Börsen-Zeitung: Nur eine Atempause, Kommentar zum Kapitalbedarf zur Bankenrettung in Irland von Carsten Steevens
Frankfurt (ots)
Bis zu 50 Mrd. Euro wird die irische Regierung also für die Stabilisierung der Kreditinstitute aufbringen müssen. Die Rechnung, die der keltische Tiger von einst für den Überschwang in den Boom-Jahren der Immobilienblase begleichen muss, hat sich gewaschen. Die Kapitalmittel steigen nochmals um 50%, inzwischen repräsentieren sie ein Drittel der jährlichen Wirtschaftsleistung. An dieser gemessen wird das Haushaltsdefizit 2010 mit 32% das EU-Kriterium von 3% um mehr als das Zehnfache überschreiten. In der Tat kolossal.
Nach den Zweifeln im Kapitalmarkt an der Zahlungsfähigkeit des Euro-Landes, die zuletzt in beängstigender Weise zugenommen hatten, geben die von Investoren erzwungenen Schätzungen des endgültigen Kapitalbedarfs im Bankensektor eine wichtige Orientierung. Doch handelt es sich um Einmalbelastungen, die zwar buchungstechnisch kurzfristig das Defizit ausweiten, jedoch über einen langjährigen Zeitraum hinweg verarbeitet werden können. In der Hinterhand hat die Regierung ihren milliardenschweren Pensionsfonds.
Mit der gestrigen Zahlenvorlage hat Irland noch nicht beantwortet, wie die "bereinigte" Haushaltslücke von knapp 12% geschlossen werden soll. In vier Jahren, 2014, soll der besagte EU-Grenzwert wieder eingehalten werden. Bereits drei harten Sparrunden seit Ende 2008, für die der kleine Inselstaat Applaus an den Kapitalmärkten erhielt, werden weitere Zumutungen für die Iren folgen. Anfang November soll ein neues Haushaltskonzept darüber Auskunft geben. Ob die unpopuläre Regierungskoalition in Dublin aber den Plan angesichts ihrer nur noch knappen Parlamentsmehrheit durchziehen kann, ist keineswegs gewiss. Weitere Kürzungen bei den Gehältern im öffentlichen Dienst etwa sollte es nach einer Vereinbarung mit der Gewerkschaft nicht mehr geben.
Irlands Finanzminister kann von Glück sagen, dass bis Mitte 2011 keine neuen Liquiditätsmittel benötigt werden und kurzfristig keine Anleihetilgungen anstehen. Gefahren weiterer Störfeuer durch Investoren muss er sich in diesem Jahr nicht mehr aussetzen - die restlichen Anleiheauktionen wurden bezeichnenderweise storniert. Doch die grundlegenden Befürchtungen sind nicht beseitigt. Ob Irland tatsächlich externe Hilfen wird vermeiden können, ist angesichts der schwachen Konjunktur offen. Gestern hat sich der Inselstaat lediglich eine Atempause verschafft.
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