Börsen-Zeitung: Schluss mit anders, Kommentar zur Hängepartie bei Porsche und VW von Claus Döring
Frankfurt (ots)
"Anders ist besser" lautet der Titel jenes Buches, das Porsche-Chef Wendelin Wiedeking auf dem Höhepunkt seiner Macht im Herbst 2006 schrieb. Nun hat er bald Zeit, ein neues Buch zu schreiben. Darüber, warum "anders" gescheitert ist. Und über die Fehler, die er gemacht hat, als er vom David zum Goliath werden wollte. Denn gescheitert ist Wiedeking, weil er seinen Grundsätzen untreu wurde und sich von jener Großmannssucht anstecken ließ, die er so gern Vertretern der Finanzwelt anhängt.
"Unser Geschäft ist ein anderes als das der Banken, Börsen und Analysten. Unser Geschäft ist langfristiger Natur. Wer Automobile baut, braucht einen langen Atem." So schreibt Wiedeking im bereits erwähnten Buch. Solange er diesem Motto treu blieb und nur Porsches baute, war er erfolgreich. Sein Abstieg begann, als er die mit dem Bau von Sportwagen erwirtschafteten Milliarden nicht mehr ins Kerngeschäft steckte, sondern sich als Investmentbanker versuchte. Er machte den Fehler, die feindliche Übernahme von Volkswagen als Schachspiel zu begreifen, das nach festen Spielregeln und damit vorauskalkulierbaren Spielzügen abläuft. Drei Variable hatte der Schachspieler Wiedeking nicht bedacht: die Politik und deren Druck zum Erhalt des VW-Gesetzes, die Finanzkrise und ihre Folgen für die Kreditpolitik der Banken und nicht zuletzt die fehlende Durchsetzungskraft der ihn stützenden Familie Porsche gegen Ferdinand Piëch.
Schon Anfang Mai, als Porsche den Übernahmeplan fallen lassen musste und die Fusion unter gemeinsamem Dach als neues Ziel proklamiert wurde, war für Wiedeking bestenfalls noch ein Remis drin. Die Fusion hätte den Verlust der Eigenständigkeit bedeutet und damit das Ende des Nimbus von Porsche. Nun hat VW-Aufsichtsratsvorsitzender und Porsche-Familienaktionär Ferdinand Piëch Wiedeking schachmatt gesetzt. Es kommt zu einer speziellen Variante des Reverse Takeover: Die Porsche-Tochter Volkswagen kauft ihre Schwester Porsche AG und übernimmt faktisch ihre Mutter Porsche Holding.
Das Ergebnis wird sich nicht wesentlich vom ursprünglichen Übernahmeplan unterscheiden. Der VW-Konzern mutiert zum Familienunternehmen, beherrscht von den Familien Porsche und Piëch, mitbestimmt vom Land Niedersachsen und vom Betriebsrat. Und der Wiedeking hat seine Schuldigkeit getan, der Wiedeking kann gehen.
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