Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung: Kein Grund zur Scham, Kommentar zum Wachstumsausblick der EZB von Jürgen Schaaf

Frankfurt (ots)

Schämt sich der Präsident der Europäischen
Zentralbank (EZB) für das Mandat seines Hauses? Wenn man EZB-Chef 
Jean-Claude Trichet lauscht, kann man den Eindruck gewinnen, ihm ist 
so gut wie jedes Argument recht, um die Wachstumsaussichten für die 
Eurozone zu beschönigen - und damit zu rechtfertigen, warum die 
Währungshüter die geldpolitischen Zügel nicht lockern. Dabei ist die 
Notenbank primär einem stabilen Preisniveau verpflichtet. Erst wenn 
dieses gesichert ist, darf sie die Konjunktur stützen.
Im Anschluss an die gestrige Entscheidung des EZB-Rats, den 
Schlüsselzins für den Euroraum unverändert bei 4,25% zu belassen, 
sprach Trichet erneut von einer "Delle" beim Wachstum. Das dürfte 
doch reichlich beschönigend sein. Denn die Zeichen stehen klar auf 
Abschwung.
Auch die EZB-Volkswirte haben ihre Wachstumsprognose für 2009 
deutlich von 1,5% auf 1,2% gesenkt. Neben den gängigen 
Frühindikatoren deutet auch der deutliche Rückgang des "engen 
Geldmengenaggregats M1" ein erheblich langsameres Wachstum an. 
Kurzum: Es sieht richtig übel aus für die Konjunktur der Eurozone. 
Und dennoch hält Trichet an dem Szenario fest, dass im Verlaufe des 
kommenden Jahres der Wachstumsmotor wieder anspringt, vielleicht 
sogar schon im vierten Quartal dieses Jahres. Von einer Rezession in 
diesem Jahr will er mal gerade gar nichts hören.
Offenkundig will Trichet mit dem relativ rosigen Wachstumsszenario
den Forderungen nach Zinssenkungen argumentativ den Boden entziehen. 
Aber das ist der falsche Ansatz. Um Zinssenkungen abzulehnen, muss 
der Blick auf die Entwicklung der Inflation genügen. Denn obwohl die 
Wachstumsprognose des EZB-Stabes gesenkt wurde und der Ölpreis 
zuletzt stark gefallen ist, erwarten die Notenbank-Volkswirte, dass 
die Teuerung im Euroraum 2009 bei 2,6% liegen wird - meilenweit von 
ihrem Stabilitätsziel von knapp 2% entfernt.
Um nicht missverstanden zu werden: Wenn die Wirtschaft völlig zu 
kollabieren droht, kann eine Notenbank auch einmal die Prioritäten 
ändern. Aber soweit sind wir noch lange nicht. Eine Abschwächung der 
Wirtschaft wird nötig sein, um die Inflation einzudämmen. Das darf 
und muss eine Notenbank jedoch auch klar - und ohne falsche Scham - 
kommunizieren.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung