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Börsen-Zeitung: Stunde des Aufsichtsrats, Kommentar von Claus Döring zur Korruptionsaffäre und den Rücktritten bei MAN

Frankfurt (ots)

Erst Siemens, jetzt MAN. Vor einem halben Jahr
wagte man noch nicht, beide Unternehmen in einem Atemzug zu nennen, 
wenn es um Korruption ging. Inzwischen hat man auch bei MAN lernen 
müssen, dass mit Länge und Intensität der Untersuchung auch Ausmaß 
und Tragweite zunehmen. Selbst wenn die fragwürdigen Zahlungen und 
das finanzielle Folgerisiko in Gestalt des Bußgeldes bei MAN noch 
nicht an Siemens-Dimension heranreicht - die Erschütterung des 
Konzerns und das Köpferollen an seiner Spitze sind durchaus schon 
vergleichbar. In einem Punkt gibt es allerdings einen großen 
Unterschied: Bei Siemens musste aufgrund vermuteter 
Interessenkonflikte auch der Aufsichtsratsvorsitzende sein Amt 
abgeben, bei MAN nicht.
Bestechung, das hat Corporate Germany spätestens mit der 
Siemens-Affäre gelernt, ist kein Kavaliersdelikt. Entsprechend hat 
auch MAN mit einer speziellen internen Revision die Vorkommnisse seit
dem Jahr 2002 erforscht und mit der Staatsanwaltschaft 
zusammengearbeitet. Darüber wurde schon vor einem halben Jahr 
öffentlich informiert. Seit wann der Aufsichtsrat über Bestechungen 
und diesbezügliche Ermittlungen wusste und was er seither zur 
Aufklärung veranlasst hat, ist nicht bekannt. Wenn mit dem 
Vorstandsvorsitzenden, dem Finanzvorstand und dem 
Nutzfahrzeug-Vorstand von MAN binnen einer Woche die wichtigsten 
Manager des Konzerns zum Rücktritt genötigt werden, dann muss 
entweder Gefahr in Verzug sein oder es handelt sich um eine 
Säuberungsaktion. Träfe Ersteres zu, wäre es höchste Zeit, die 
MAN-Stakeholder darüber zu informieren. Träfe Letzteres zu, müsste 
sich der Aufsichtsrat nach seiner Verantwortung für das Unternehmen 
fragen lassen. Bisher jedenfalls wird weder Håkan Samuelsson als 
Vorstandschef noch Karlheinz Hornung als Finanzvorstand vorgeworfen, 
die Aufklärung der Korruptionsaffäre vernachlässigt zu haben oder gar
selbst darin verwickelt zu sein.
Allein der Verdacht, MAN-Aufsichtsratsvorsitzender Ferdinand Piëch
habe als Vertreter des Minderheitsaktionärs Volkswagen die Gunst der 
Stunde genutzt, einen auf Selbständigkeit pochenden MAN-Vorstand zu 
entmachten, ist ein Schlag für die Corporate Governance in 
Deutschland und muss aufgeklärt werden. Wo bleibt die Stimme der 
wenigen unabhängigen MAN-Aufsichtsratsmitglieder?
(Börsen-Zeitung, 1.12.2009)

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