Börsen-Zeitung: Wärmendes Strohfeuer, Kommentar von Peter Olsen zu Forderungen der Autobranche nach einem längeren Aufrechterhalten der Abwrackprämie
Frankfurt (ots)
Wenn gar nichts mehr hilft, wird gerne auch nach dem letzten Strohhalm gegriffen. Von der Abwrackprämie, etwas euphemistisch als Umweltprämie getarnt, hat sich die Autobranche im Grunde nicht mehr als ein Strohfeuer in diesen frostigen Zeiten erhofft. Jetzt strömen die Kunden in die Autohäuser, getrieben von der Angst, mit ihrem Antrag auf die Prämie zu spät zu kommen, und die Hersteller äußern umgehend den Wunsch, die Regierung möge noch ein paar Scheite nachlegen.
Solange Hersteller, Zulieferer und Kfz-Handel von der Hand in den Mund leben, weil keiner weiß, wann sich die Nachfrage auf einem auskömmlichen Niveau normalisiert, könnte man für dieses Ansinnen, das Strohfeuer etwas länger am Leben zu halten, durchaus Verständnis aufbringen. Jedoch verkennen die Lobbyisten die immense Gefahr des Gewöhnungseffekts. Würde die Abwrackprämie über dieses Jahr hinaus aufrechterhalten, würden sich jetzt animierte Käufer möglicherweise wieder in die Lethargie zurückfallen lassen, die schon seit Jahren das schleppende Inlandsgeschäft prägt.
Im Übrigen kann durchaus darüber gestritten werden, was eigentlich ein normales Neuzulassungsniveau in Deutschland bedeutet. Von den jahresdurchschnittlich 3,5 Millionen Fahrzeugen, wie lange Zeit propagiert, hat man sich aufgrund der erreichten Fahrzeugdichte verabschieden müssen. Selbst die Annahme, dass dauerhaft ca. 3 Millionen Neuwagen im Inland abgesetzt werden dürften, kann mit Fragezeichen versehen werden. So oder so, die vorhandenen Kapazitäten sind zu üppig, ein notwendiger Rückschnitt würde mit einer Prolongation künstlicher Kaufimpulse wie der staatlich finanzierten Abwrackprämie nur verlängert.
Die Verschrottungsprämie kann und soll nur eine begrenzte Überbrückung sein. Vielleicht würde die Prämie diese Funktion besser erfüllen, wenn das zur Verfügung gestellte Volumen nicht gedeckelt wäre. Also zeitliche Befristung ja, aber zugleich Sicherheit geben, dass jeder 2009 gestellte Antrag auch zum Erfolg führt - das würde zum einen den Kaufanreiz belassen, aber zum anderen das irrationale Wettrennen um verfügbare Kleinwagen eindämmen. Der frühere US-Präsident George W. Bush hatte der heimischen Branche auf ihre Hilferufe einmal geantwortet, sie sollten "relevante" Autos bauen. Das stünde auch den europäischen Herstellern gut zu Gesicht.
(Börsen-Zeitung, 13.2.2009)
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