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Börsen-Zeitung: Grube muss Zähne zeigen, Kommentar von Ulli Gericke zum ersten öffentlichen Auftritt des desgnierten Bahn-Chefs Rüdiger Grube

Frankfurt (ots)

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt zeigte
Rüdiger Grube Zähne. Der designierte Bahn-Chef weigert sich, das von 
den Bahn-Gewerkschaften ausgearbeitete Memorandum, das den 
integrierten Konzern aus Schienennetz und Bahnbetrieb fixieren 
wollte, zu unterschreiben. Trotz grundsätzlicher Einigkeit mit den 
Gewerkschaftszielen - "für mich gilt das gesprochene Wort". Er nehme 
das Memorandum "zur Kenntnis", stehe inhaltlich dazu und brauche 
deshalb keinen Vertrag.
Zugegeben, wenn ein neuer Bahn-Chef die Vorgaben des Eigentümers 
Bund bekräftigt, aber das gleich lautende Memorandum der Gewerkschaft
nicht explizit absegnen will, zeigt er damit weniger Zähne als 
Milchzähnchen. Doch die Episode zeigt, wie die Dinge im größten 
Bundesunternehmen derzeit stehen. Ein zuständiger Minister, der 
nachträglich noch einmal betonen muss, er sei es gewesen, der den 
Namen Grube in die Runde bei Kanzlerin Angela Merkel geworfen habe. 
Gewerkschaften, die den Eindruck erwecken, sie bestimmten, wer an die
Spitze des Staatskonzerns rücken darf, und deshalb den designierten 
Mann zum Rapport bestellen. Und das nur Tage nach dem Entzug des 
Vertrauens für Grubes Vorgänger - womit die Gewerkschaften Hartmut 
Mehdorn zum Rücktritt zwangen.
Diese Gewichtsverlagerung von der Eigentümer- zur 
Gewerkschaftsseite widerspricht nicht nur den 
Corporate-Governance-Grundsätzen. Sie ist auch für den neuen 
Bahn-Chef Grube brandgefährlich. Weil er erpressbar wird und zum 
Spielball der Arbeitnehmervertreter. Kein Zweifel, ein gutes 
Auskommen mit den Mitarbeitern und deren Gewerkschaftsvertretern ist 
ein Pfund, mit dem die Bahn wuchern kann - wenngleich der anhaltende 
Konflikt zwischen Mehrheits- und Spartengewerkschaft eher das 
Gegenteil vermuten lässt. Doch die Unternehmensziele werden nicht bei
den Lokführern der GDL oder der großen Transnet erkoren, sondern beim
Eigentümer und dem Vorstand. Wenn der Bund nun im Vorwahlkampf 
gelähmt ist, muss der neue Mann an der Spitze umso zielstrebiger 
agieren. Ein reines Weiter-so des Kurses seines "großen Vorbilds" 
Mehdorn wird angesichts massiv rückläufiger Auftragseingänge im 
Güterverkehr und wegbrechender Marktanteile im Regionalverkehr nicht 
reichen. Grube muss jetzt Zähne zeigen, nicht nur gegenüber den 
Gewerkschaften.
(Börsen-Zeitung, 8.4.2009)

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