Der Druck von der Straße, Kommentar zu Vonovia von Annette Becker
Frankfurt (ots)
Fünf Jahre nach dem ersten Vorstoß zur Übernahme des Rivalen Deutsche Wohnen ist Vonovia-Chef Rolf Buch am Ziel. Mit Unterstützung von Vorstand und Aufsichtsrat des Übernahmeobjekts wird die größte Fusion auf Europas Wohnimmobilienmarkt angegangen.
Buch kann aber nicht nur auf den Rückhalt des Übernahmeziels bauen, sondern - und das ist viel wichtiger - hat für den Vorstoß auch den Segen des Berliner Senats. Es ist sogar so, dass sich die Politik - willentlich oder nicht - als Fusionshelfer für den unangefochtenen Marktführer mit gut 500.000 Wohnungen betätigte. Mit 145.000 Wohnungen rangiert die Nummer 2, LEG Immobilien, inzwischen weit abgeschlagen.
Zwar ist der Berliner Senat Mitte April mit seinem Mietendeckel vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, die Debatte über Wege zur Mietpreisdeckelung ist damit aber keineswegs verstummt. Im Gegenteil: Die Berliner Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" hält an dem auf den Weg gebrachten Volksbegehren fest. Obendrein hat sich das Thema bezahlbarer Wohnraum auch dank des Mietendeckels zum gewichtigen Thema im Bundestagswahlkampf gemausert. Weitere Eingriffe in die Mietpreisgestaltung - diesmal auf Bundesebene - sind programmiert.
Hinzu kommt das verschärfte Klimaschutzgesetz, das die Latte für den gesamten Gebäudesektor nochmals höher legt und so manches "freiwillige" Klimaziel als unzureichend enthüllt. So hatte sich Vonovia bislang lediglich zum Ziel gesetzt, bis 2050 weitgehend klimaneutral zu wirtschaften. Das novellierte Gesetz sieht jedoch Treibhausgasneutralität bis 2045 vor.
Dass sich mit wachsender Größe milliardenschwere Investitionen in die energetische Sanierung des Wohnungsbestands leichter finanzieren lassen, ist eine Binse. Umgekehrt wächst mit der Größe der Unternehmen aber auch das Potenzial, in der politischen Diskussion Einfluss zu nehmen. Dabei bringt es das fusionierte Unternehmen hierzulande auf einen Marktanteil von weniger als 3 Prozent, in Berlin dürften es weniger als 9 Prozent sein. Ob die wachsende Konzentration im Sinne der politischen Akteure ist, sei dahingestellt.
Neben dem Druck der Straße, dem die Politik folgt, sind inzwischen aber auch die Investoren auf den Zug der Skeptiker aufgesprungen. Zum einen, weil sich die mehrheitlich angelsächsischen Fondsmanager angesichts der politischen Diskussion um ihre milliardenschweren Investments sorgen. Zum anderen, weil die Nachhaltigkeitserwägungen zunehmend an Gewicht gewinnen.
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