Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung: Abschaffen statt Aussetzen, Kommentar zum geforderten Kurswechsel bei den Eigenkapitalvorschriften für Banken von Jürgen Schaaf

Frankfurt (ots)

Wegen der weithin vermuteten Kreditklemme
fordert die Bundesregierung von der EU einen Kurswechsel bei den 
Eigenkapitalvorschriften für Banken. Das sogenannte Basel- II-Regime 
müsse zeitlich befristet ausgesetzt werden, um die "prozyklische 
Wirkung" einzudämmen, so die Logik hinter dem Vorschlag, den 
Finanzminister Peer Steinbrück beim Treffen mit seinen europäischen 
Amtskollegen am heutigen Dienstag vorlegen will.
Korrekt ist: Unter dem derzeitigen Regime sollen Banken in 
Abhängigkeit vom Ausfallrisiko eines Kredits mehr oder weniger 
Eigenkapital als Sicherheit in ihrer Bilanz vorhalten. Das führt im 
Abschwung wegen der sinkenden Bonität vieler Firmen dazu, dass Banken
mehr Kapital unterlegen müssen und die Kreditvergabe zurückführen. 
Das, was institutsspezifisch rational und sinnvoll ist, mutiert 
gesamtwirtschaftlich zu einem die Rezession verschärfenden 
Teufelskreis.
Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Die "prozyklische 
Wirkung" von Basel II verschärft nicht nur den Abschwung, sondern 
auch das Hochgefühl im Aufschwung. Diese rauschhafte Euphorie hat 
dazu beigetragen, dass die Risiken, die Banken in den vergangenen 
Jahren eingegangen sind, ultimativ wurden und die Kreditvergabe über 
das Ziel hinausgeschossen ist. Da der Aufschwung in luftigere Höhen 
geführt hat, als nachhaltig durchzuhalten war, ist der Sturz umso 
tiefer und der Aufprall schmerzhafter ausgefallen.
Zwar ist die Grundidee des Regelwerks, die Eigenkapitalreserven 
der Banken an den tatsächlichen Kreditrisiken zu orientieren, nach 
wie vor gültig. Das Risikoverständnis darf aber nicht parallel zum 
Konjunkturverlauf variieren.
Insofern ist es völlig richtig, die Basel II eigene Prozyklizität 
ausmerzen zu wollen. Diese Forderung muss aber symmetrisch sein. 
Dieses Element von Basel II - das ansonsten viel Gutes beinhaltet - 
sollte daher nicht zeitlich befristet ausgesetzt, sondern zügig 
ersetzt werden. Was folgt, darf nicht nur als Maßnahme im Kampf gegen
die Finanz- und Wirtschaftskrise verstanden werden, sondern als ein 
Beitrag zu mehr Finanzstabilität über den Tag hinaus. Die 
erforderlichen antizyklischen Elemente dieses Regimes - wie 
Verschuldungsquoten oder der dynamische Aufbau von Kapitalpuffern - 
würden damit nicht nur die gegenwärtige Rezession mildern, sondern 
auch den nächsten Aufschwung dämpfen.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de
Telefon: 069--2732-0

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 01.07.2009 – 20:55

    Börsen-Zeitung: Linde ist nicht Porsche, Kommentar von Walther Becker

    Frankfurt (ots) - Es ist eine ganze Weile her, dass Wolfgang Reitzle damit liebäugelte, Porsche-Chef zu werden. Stand heute dürfte es ihn kaum schmerzen, nicht am Steuer der Sportwagenschmiede zu sitzen, sondern die "langweilige" Linde zu leiten. Dort geht es zwar nur um unsichtbare Industriegase, aber in der für Unternehmen aktuell existenziellen Frage hat ...