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Börsen-Zeitung: Wahnsinn mit Methode, Kommentar zur wachsenden Regulierungsflut bei Banken, von Bernd Wittkowski.

Frankfurt (ots)

Das Jammern über die Regulierung ist der Gruß des Bankers. Insofern muss man an den zuhörens- bzw. nachlesenswerten Beiträgen der Vormänner von Deutscher Bank, DZ Bank und Helaba, Jürgen Fitschen, Wolfgang Kirsch und Hans-Dieter Brenner, auf der "Euro Finance Week" womöglich die eine oder andere Wertberichtigung vornehmen. Doch das ändert nichts am Gesamtergebnis: Sie haben mit ihren Warnungen vor einem Zurückfallen Europas (Fitschen), einem "regulatorischen Kollaps" (Brenner) oder einem an die Weltwirtschaftskrise von 1929 erinnernden Strukturbruch (Kirsch) recht.

Dass das Finanzsystem mit extrem viel heißer Luft in den Bilanzen bis zum Gehtnichtmehr künstlich aufgepumpt war und somit jede volkswirtschaftliche Bodenhaftung verloren hatte, weiß heute jedes Kind. Allgemeingut ist auch, dass die Welt von allzu vielen Akteuren mit notorischer Kasinomentalität an den Rand des Abgrunds getrieben wurde, übrigens lange vor dem Stichtag des Maya-Kalenders. Dass Politiker, sosehr sie mit ihrer globalen Schuldenorgie mitschuldig sind an dem ganzen Schlamassel, und Regulatoren darauf entschlossen reagieren müssen: geschenkt. Das bestreiten nicht mal die Banken.

Die Regulierungspraxis aber von Basel III und CRD IV über Bankenabgaben und Finanztransaktionssteuer, Mifid II oder Emir, Stresstests und Bankenunion bis hin zu Vorschlägen für ein Trennbankensystem und Bankentestamente - um nur ein paar prominente Beispiele zu nennen -, ist schlicht Wahnsinn, und der hat Methode. Dass die kurz vor der Einführung stehenden neuen Kapitalregeln, auf die sich zumindest Europas Banken ungeachtet etlicher ungeklärter Details längst eingestellt haben, nun von den USA grundsätzlich in Frage gestellt werden, ist leider wohl nur der vorläufige Höhepunkt des politischen Chaos. So etwas nennt man Realsatire.

Die Regulierungswirklichkeit sieht so aus, dass neue Regeln nicht hinreichend nach dem Gefährdungspotenzial unterschiedlicher Geschäftsmodelle differenzieren, dass es entgegen allen Bekundungen keinen internationalen Gleichlauf gibt, dass niemand die kumulierten Auswirkungen aller Einzelmaßnahmen überschaut und damit sowohl die Kosten für die Banken (mit bereits absehbaren Konsequenzen für die Arbeitsplätze) als auch die Folgen für die Realwirtschaft total im Dunkeln bleiben.

So kann man eine Branche auch zu Tode regulieren. Vielleicht ist gerade das die Absicht? Den Rest der gewerblichen Bankgeschäfte könnte ja auch noch die KfW übernehmen und umso mehr zur Finanzierung des Staatshaushalts beitragen.

(Börsen-Zeitung, 20.11.2012)

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