Dollar gefallen sind, ist der wohl wichtigste 
Preistreiber der vergangenen Monate weggefallen. Aber eine minimale 
Eskalation der politischen Situation im Nahen Osten oder eine weitere
Verstaatlichungswelle in Lateinamerika könnten neue Höchststände 
generieren. Die EZB müsste dann wohl zähneknirschend akzeptieren, 
dass die zuletzt gemessene Inflationsrate von 4,1% nicht der 
Scheitelpunkt der Teuerungswelle gewesen ist.
Natürlich könnten die Währungshüter das ohnehin schwächelnde 
Wachstum im Euroraum niederknüppeln, sodass die übrigen Preise sinken
und den Energiepreisanstieg ausgleichen. Das müsste dann aber ein 
gewaltiger Schlag sein. Nach Berechnungen der Deutschen Bank müsste 
das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,6% nächstes Jahr schrumpfen 
(alternativ -0,8% pro Jahr bis 2010), um bei der laufenden Rohstoff- 
und Nahrungsmittelpreisinflation in die Zielzone von knapp unter 2% 
zurückzukommen. Die Bereitschaft des EZB-Rats, derart hohe Kosten in 
Kauf zu nehmen, dürfte ausgesprochen gering sein.
Und so zielte auch die Zinserhöhung Anfang Juli ausschließlich auf
die Inflationserwartungen der Marktteilnehmer und Tarifparteien. Es 
ging um nicht weniger als die Glaubwürdigkeit der EZB im Kampf gegen 
den Verlust der Kaufkraft. Einen konjunkturellen Dämpfer wollten die 
Währungshüter mit der Erhöhung um 25 Basispunkte auf nun 4,25% gar 
nicht erreichen.
Abwarten und beten, dass der Ölpreis weiter sinkt. Das dürfte den 
geldpolitischen Kurs der Notenbanker derzeit wohl am treffendsten 
charakterisieren.

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