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Börsen-Zeitung: Der Erfolg verpflichtet, Kommentar zu den rekordhohen deutschen Exporten 2011, von Reinhard Kuls.

Frankfurt (ots)

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge blickt Deutschland auf seine wirtschaftliche Paradedisziplin, den Export. Zum einen brachte der Dezember mit einem bitteren Einbruch um 4,3% das größte monatliche Minus seit drei Jahren, als die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise Deutschland den schärfsten Wachstumseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg beschert hatte. Zum anderen übersprangen 2011 die deutschen Exporteure erstmals die Umsatzmarke von 1 Bill. Euro.

Egal, ob man nun der schwarzmalenden oder der erfolgsglänzenden Lesart folgt, es ist eine rückwärtsgewandte Betrachtung. Tauglich ist sie nur insofern, als man überprüfen muss, ob dem Absturz zum Jahresende strukturelle Fehler in der deutschen Exportwirtschaft zugrunde liegen. Diese gälte es auszumerzen, wollte man eine weitere Talfahrt verhindern. Die Antwort lautet: Nein, die deutsche Industrie hat nichts falsch gemacht, was ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihr Güterangebot anbelangt. Was gefehlt hat, ist schlicht die Nachfrage. Die Staatsschuldenkrise in vielen Industrieländer macht der dortigen Konjunktur zu schaffen. Da es sich dabei um wichtige Kunden der deutschen Exporteure handelt, schlägt dies auf die hiesige Wirtschaft durch.

Tauglich ist der Blick zurück auch insofern, als es doch eine Lehre für die Zukunft zu ziehen gilt. Bei allen Verkaufserfolgen im Ausland, die ja ihre segensreiche Wirkung auf die Investitionen und Arbeitsplätze hierzulande haben, ist die deutsche Volkswirtschaft doch zu exportlastig. Sie ist dem "Boom and Bust" der globalen Konjunktur fast schutzlos ausgeliefert - es sei hier nochmals an die scharfe Rezession von 2008/2009 erinnert.

Nach wie vor, vielleicht auch noch dringlicher als bislang schon, gilt es für Deutschland, die Binnennachfrage zu stärken. Das fängt beim Lohnbrutto an, dem aber wegen der weiterhin geforderten Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen Grenzen gesetzt sind. Und das hört beim Lohnnetto auf - doch stößt man auch hier schnell an Limits angesichts der deutschen Staatsfinanzen. Denn mag auch die öffentliche Neuverschuldung gegen null tendieren, es bleibt als Hemmschuh die hohe Schuldenlast von über 80% der Wirtschaftsleistung. Auf Dauer ist dies nicht tragbar und sollte daher eher schneller als langsamer abgebaut werden.

Selbst wenn Deutschland Fortschritte in Richtung einer ausgewogeneren Wirtschaftsstruktur gelingen, brauchen sie Zeit. Harte Rückschläge auf dem Weg dahin stehen zu befürchten.

(Börsen-Zeitung, 9.2.2012)

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