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Börsen-Zeitung: Wieder eine Bullenfalle, Kommentar zu den Aktienmärkten von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Wieder einmal hat sich eine vermeintliche
Trendwende zum Besseren als eine Bullenfalle herausgestellt. Anfang 
Februar war der Dax bis auf über 4600 Punkte vorgerückt, und es sah 
in der Tat so aus, als würden nun einerseits konjunkturelle 
Frühindikatoren das Durchschreiten der Talsohle ankündigen und 
andererseits die negativen Nachrichten aus dem Bankensektor langsam 
abebben. Die Geschehnisse vom Donnerstag und Freitag sprechen jedoch 
eine ganz andere Sprache: Die Aktienmärkte werden von einer neuen 
Welle von Verkäufen erschüttert. Der Dow Jones rutschte unter die 
Marke von 7400 Punkten auf ein Niveau, das er zuletzt im Jahr 2002 
gesehen hatte. Der Dax brach um über 4% ein. Er konnte sich nur knapp
über 4000 Punkte halten und schloss exakt auf dem Tiefstand vom 
vergangenen Oktober von 4014,66 Punkten. Am japanischen Aktienmarkt 
sackte der Topix gar auf ein 25-Jahres-Tief. Wie schlecht die 
Stimmung ist, wird auch daran deutlich, dass das Krisenbarometer 
Goldpreis erstmals seit März 2008 über die Marke von 1000 Dollar je 
Feinunze sprang.
Angst vor Verstaatlichung
Was aktuell die Anleger verunsichert, sind derzeit weniger 
enttäuschende Konjunkturdaten - hier trüben sich derzeit die 
Perspektiven in Osteuropa und Japan wesentlich stärker ein. Diesseits
und jenseits des Atlantiks sind es wieder einmal Hiobsbotschaften aus
dem Bankensektor, die die Märkte erschüttern. In den USA machen sich 
Aktionäre Sorgen, dass Bank of America und Citigroup verstaatlicht 
werden könnten. In Deutschland nimmt ein Gesetz konkrete Formen an, 
das als Ultima Ratio die Sozialisierung von Kreditinstituten 
vorsieht. Zudem belastete ein Bericht über angeblich riesige 
zusätzliche Verlustrisiken aus großvolumigen außerbilanziellen 
Geschäften bei der Hypo Real Estate, was diese freilich dementierte.
Was aber wohl noch schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass 
mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen werden kann, dass sich selbst 
innerhalb der Eurozone Staaten mit der Krisenbewältigung und der 
Konjunkturankurbelung übernehmen. Diskutiert wird die Perspektive von
Schieflagen in Irland und Griechenland, die die Notwendigkeit von 
Bail-outs durch andere Eu-Staaten nach sich ziehen oder gar die 
Existenz der europäischen Gemeinschaftswährung bedrohen könnte. Dass 
eine Sprecherin der Bundesfinanzministeriums bereits Zweifel am 
Bestand der Währungsunion zerstreuen musste, spricht eine deutliche 
Sprache. Gleichwohl fällt auf, dass die Aktienmärkte vor allem durch 
die Bankenwerte nach unten gezogen werden - was wegen der Perspektive
einer Verstaatlichung eine durchaus verständliche Reaktion darstellt.
Ebenfalls sehr schwach derzeit sind die Versicherer. Sie leiden 
darunter, dass sie Anleihen in ihren Portfolios haben, die inzwischen
nicht mehr als absolut sicher gelten: Staatsanleihen aus den 
EU-Ländern beispielsweise, die jetzt ins Gerede gekommen sind. In 
vielen anderen Sektoren sind die neuerlichen Verluste aber deutlich 
weniger ausgeprägt.
Zudem sind die Handelsvolumina niedrig. Viele Investorengruppen 
haben sich fast vollständig aus dem Markt zurückgezogen. Zu nennen 
sind hier die Privatanleger, aber auch die Lebensversicherer. Diese 
haben die Aktienquote ihrer Portfolios auf historische Tiefstände 
zurückgefahren. Große Versicherer halten jetzt zum Teil deutlich 
weniger als 10% Aktien. Das Engagement der Assekuranz gilt aber als 
ein typischer Spätindikator bei Dividendentiteln.
Abwesenheit der Käufer
Die Verluste zumindest außerhalb des Finanzsektors sind derzeit 
vor allem der Abwesenheit der Käufer geschuldet. Diese scheuen noch 
den Wiedereinstieg, könnten sich aber in den kommenden Wochen 
angesichts der niedrigen Kurse zu ersten selektiven Käufen 
durchringen.
Ein Unsicherheitsfaktor sind derzeit die Hedgefonds. Sie dürften 
noch bis Ende März überwiegend auf der Verkäuferseite stehen, weil 
sie auf die bei ihnen angemeldeten Mittelabzüge ihrer Kunden 
reagieren müssen. Insofern ist es möglich, dass beispielsweise der 
Dax noch bis 3800 oder 3600 Punkte durchrutscht. Trotz des 
neuerlichen Abtauchens der Indizes spricht aber nach wie vor einiges 
dafür, dass es ab dem zweiten Quartal an den Aktienmärkten endlich 
aufwärts geht.

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