Börsen-Zeitung: Ein gutes Signal, Kommentar von Claus Döring zur Nominierung des Bundesbankers Joachim Nagel für die durch Thilo Sarrazins Rückzug freigewordene Vorstandsposition
Frankfurt (ots)
Sage niemand, dass Politiker nicht lernfähig seien. Im Kleinen wenigstens. Wie bei der Berufung neuer Vorstandsmitglieder für die Deutsche Bundesbank. Nachdem der SPD die Entsendung des einstigen Berliner Finanzsenators und Parteifreundes Thilo Sarrazin krachend auf die eigenen Füße gefallen ist, hat sie dazugelernt. Der Vorschlag der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland, den mit dem Rückzug Sarrazins freigewordenen Stuhl im sechsköpfigen Vorstand mit dem Bundesbank-Eigengewächs Joachim Nagel nachzubesetzen, ist ein Volltreffer.
Als Zentralbereichsleiter hat Nagel bisher auf der Ebene unterhalb des Vorstands gearbeitet. In der Finanzkrise hat er nicht nur den internen Krisenstab der Bundesbank geleitet und die für die Geschäftsbanken so wichtigen Geldmarktoperationen verantwortet, sondern die deutsche Notenbank auch in Gremien des Eurosystems vertreten. Bei Nagel treffen Expertise, Marktnähe und internationale Erfahrung zusammen, und sein Werdegang lässt überdies eine Antenne für politische Fragen vermuten.
Aufatmen kann die Deutsche Bundesbank. Rufschädigende Eskapaden sind von Sarrazins Nachfolger nicht zu erwarten. Vom Vorschlag der Staatskanzleien in Mainz und Saarbrücken, dem der Bundesrat noch zustimmen muss und wird, geht das Signal aus, dass in erster Linie Kompetenz bei der Auswahl von Bundesbank-Vorständen entscheiden sollte. Dafür hatte Bundesbankpräsident Axel Weber seit langem geworben. Denn das Ansehen, die Integrität und die Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme sind das Pfund, mit dem die Bundesbank im Kreis der Euro-Notenbanken wie auch in der Finanzaufsicht wuchern kann.
Nicht allein für die Außenwirkung der Bank ist der Personalvorschlag das richtige Signal, sondern auch nach innen. Die Führungskräfte wissen nun, dass man auch ohne politisches Mandat in die oberste Führungsebene aufsteigen kann. Das gab es in dieser Form bisher nicht. Und auch die Politik selbst hat sich mit dem Personalvorschlag einen Gefallen getan. Der Druck, das Berufungsverfahren mit dem zwischen Bund und Ländern wechselnden Vorschlagsrecht zu reformieren, war durch den Fall Sarrazin groß geworden. Jetzt zeigt sich, dass es auch anders geht. Dass es am Ende nicht vorrangig auf das Verfahren ankommt, sondern auf den richtigen Kandidaten.
(Börsen-Zeitung, 8.10.2010)
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